Wohin kann's gehen im Sommer 2020? Ein Virologe weckt bei Frank Plasberg Hoffnungen – aber die Branche ist verzweifelt, der Regierungsbeauftragte sieht alt aus. Schauspieler Uwe Ochsenknecht stellt die Sinnfrage.
Reist ein deutscher Epidemiologe im Sommerurlaub 2020 zum Windsurfen nach Ägypten.
Nein, kein Witz, sondern der Plan von
Aber Windsurfen vor Nordafrika? Das klingt für Ohren, die ständig etwas von der Gefahr einer zweiten Infektionswelle hören, nach einer dieser Visionen, mit der man dringend zum Arzt gehen sollte.
Bei "Hart aber Fair" am Montagabend erklärt Kekulé, wie seine Hoffnung und die von Millionen Deutschen Realität werden kann. Von Normalität, das zeigt die eher ernüchternde Sendung deutlich, kann aber noch keine Rede sein.
Das ist das Thema bei "Hart aber fair"
Kein Buffet, keine Disko, kein Mini-Club für die Kinder: Egal, wohin es geht, der Urlaub in diesem Jahr wird anders aussehen als gewohnt. Wie, das diskutiert
Das sind die Gäste
"Wenn wir weiter so gute Zahlen haben, können wir Urlaub in Deutschland machen, hoffentlich sogar in Europa und darüber hinaus." Allzu weit wagt sich der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU), an diesem Abend nicht vor. Sein Hauptaugenmerk: "Wir brauchen Sicherheit, dass die Pandemie nicht wieder anspringt."
Die Hoffnungen von Pandemie-Experte Alexander Kekulé auf einen halbwegs normalen Urlaubsbetrieb fußen auf einfachen Regeln: Draußen zwei Meter Abstand wahren, Menschenansammlungen in geschlossenen und schlecht gelüfteten Räumen meiden, Hände waschen. "Dann kann man sich schützen, ohne dass man alles verbieten muss."
Schauspieler
Das muss Reisekauffrau Meike Mouchtouris gerade ihren Kunden schmackhaft machen, aber: "Die Menschen sind verunsichert. Es wird so viel erzählt – das Eine geht, das Andere nicht." Wenn sie denn überhaupt ins Reisebüro kommen – derzeit, erzählt Mouchtouris, bestehe ihr Arbeitsalltag aus "99 Prozent Stornierungen".
Hotelier Rolf Seelige-Steinhoff hat seine Häuser auf Usedom gerade wieder geöffnet – mit einer Rezeption hinter Plexiglas, Fernbedienungen in Plastikfolie und Maskenpflicht für die Kunden. "Wir wollen gerade am Anfang vorsichtig sein". Für die Maßnahmen ortet er eine "hohe Akzeptanz" bei seinen Gästen.
Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Bremen beantwortet Zuschauerfragen zu Stornierungen – meist mit einem "kommt darauf an", es ist eben eine komplizierte Sache mit dem Recht. Die Gutschein-Lösung kritisiert sie hart und empfiehlt den Reisebüros mehr Entgegenkommen: "Man will dem anderen ja wieder mit einem Lächeln gegenüberstehen."
Der Moment des Abends
Juhu, endlich wieder Luxusprobleme! Führt die Wein-Tour 2020 an die Rhone, in die Toskana oder doch "nur" an die Mosel? Windsurfen eher in Portugal, in St. Peter Ording – oder sogar vor Ägyptens Küste?
Buffet oder à la carte? Oder doch stornieren, weil viele Sehenswürdigkeiten vielleicht gar nicht offen haben, von Theatern ganz zu schweigen? Und, weil mit den ganzen Vorsichtsmaßnahmen ohnehin kein Urlaubsfeeling aufkommt?
Ochsenknecht jedenfalls versucht, ein wenig Perspektive in die tatsächlich streckenweise etwas merkwürdige Diskussion zu bringen, in der "die Meckerei überhand" nehme. "Wir müssen in erster Linie Leben retten, der Spaß steht an zweiter Stelle."
