Welche Aussage über Angela Merkel bereut Jürgen Trittin (Grüne) und welche Zahl hat Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) "zutiefst beeindruckt"? Bei "Maischberger" gab es am Mittwochabend eine buntgemischte Tüte aus Sparpolitik, Ampelstreit und Wahlkampfallüren.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Marie Illner dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Nach dem Streit ist vor dem Streit: Aktuell mischt die FDP die Koalition mit ihrem Rentenpapier auf. In einem 5-Punkte-Plan fordert sie unter anderem das Ende der sogenannten Rente mit 63. Gleichzeitig macht der Bundeskanzler mit einem Vorstoß nach einem gesetzlichen Mindestlohn von 15 Euro von sich reden. In einem Interview mit der Funke-Mediengruppe sprach er sich für eine schrittweise Erhöhung aus. Die Kritik aus Koalition und Wirtschaft kam prompt.

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Das war das Thema bei "Maischberger"

Um das Dauerthema "Streit in der Ampel" ging es am Mittwochabend auch bei Maischberger. Diskussionspunkte waren unter anderem die großen Löcher im Haushalt, Einsparungen im Sozialbereich sowie die Rentenpläne der FDP und die Mindestlohn-Forderung von Olaf Scholz. In der Sendung stand aber auch die politische Bilanz und die Zukunft der Grünen im Fokus. Zu Gast war Jürgen Trittin, von dem Maischberger wissen wollte: Wie blickt das Grünen-Urgestein auf den Wandel der Öko-Partei?

Das sind die Gäste

  • Lars Klingbeil (SPD): "Es muss ein Grundsatz in diesem Land gelten: Wer morgens aufsteht und arbeiten geht und seinen Job macht, der muss von diesem Geld vernünftig leben können und das ist mit 12,41 Euro nicht der Fall", kommentierte der Parteivorsitzende den Mindestlohn-Vorstoß von Kanzler Scholz. Er stelle die Mindestlohnkommission nicht grundsätzlich infrage, aber die politische Botschaft sei klar: "Wenn die Arbeitgeber dort wieder politische Spiele spielen, dann muss man das auch politisch diskutieren", so Klingbeil.
  • Ilse Aigner (CSU): Die bayerische Landtagspräsidentin sagte: "Ich bin nicht der Meinung, dass wir alles mit neuen Schulden lösen können." Die Hypothek für junge Menschen sei zu hoch, die Einnahmen des Staates hätten sich bereits massiv erhöht. Sie sah Einsparpotenzial beim Bürgergeld. Zum Lohnabstand sagte sie: "In Kombination mit Schwarzarbeit gibt es welche, die besser enden, als solche, die arbeiten." Es müsse sich lohnen, sich anzustrengen.
  • Jürgen Trittin (Grüne): "Ich glaube, die Grünen meiner Generation haben diese Republik stark verändert und dabei haben auch wir uns verändert", so der ehemalige Bundesumweltminister. Mit Blick auf seine politische Karriere gab er zu, welche Aussage über Merkel er heute bereut: 2013 hatte er auf die Frage, ob er etwas Nettes über Merkel sagen könne, die Kanzlerin ironisch dafür gelobt, "so verlogen" zu sein. "Das waren keine schönen Worte und die würde ich heute sogar bedauern", räumte Trittin nun ein.
  • Petra Gerster: Die Moderatorin und Autorin sagte: "Ich als Wählerin erwarte, dass die Ampel-Parteien nicht nur mit Maximalforderungen aneinander herantreten, sondern, dass jede Partei auch mal sagt, was sie dazu beitragen kann, um den Streit zu schlichten." Als die Runde Verteidigungsminister Boris Pistorius, dessen Beliebtheitswerte außerordentlich gut sind, als SPD-Kanzlerkandidaten ins Spiel brachte, kommentierte Gerster: "Es täte der SPD gut." Pistorius sei nahbarer, kommunikativer und authentischer als Scholz.
  • Gabor Steingart: "Wir können an unser Sozialprodukt, das stagniert, nicht immer höhere Ansprüche stellen. Das ist eine Binsenweisheit, die derzeit vernachlässigt wird", befand der Journalist und Herausgeber von "The Pioneer". Wenn man vorsätzlich ökonomisch fahrlässig handele, werde das am Ende nicht gut ausgehen.
  • Anja Maier: "Zum ersten Juli werden die Diäten um über 600 Euro erhöht", erinnerte die Chefreporterin des "Focus". Mit Blick auf den Mindestlohn, der zuletzt von 12 auf 12,41 Euro erhöht worden war, sagte sie: "Das ist irgendwie so eine Sache, da fragt man: Okay, das geht? Aber beim Mindestlohn wird im Centbereich gerechnet." Allerdings habe der Kanzler bei seiner Forderung nach einem 15-Euro-Mindestlohn "keinen Stich", es sei eine reine Forderung für die Partei.
Lars Klingbeil.

