Die Folgen des Kriegs in der Ukraine werden auch in Deutschland immer spürbarer: Im Supermarkt, an der Tankstelle und bei den Heizkosten müssen die Deutschen deutlich tiefer in die Tasche langen. "Was tun?", diskutiert die Runde bei Frank Plasberg. Während CDU-Politiker Jens Spahn Steuersenkungen vorschlägt, hält SPD-Mann Thomas Kutschaty hält das für eine unangemessene Unterstützung: Es profitierten auch SUV-Fahrer, die mit 200 km/h über die Autobahn brettern wollen. Im Studio sorgt nicht nur das für Zoff.

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Der Krieg in der Ukraine dauert an, mittlerweile sind laut "UN" 6,5 Millionen Menschen auf der Flucht. Bilder von zerstörten Städten, Bombenangriffen und schwerem Militärgerät gehen weiterhin um die Welt. Auch in Deutschland sind die Folgen des Kriegs in der Ukraine bereits spürbar: Weizenprodukte werden knapper und teurer, Benzinpreise sind auf einem Rekordniveau.

Das ist das Thema bei "Hart aber fair"

"Es geht an den Wohlstand", stellt Moderator Frank Plasberg zu Beginn seiner Sendung fest und will von seinen Gästen wissen: "Wird Energie unbezahlbar?" Steigende Lebensmittelpreise, explodierende Tank- und Heizkosten bereiten in Deutschland vor allem Menschen mit geringem Einkommen Sorge. "Was bringt Entlastung, was kann die Politik tun?", fragt Plasberg die Runde daher.

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Das sind die Gäste

Susanne Holtkotte: Die Pendlerin und Reinigungsfachkraft sagte: "Tanken und Heizen kann ich mir kaum noch leisten." Sie forderte von der Bundesregierung schnelle Entlastung. Für eine "Mal-eben-Lösung" sei jetzt kein Platz. "Trotz Lohnerhöhung bleibt weniger übrig als vorher", klagte Holtkotte. Ihre Sichtweise: "Die Solidarität ist sehr groß, aber man darf uns selbst nicht vergessen."

Thomas Kutschaty (SPD): Der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende hält Steuersenkungen für Benzin und Diesel für falsch, davon profitierten auch solche, "die mit 200 km/h auf der Autobahn fahren wollen", meinte Kutschaty. Trotzdem forderte er: "Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen brauchen dringend Soforthilfen." Für die SPD funktioniert das allerdings eher über ein Mobilitätsgeld. "Wir müssen als Staat handlungsfähig bleiben", erinnerte Kutschaty. Bei Maßnahmen mit der Gießkanne sei das nicht der Fall.

Jens Spahn (CDU): "Die Regierung muss die Bürger bei Energiepreisen endlich unbürokratisch entlasten. Dem Ziel "Putin-frei" bei Energie zu werden, darf keine Ideologie im Weg stehen", forderte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union. Auch über Atomkraft müsse neu debattiert werden. "Die Politik kann in der Frage 'Wen trifft es wie hart?' beeinflussen", betonte Spahn.

Claudia Kemfert: Einen Lieferstopp von russischem Öl und Gas hält die Energie-Expertin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung zwar für "richtig teuer", glaubt aber auch: Es wäre ein "wichtiger Hebel, der Putin wirklich trifft". Kemfert kritisierte: "Wir warnen seit über 15 Jahren davor, dass wir uns zu abhängig machen von den russischen Gaslieferungen." Nun zahle man den Preis der verschleppten Energiewende. "Wir hätten es anders haben können", meinte sie. Nun müsse man alles dafür tun, um von den fossilen Energien wegzukommen.

Ulrich Reitz: Der Chefkorrespondent bei "Focus Online" war sich sicher: "Es ist schwer auszuhalten, dass wir Putin jeden Tag Geld überweisen. Aber ein komplettes Energie-Embargo würde uns selbst schwer treffen." Aktuell befinde sich Deutschland in Zeiten der Knappheit, nur zielgenaue Maßnahmen zur Entlastung seien politisch vertretbar. "Wir werden Verteilungsdebatten haben", wähnte der Journalist mit Blick auf den Winter, wenn die Nebenkostenabrechnungen in Millionen Haushalten eintrudeln werden.

