CSU-Chef Markus Söder ist dafür bekannt, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Beim Politischen Aschermittwoch in Passau schoss er jedoch übers Ziel hinaus: Er bezeichnete Bundesumweltministerin Steffi Lemke als "grüne Margot Honecker". Bei "Markus Lanz" wehrte sich die Grünen-Politikerin gegen die Attacke des bayerischen Ministerpräsidenten. Zugleich äußerte sie sich über eine mögliche Zusammenarbeit zwischen ihrer Partei und der CDU.
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
"Wir als CSU wollen keine Grünen in der nächsten Bundesregierung, kein Schwarz-Grün", sagte CSU-Chef Markus Söder in seiner Rede am Aschermittwoch und holte zum verbalen Rundumschlag gegen die Grünen aus. Dabei sorgte vor allem sein Vergleich von Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Margot Honecker für jede Menge Empörung.
Aus diesem Anlass sprach
Das sind die Gäste
Steffi Lemke , Bundesumweltministerin: "Klar ist, dass demokratische Parteien untereinander koalitionsfähig sein müssen."- Michael Bröcker, Journalist: "Es gibt einen strategischen Machtkampf zwischen
Markus Söder und Friedrich Merz." - Said Etris Hashemi, Attentatsopfer: "Wir Angehörigen haben relativ früh gemerkt, dass es viele Versäumnisse gab."
- Matthias Quent, Soziologe: "Deutschland ist in Europa trauriger Spitzenreiter im Hinblick auf rechtsextreme Gewalt."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
"Mögen Sie Markus Söder?", wollte Markus Lanz von der Bundesumweltministerin wissen. Steffi Lemke antwortete in Bezug auf die Aschermittwochsrede des CSU-Chefs deutlich: "Ich glaube, dass Markus Söder gestern etwas sehr Dummes gemacht hat. (...) Mir vorzuwerfen, dass ich irgendwelche Parallelen zu dieser Person, zu Margot Honecker habe, das ist dumm. Das ist infam." Lemke stichelte weiter: "Ich glaube, Markus Söder lebt auch irgendwie in seiner eigenen Welt. Und das scheint einfach ein großes Bierzelt zu sein."
Anders sei es laut der Grünen-Politikerin "nicht zu erklären, dass ein Ministerpräsident ein Regierungsmitglied der Bundesebene auf eine solche Art und Weise difffamiert und ahistorische Vergleiche heranzieht." Steffi Lemke warf Markus Söder in dem Zusammenhang "völlige Geschichtsunkenntnis" vor, "über das, was Margot Honecker im ostdeutschen Bildungssystem angerichtet hat. Was sie mit jungen Menschen in diesem System vollzogen hat." Dennoch wolle Lemke den "inakzeptablen" Äußerungen Söders keine weitere Aufmerksamkeit schenken, Söder rede "einfach auch viel, wenn der Tag lang ist".
Als Markus Lanz die Videosequenz von Söders Rede vorspielte, warnte die Grünen-Politikerin mit ernster Miene, dass es "für unser Land problematisch" sei, wenn ein Ministerpräsident solche Äußerungen von sich gebe und damit den demokratischen Diskurs vergifte. "Das hat er sich nicht beim Bier benebelt ausgedacht, sondern es war ein gezieltes Diffamieren meiner Person, aber auch meiner Biografie", so Lemke wütend.
Journalist Michael Bröcker sah dies ähnlich. Er vermutete hinter Söders verbaler Attacke einen politischen Grund, denn: "Es gibt einen strategischen Machtkampf zwischen Markus Söder und Friedrich Merz." Weil sich Merz offen über eine mögliche Zusammenarbeit mit den Grünen geäußert hatte, wolle Söder nun laut Bröcker Sympathiepunkte sammeln, indem er gegen die Partei vom Leder zieht. Dies habe jüngst in Merz' Umfeld für Unmut gesorgt, wie Bröcker weiter erklärte: "Es macht ihm natürlich die Strategie kaputt, gerade Drähte wiederzufinden, um die SPD auch unter Druck zu setzen."
Lanz wollte in dem Zusammenhang von Steffi Lemke wissen, wie die Grünen zu so einem Feindbild im Land werden konnten. Lemke erklärte zunächst, dass die Grünen-Politik "wegen des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine massiv verändert" werden musste. Daraufhin ergänzte sie jedoch energisch, dass die Grünen vielmehr "zum Feindbild gemacht" worden seien. "Das ist gezielt aufgebaut worden aus rechtsextremistischen Kreisen heraus", so Lemke. Diese Rhetorik sei dann von falschen Seiten - auch von der CDU - übernommen worden. Alleine CDU-Chef Friedrich Merz hatte die Grünen in den vergangenen Monaten immer wieder als "politischen Hauptgegner" bezeichnet.
