Viele Verbraucher, die eine Reise gebucht hatten und diese aufgrund der Corona-Pandemie nicht antreten konnten, warten bisher vergebens auf eine Erstattung der Kosten. Die Bundesregierung plädiert weiterhin für eine Gutschein-Lösung, die EU stimmt einer solchen Regelung aber nicht zu.

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Die EU-Kommission hat Forderungen der Bundesregierung eine Absage erteilt, Verbraucherrechte bei Reiseabsagen wegen der Corona-Pandemie einzuschränken.

Der zuständige Kommissar für Justiz und Verbraucherschutz, Didier Reynders, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag), er sei sich der beispiellosen Krise für den Tourismussektor in Europa bewusst.

Doch müssten Entscheidungen der Mitgliedstaaten mit EU-Recht übereinstimmen und in der EU koordiniert werden. Nach EU-Recht hätten Verbraucher die Wahl, ob sie einen Gutschein akzeptieren oder eine Erstattung bevorzugen.

Eigentlich ist bei abgesagten Pauschalreisen eine Erstattung spätestens nach 14 Tagen Pflicht, viele Veranstalter warteten zuletzt aber erst einmal ab.

Bundesregierung kämpft für verpflichtende Gutscheinlösung

Die Bundesregierung will eine verpflichtende Gutscheinlösung und sich weiter dafür starkmachen. "Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat die erste Einschätzung der Kommission zu der vorgeschlagenen Gutscheinlösung zur Kenntnis genommen", sagte ein Ministeriumssprecher dem "Handelsblatt" (Samstagsausgabe).

Die Bundesregierung werde sich auf europäischer Ebene weiter für eine europarechtskonforme Gutscheinlösung einsetzen, die in der jetzigen Situation auch die Interessen der Verbraucher angemessen berücksichtige.

"Wenn das europäische Recht keine Spielräume für eine verpflichtende Gutscheinlösung lässt, brauchen wir andere Regelungen", sagte der rechtspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak (CDU), dem Handelsblatt am Freitag. "Ich kann mir insofern einen staatlich abgesicherten Reisesicherungsfonds vorstellen, aus dem die Rückzahlungen zunächst finanziert werden."

Deutscher Reiseverband fordert nationale Regelung

Der Deutsche Reiseverband (DRV) hatte die fehlende Zustimmung aus Brüssel als "schweren Schlag" für die Branche beklagt. In den Wochen des Wartens sei wertvolle Zeit verstrichen, hieß es von Verbandsseite.

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Der DRV forderte die Bundesregierung auf, umgehend eine nationale Regelung zu beschließen. Nach Auffassung des DRV ist dies rechtssicher möglich, ohne gegen EU-Recht zu verstoßen. Zudem erneuerten die Branchenvertreter ihre Forderung von Mitte März, dass die Bundesregierung Reisebüros die ausgefallenen Provisionen und Reiseveranstaltern die Stornierungskosten erstatten solle.

Inzwischen haben große Reiseveranstalter wie beispielsweise Alltours und Schauinsland-Reisen mit der Rückzahlung begonnen. Man habe sich entschieden, "dass wir die Geduld und das Verständnis unserer Kunden nicht länger auf die Probe stellen können", begründete etwa Schauinsland-Reisen die Entscheidung.

Andere Veranstalter wie Tui und DER Touristik lassen den Kunden die Wahl zwischen Gutschein plus Bonus oder Rückzahlung. Dabei sind sie derzeit aber auf die Kulanz der Kunden angewiesen. (awa/dpa/afp)


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