Christian Lindner (FDP): "Wir tun alles um die Folgen der Preissprünge abzufedern aber der Staat kann in Krisenzeiten nicht alle Einbußen an Wohlstand ausgleichen", gab FDP-Finanzminister Lindner zu. Deutschland werde insgesamt an Wohlstand verlieren. Entlastung brauche jetzt auch die Mittelschicht und die Gewerbetreibenden. "Die breite Mitte der Gesellschaft, die jetzt schon enorm viel abgibt von ihrer Leistungsfähigkeit, darf nicht immer nur zahlen. Die müssen auch einmal erleben, dass sie mit ihren Bedürfnissen erkannt werden", forderte Lindner.

Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber fair"

Der Moment des Abends ist einer, der zeigt, wie viel Sprengstoff noch in den künftigen Debatten stecken wird. "Wir müssen alles dafür tun, von den fossilen Energien wegzukommen", wiederholt Wirtschafts-Expertin Kemfert zunächst noch einmal einen Allgemeinplatz.

Dann schlägt sie allerdings vor: Tempolimit, autofreier Sonntag, Heizung im Winter runterdrehen, Fahrradfahren. Die Blicke in der Runde kommentiert sie mit: "Wir sind in einer Kriegssituation, wir müssen den Gürtel enger schnallen!" Man müsse übermäßigen Verbrauch endlich reduzieren, um die Autokraten dieser Welt nicht weiter zu finanzieren. Reinigungsfachkraft Holtkotte reagierte ungläubig: "Wer soll denn sparen? Ich kann nicht mehr sparen! Ich kann meine Heizung nicht noch zwei Grad runterdrehen", sagte sie.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Spahn hat gerade seinen Vorschlag unterbreitet: "Es müssen mindestens 40 Cent pro Liter runter." Funktionieren soll das mit Energie- oder Mehrwertsteuersenkungen. "Das machen viele unserer europäischen Nachbarn auch", erinnerte Spahn. Zur breiten Masse zählten nicht nur die SUV- und Porschefahrer, sondern vor allem Familien, Handwerker, Pendler. Kutschaty holte sofort zum Angriff aus: "Die Lösung ist relativ einfach umzusetzen, aber sie trifft nicht die Richtigen", meinte er. Die Situation sei aktuell kein Fall für die Politik, sondern für die Kartellbehörden.

"Die Rohölpreise sind deutlich heruntergegangen, aber an den Tankstellen wird es nicht billiger. Da wird deutlich zu viel genommen", sagte Kutschaty. Spahns Vorschlag wiegelte er erneut mit dem Argument ab, die Autofahrer profitierten am Ende nicht: "Das bleibt zum großen Teil bei den Mineralölkonzernen hängen, die verdienen damit Geld", analysierte er Spahns Vorschlag.

So hat sich Frank Plasberg geschlagen

Teilweise tun sie weh, aber Plasberg stellt viele richtige Fragen: "Wie schwer fällt es Ihnen, mit geringem Einkommen solidarisch zu sein und zu sagen, wir zahlen hier so etwas wie eine Friedensdividende?", fragt er beispielsweise Reinigungsfachkraft Susanne Holtkotte hinsichtlich der explodierenden Spritpreise.

"Tauschen wir jetzt mit Lieferungen aus Katar einen Diktator gegen den anderen aus?", wollte er außerdem von der Runde wissen. Überzeugen konnte Plasberg aber nicht die gesamte Sendungsdauer: Als CDU-Politiker Spahn und Wirtschafts-Expertin Kemfert über das Thema Energiewende diskutieren, kriegt er sie nicht mehr eingefangen und muss sogar sein Moderationspult verlassen, um wieder Hoheit über die Debatte zu erlangen.

Das ist das Ergebnis bei "Hart aber fair"

Die Runde wiederholt es mehr als einmal: Deutschland soll in Sachen Energiepolitik souveräner und weniger abhängig von russischen Importen werden. Große Einigkeit auch bei der Forderung nach schneller Entlastung für Bürger mit niedrigen und mittleren Einkommen - an Tankstellen, im Supermarkt und bei der Heizkostenrechnung. Nur das Wie, darüber erzielt die Runde keine Einigkeit. Immerhin liegen die Vorschläge von Tempolimit bis Mehrwertsteuersenkung schon einmal auf dem Tisch.

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