Das ist das Rede-Duell des Abends
Im Laufe der Sendung wollte Markus Lanz von Steffi Lemke wissen: "Wie fühlt sich das an für Sie als Grüne, wenn man plötzlich von Friedrich Merz angeflirtet wird?" Die Politikerin antwortete kühl: "Wir registrieren, dass die CDU Koalitionsdiskussionen führt. Ich halte das für zu früh. Wir sind zwei Jahre ungefähr vor der Bundestagswahl." Lanz reagierte lachend: "Das kann nur Frau Lemke so trocken sagen!" Er ließ dennoch nicht locker und fragte die Grünen-Politikerin erneut: "Plötzlich dieser Flirtversuch. Kriegt man da Angst oder ist das die Faszination des Grauens?"
Die Grünen-Politikerin blieb weiter unbeeindruckt: "Bei mir löst das keine Gefühle aus, Herr Lanz. Entschuldigung, da gucke ich tatsächlich nüchtern drauf. (...) Wir reden nicht über Partnerschaften, sondern über politische Zweckbündnisse, um Regierungen zu stellen, um Inhalte durchzusetzen." Eine Antwort, die dem ZDF-Moderator offenbar nicht genügte. Er hakte weiter nach, ob sich Lemke eine Koalition mit Merz vorstellen könne.
Eine konkrete Antwort wollte sie ihm jedoch nicht geben. Stattdessen sagte sie: "Klar ist, dass demokratische Parteien untereinander koalitionsfähig sein müssen. (...) Und welche Konstellation dann Mehrheiten erringt, das entscheiden in einer Demokratie glücklicherweise die Wählerinnen und Wähler." Ob sie sich eine konkrete Zusammenarbeit mit Merz vorstellen könne, wollte Lemke derweil nicht bejahen. "Mögen Sie sich?", wollte Lanz wissen. Die Grünen-Politikerin reagierte genervt: "Es hat nichts mit Mögen zu tun. Das ist für mich in der Politik wirklich keine Kategorie. Wir arbeiten zusammen mit Personen. Ob ich die mag oder nicht, ist nicht das Ausschlaggebende."
Soziologe Matthias Quent nahm daraufhin eine überraschende Position ein und blickte kritisch auf die Rolle der CDU in der deutschen Demokratie. Laut Quent sei Friedrich Merz zwar "nicht
Lanz war einigermaßen fassungslos: "Mir macht das wirklich Sorge, wenn jemand wie Sie, den ich sehr ernst nehme, (...) den Namen Friedrich Merz ganz entspannt in einem Atemzug mit Donald Trump ausspricht." Der ZDF-Moderator wetterte weiter: "Trump ist ein notorischer Lügner, ist jemand, der prinzipiell Mist erzählt. (...) Friedrich Merz in einem Atemzug mit Donald Trump, das geht für mich nicht!" Quent blieb dennoch standhaft und sagte: "Ich gebe wieder, was ich wahrnehme, was diskutiert wird, was Sorgen sind, die vorhanden sind." Ein Argument, auf das Bröcker abschließend antwortete: "Wir müssen einfach aufhören mit diesen schiefen Vergleichen, die keinem helfen!"
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz schaffte es, Bundesumweltministerin Steffi Lemke innerhalb der Sendung mehrfach auf den Zahn zu fühlen. Er konnte ihr zum Thema Friedrich Merz zwar keine wirklich konkreten Antworten entlocken, dennoch gelang es ihm, in Bezug auf Markus Söder eine lebhafte Debatte zu führen.
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Im Laufe der Sendung warnte Journalist Michael Bröcker mit Blick auf den Ampel-Zoff sowie die verbalen Attacken von Politikern wie Markus Söder und Friedrich Merz vor der Gefahr, dass die politischen Ränder gestärkt werden, "weil die politischen Parteien der Mitte nicht in der Lage sind, seriös und professionell miteinander umzugehen."
Dem stimmte Soziologe Matthias Quent energisch zu und ergänzte: "Wir erleben (...) eine Radikalisierung in Teilen des politischen Diskurses." Besonders die Verrohung der Sprache in der politischen Mitte spiele Parteien wie der AfD in die Karten. Dazu nickte Steffi Lemke zustimmend, sagte jedoch gleichzeitig, dass "das Erstarken von Rechtsextremisten" eine "globale Entwicklung" sei. © 1&1 Mail & Media/teleschau
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