SPD-Chef Klingbeil nimmt Deutschlands Schuldenbremse in die Mangel

Deutschland befinde sich bei der Schuldenbremse "auf dem völlig falschen Weg", sagt Lars Klingbeil. Der SPD-Chef fordert eine grundlegende Reform der bestehenden Schuldenregeln. (Bildcredit: dpa)

Das war der Moment des Abends bei "Maischberger"

Gabor Steingart kam auf den Cum-Ex-Skandal und den Rücktritt von Anne Brorhilker zu sprechen. "Also die Oberstaatsanwältin, die zurücktritt, weil sie sagt: 'Die Kleinen hängt man und die Großen lässt man laufen', hätte man ins Kabinett einladen müssen." Den Bundeskanzler und alle anderen hätte es interessieren müssen, was das für eine Aussage über den deutschen Rechtsstaat ist. "Eine Frau tritt zurück, weil sie nicht ermitteln kann, weil sie sagt: Die kennen sich alle – Da wird man zum Linken." Der Applaus war deutlich und lange.

Das war das Rede-Duell des Abends

Klingbeil und Aigner stritten über den Kurs in der Finanzpolitik. Aigner sagte: "Wir sollten an der Schuldenbremse festhalten. Als ich im Haushaltsausschuss war, hat mich eine Zahl zutiefst beeindruckt. Wir haben für Schulden damals 40 Milliarden gezahlt und für Forschung acht Milliarden – also das Fünffache in die Vergangenheit investiert als in die Zukunft." Das könne man der kommenden Generation nicht zumuten und habe nichts mit Nachhaltigkeit zu tun.

Klingbeil reagierte darauf: "Eine junge Generation hat auch nichts davon, wenn wir die Schulen kaputt sparen und wenn die Züge nicht mehr fahren, wenn die Brücken nicht mehr tragen und wenn die Infrastruktur in diesem Land kaputt ist. Dann kannst du in zehn Jahren feststellen, du hast die Schuldenbremse eingehalten, aber wir hatten keine Investitionen in die Zukunft." Er wisse, dass die Ampel zu viel streite. "Ehrlicherweise habe ich aufgegeben, in jedem Interview zu sagen, dass das weniger werden muss. "

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Maischberger gelang eine solide Moderation. Eine gewitzte Frage an Lars Klingbeil, der bekennender FC-Bayern-Fan ist, lautete: "Tut es mehr weh, die SPD oder den FC Bayern auf Platz drei zu sehen?" Und auch die Frage: "Ist der Kanzler so schwach, dass ihm die eigenen Minister auf der Nase tanzen?" hatte ihre Berechtigung. Stellenweise fühlte es sich jedoch so an, als sei etwas die Luft raus. Klingbeils Forderung, nicht am Sozialen die Axt anzulegen, Aigners Auslassungen zum Bürgergeld – all das hatte man schon einmal gehört. Hier wäre es an Maischberger gewesen, etwas mehr Pfeffer hereinzubringen.

Das war das Ergebnis bei "Maischberger"

Die Diskussion um den Mindestlohn zeigte deutlich: Der Wahlkampf für die Bundestagswahl im Jahr 2025 lässt bereits grüßen. Dennoch war es auch immer wieder wert, sich bei allem Streit daran zu erinnern: Eine Drei-Parteienkonstellation auf Bundesebene bleibt ein Novum.

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