Der Schauspieler stellt eine simple Frage, die verdammt schwierig zu beantworten ist: "Können wir nicht alle Verzicht üben?"
Sicher, und es wäre auch ohne Corona dringend notwendig, siehe dieses eine Thema, das mal so groß in den Medien war … ach ja, Klima! Nur: Hören wir auf, besinnungslos um die Welt zu jetten, verlieren Meike Mouchtouris und tausende Kollegen ihren Job. Weitere Fluggesellschaften geraten ins Trudeln, und mit ihnen Industriegiganten wie Airbus.
Für labile Volkswirtschaften wie Italien und Griechenland wäre ein Totalausfall der Sommersaison wohl der Sargnagel. Ein Dilemma, das in dieser Sendung keinen Platz hatte, aber endlich mal ausführlich diskutiert gehört.
Das ist das Rede-Duell des Abends
"Sie haben keinen Traumjob derzeit", sagt Frank Plasberg zur Reisekauffrau Meike Mouchtouris und schaut dabei drein, als wollte er sie am liebsten umarmen, wenn die blöden Abstandsregeln nicht wären. Thomas Bareiß blickt derweil so scheu in die Kamera, als könne er auch eine Umarmung gebrauchen, so ein Tourismusbeauftragter hat ja derzeit auch keinen Traumjob, vor allem nicht in einem TV-Studio mit Menschen aus der Branche.
"Der Zug ist abgefahren", giftet Mouchtouris über mögliche Soforthilfen vom Bund. Die ersten Reisebüros machen dicht, Galeria Reisen schließt fast alle Filialen.
"Wir wollen helfen", sagt Bareiß, "ein Instrument wäre ein Gutschein vom Staat". Mouchtouris versucht ihn zu unterbrechen, "nein, nein", sagt sie immer wieder, Bareiß hangelt sich weiter zu Zwischenfinanzierungen und weiteren Hilfen mit der "Chance, dass laufende Kosten ersetzt werden". In anderen Worten: Auf ein Rettungspaket muss die Branche noch warten.
So hat sich Frank Plasberg geschlagen
Der Gastgeber lässt sich selbst von der schwächelnden Leitung nach Mallorca zu Ochsenknecht nicht bremsen. "Mallorca ist weiter weg als sonst", frotzelt er über den Bild- und Tonausfall hinweg, und auch sonst scheint Plasberg bestens aufgelegt.
Kekulé entlockt er die Geschichte, wie eine resolute Krankenschwester dem Mediziner beigebracht hat, sich nicht ständig im Gesicht herumzufummeln. "Wenn sie sich als Arzt im OP-Saal im Gesicht kratzen, kriegen sie einen derartigen Anpfiff, dass sie sich das abtrainieren."
Das ist das Ergebnis
Bei all den Detaildiskussionen um Klimaanlagen in Flugzeugen (sollten stets laufen, um die Ansteckungsgefahr zu verringern) und Eierspeisen zum Frühstück (müssen ohne Buffet halt auf Zuruf zubereitet werden) – über allem schwebt eine große Frage: Ist das wirklich so eine gute Idee mit dem Reisen?
Oder, in Plasbergs Worten: "Wir schnell wird aus Sylt oder Rügen ein neues Ischgl?" Einfache Antwort von Kekulé: "Sehr schnell."
Allerdings, schränkt der Mediziner ein: Die Touristiker haben von Ischgl gelernt, das Virus hat es draußen in der sommerlichen Hitze vor Ochsenknechts Bar schwerer als im "Kitzloch" - und für das Restrisiko müssten Schnelltests her, die mittlerweile verfügbar, simpel wie Schwangerschaftstests und nicht teuer seien.
"Wenn man schon mal die Bazooka ausgepackt hat", sagt Kekulé, müsse man ohnehin viel mehr testen, in Kitas, Pflegeheimen, Betrieben. "Es ist schade, dass dafür keine Vorbereitungen getroffen werden." Denn die Pandemie werde andauern: "In einem Jahr ist es nicht vorbei."
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