• Am Mittwochabend war bei Markus Lanz zu spüren: Es brodelt in der öffentlichen Debatte.
  • Mehrmals knallten im Studio bei Themen wie Mehrwertsteuer, Übergewinnsteuer und Wohlstandsniveau unterschiedliche Weltanschauungen aufeinander.
  • Journalist Ulf Röller wähnte: "Wir werden in unglaubliche Verteilungsdiskussionen kommen".
Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Marie Illner dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas einen Patzer geleistet. Scholz reagierte zunächst nicht, nachdem Abbas Israel einen vielfachen Holocaust an den Palästinensern vorgeworfen hatte. "Israel hat seit 1947 bis zum heutigen Tag 50 Massaker in 50 palästinensischen Orten begangen", sagte er und fügte hinzu: "50 Massaker, 50 Holocausts." Nur eins der Gesprächsthemen bei Markus Lanz.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Lanz bot am Mittwochabend einen Rundumschlag: Von Scholz' Regierungsbesuch in Norwegen und der Frage "Was hat sein Besuch gebracht?" ging es zum Zusammenhalt der Ampel-Koalition, zu dem Patzer des Kanzlers bei der Pressekonferenz mit Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas, zur Klimakrise und zur Corona-Politik Chinas.

Das sind die Gäste

  • Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP): Die Verteidigungspolitikerin sprach sich klar gegen eine Übergewinnsteuer aus. "Wir werden in Krisen, selbst bei Corona, selbst beim Ukraine-Krieg, immer auch Unternehmen haben, die relativ viel plötzlich an dieser Krise verdienen", sagte sie. Dann werde man jedes Mal diskutieren: "Wann wird welches Unternehmen, wird welche Branche, jetzt besonders zur Kasse gebeten, weil Sie als Markus Lanz sagen: 'Die sind ja gar kein unternehmerisches Risiko eingegangen!'", so die FDP-Politikern.
  • Ulf Röller: Der Auslandskorrespondent wähnte: "Wir werden in unglaubliche Verteilungsdiskussionen kommen". Darauf sei unsere Gesellschaft nur bedingt vorbereitet, wir kämen von einem relativ hohen Wohlstandsniveau. "Unsere Leidensfähigkeit ist deutlich geringer ausgeprägt als zum Beispiel in China", so Röller. Dort habe die Hälfte des Landes überhaupt keine Heizung.
  • Harald Lesch: "Die größte Energiequelle im Land aktivieren wir noch nicht richtig – nämlich Energie zu sparen", sagte der Astro-Physiker. Bis 2019 sei die Atmosphäre im Land nicht nach Sparen gewesen. Der Politik gelinge es nicht klarzumachen: "Da kommt was auf uns zu, was uns richtig zu schaffen macht". Deutschland werde sich in den nächsten Jahren an diesen Sommer als "angenehmen" Sommer erinnern. Er schlug vor, alle Dächer in Deutschland mit Photo-Voltaik einzudecken.
  • Robin Alexander: "Man fragt sich: Wieso haben jetzt die mit der Gas-Heizung mehr den russischen Krieg verursacht als die anderen?", kommentierte der Journalist die Gasumlage, die nur Gaskunden schultern müssen. Die FDP, die keine Steuererhöhungen wollte, habe Habeck in eine gewisse Härte getrieben.

Das ist der Moment des Abends bei "Lanz"

Markus Lanz fragte Lesch nach dessen Meinung zu einer Übergewinnsteuer und der entgegnete: "Ich bin ehrlich gesagt ziemlich sprachlos!". Biontech habe das ausdrückliche Ziel verfolgt, einen Impfstoff zu erzeugen, der ziemlich positive Auswirkungen brachte. "Die Mineralölkonzerne haben ihre Gewinne ver-x-facht. Sie sind selbst für einen ausgemachten Kapitalisten eigentlich unanständig, sie sind schlechte Gewinner aus fossilen Ressourcen", ärgerte sich Lesch.

Man müsse sagen: "Begrenzt für eine gewisse Zeit müssen wir an da Geld dran, weil wir brauchen es woanders". Es liefen Milliardenbeträge in Unternehmen hinein, die genau das Gegenteil von dem tun würden, was Deutschland eigentlich brauche – den Ausbau von Erneuerbaren Energien und der nötigen Infrastruktur.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Das Thema Gasumlage war noch nicht ausdiskutiert: "Man muss vermuten, dass dahinter politisches Kalkül steckt", sagte Lesch zu der Tatsache, dass die Frage zur Mehrwertsteuer erst jetzt geklärt wurde."Wenn nationale Regierungen etwas verkünden müssen, was nicht so gut kommt, sagt man: Die in Brüssel sind es gewesen", schob Journalist Alexander von der Seite ein.

"Die Diskussion um die Gasumlage läuft ja schon eine ganze Zeit", erinnerte Lesch. "Aber jetzt wird es konkret", erwiderte Strack-Zimmermann verteidigend. Alexander demaskierte: "Man wollte Montag erstmal den Netto-Betrag sagen und nicht den Brutto-Betrag, weil der Netto-Betrag war schon hoch genug". Dann habe man noch sagen wollen: "Die Bösen aus Brüssel lassen uns euch nicht die Steuern erlassen".

Alexander dazu: "Das ist politische PR!" Lanz meldete sich zu Wort: "Es sieht aus wie ein Taschenspielertrick". Strack-Zimmermann schüttelte den Kopf. Auch, als Alexander sagte: "Schauen Sie, er hat den Trick gemacht, wir haben ihn dabei erwischt." Die FDP-Politikerin wurde lauter: "Das ist jetzt wirklich Selbstbefriedigung, dass Sie meinen, Sie hätten ihn bei irgendwas erwischt!"

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Nach seiner Sommerpause kommt Lanz immer mehr in seiner Rolle wieder an: Mitdiskutieren, provozieren, dabei hartnäckig, aber humorvoll bleiben. Zu FDP-Frau Strack-Zimmermann sagte er zum Beispiel: "Kommen Sie aus dem Grinsen noch heraus, wenn man sieht wie Sie diese Ampel vor sich hertreiben?"

Lanz stellte inhaltlich oft unbedeutende Fragen, etwa, wer sich bei der Gasumlage durchgesetzt habe. Wichtiger wäre mitunter eine Frage nach der Solidarität in der Bevölkerung gewesen. Was ihm auch nicht gelang: Einen roten Faden durch die Sendung zu führen. Wildes Durcheinandergerede, eine angesäuerte Strack-Zimmermann und einem über den Mund gefahrenen Röller gehörten zum Abend.

Das ist das Ergebnis bei "Lanz"

Es schien, als hätte sich bei Markus Lanz in der Sommerpause jede Menge Redebedarf angestaut. Die Vielzahl an Themen, die er in der Sendung versuchte unterzubringen, war einfach zu groß: Palästina und Israel kamen ebenso zur Sprache wie Corona, Übergewinnsteuer, Klimakrise, digitale Diktatur in China und Scholz Regierungsbesuch in Norwegen. Lanz müsste sich ein Motto etwas größer hinter die Ohren schreiben: Die Relevanz für das Leben des Zuschauers nicht zu sehr aus dem Blick zu verlieren.

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