Am Montagabend ging es bei "Hart aber fair" um die rasant angestiegenen Zahlen illegaler Einreisen. Wie sollte die deutsche Asylpolitik damit umgehen? Die Runde hantierte wild mit Zahlen und eckte dabei mehrmals an. Während Thorsten Frei (CDU) seine Forderung nach der Abschaffung des individuellen Asylrechts wiederholte, warf SPD-Mann Castellucci ihm vor: "Das ist eine Abrissbirne für die Menschenrechte."

Eine Kritik
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Es sind wieder Schlagzeilen wie diese, die die Debatte bestimmen: "Immer mehr illegale Einreisen nach Deutschland" oder "Faeser will Clan-Mitglieder kollektiv abschieben". An welchem Punkt steht Deutschland in der Asylpolitik? Setzt das Land auf Abschottung oder stellt es die Menschenrechte in den Mittelpunkt? Nur eine von vielen Fragen, die am Montag heiß debattiert wurde.

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Das ist das Thema bei "Hart aber fair"

Überschrieben war die Sendung am Montagabend (14. August) mit der Frage: "Neue Härte: Kommt die Wende in der Asylpolitik?". Tatsächlich registrierte Frontex jüngst so viele illegale Einreisen wie zuletzt 2016. Auch im Studio kamen die aktuellen Forderungen aus der Politik auf den Tisch, darunter: Asylverfahren nur noch außerhalb der EU, Abschiebung von Clanmitgliedern – auch ohne Vorstrafe.

Das sind die Gäste

  • Thorsten Frei (CDU): "Die Situation, wie wir sie derzeit haben, ist absolut unbefriedigend – sowohl für diejenigen, die flüchten, die nach Europa kommen, als auch für die Aufnahmegesellschaften hier in Europa", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Er hatte zuletzt gefordert, individuelles Asylrecht abzuschaffen und damit für große Diskussionen gesorgt. "Blauäugigkeit hilft uns hier nicht weiter", so Frei. Man brauche Ordnung, Steuerung und Begrenzung.
  • Cansin Köktürk: "Asyl ist ein Menschenrecht und auch im Völkerrecht verankert, sodass ich nicht verstehe, warum man überhaupt versucht an diesem Recht zu rütteln ", sagte die Sozialarbeiterin und Buchautorin in Bezug auf den Vorschlag von Frei. Sein Vorstoß werde sicher nicht dazu führen, dass Kommunen entlastet würden. "Abschiebungen lehne ich generell ab, wenn jemand aus einer Notlage zu uns kommt. Und Menschen an den Grenzen abzuwehren, ist die Abkehr von Menschlichkeit", bekräftigte sie.
  • Ruud Koopmans: Der Professor für Soziologie und Migrationsforschung an der Humboldt-Universität Berlin meinte: "Wir sollten möglichst vielen Schutzbedürftigen helfen. Leider bringen wie einen erheblichen Teil unserer Ressourcen für Menschen auf, die nicht schutzbedürftig sind, die wir aber trotzdem nicht ausweisen können."
  • Wiebke Judith: Die rechtspolitische Sprecherin bei "Pro Asyl" war sich sicher: "Nicht die EU-Asylgesetze müssen geändert werden, sondern die Menschenrechte eingehalten werden." Die hohen Zahlen seien ein Signal, dass sehr viele Menschen fliehen müssten. "Wir haben eine Rekord-Schutzquote", sagte sie.
  • Lars Castellucci (SPD): "In der Flüchtlingspolitik dürfen wir nicht auf Barrieren und Abschreckung setzen, sondern brauchen geordnete Verfahren und legale Wege der Migration. Humanität und Ordnung gehören immer zusammen", so der Sprecher der Arbeitsgruppe "Migration und Integration" der SPD-Bundestagsfraktion. "Das ist eine Abrissbirne für die Menschenrechte", sagte er zu Freis Forderung.

Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber fair"

"Ich bin davon überzeugt, dass wir nicht für alle Menschen, die nach Deutschland und Europa kommen möchten, das auch tatsächlich ermöglichen können", holte Frei aus. Nach der aktuellen Gesamtschutzquote hätten etwa 35 Millionen Afghanen das Recht auf Aufnahme in Deutschland. "Das ist doch wirklich theoretisch", setzte Castellucci abwinkend an. Auch Köktürk meldete sich zu Wort: "Das ist populistisch!"

Frei fuhr fort: "Das ist nicht theoretisch." In Nigeria, einem Land mit 200 Millionen Einwohnern, würden sich Untersuchungen zufolge etwa 30 bis 40 Prozent nach Europa aufmachen, wenn sie es könnten. "Ich will Ihnen zeigen, wie unmenschlich das System ist", meinte der CDU-Mann.

"Danke für ihr aufrichtiges, gefühlvolles Herz", stichelte Köktürk ironisch und Castellucci warnte: "Wer bietet mehr? Das ist eine ganz gefährliche Diskussion!" Am Ende habe man ein Land, welches zusammenzucke und Angst habe vor dem, was vor ihm stehe. Frei betreibe Angst- und Panikmache.

Das ist das Rede-Duell des Abends

"Es fehlen 700.000 Wohnungen nach Auskunft des Städtetags in Deutschland", leitete CDU-Mann Frei ein. Judith kritisierte: "Aber das ist doch die Schuld der Politik und nicht der schutzsuchenden Menschen."

Frei fuhr fort, es würden auch Lehrer, Erzieher und Integrationshelfer fehlen. "Man darf nicht die Augen davor verschließen, dass Integration auch etwas mit Quantität zu tun hat", sagte er. Das sei keine leichte und schöne Erkenntnis, aber: "Das ist ein Fakt!" Es seien den ganzen Abend keine Lösungsvorschläge genannt worden.

Da schaltete sich auch Köktürk ein: "Ich bin Sozialarbeiterin. Die Frage geht an Sie! Sie beschäftigen sich mit den Lösungen." Statt die Debatte darauf zu lenken, die Menschen zu bekämpfen, die hierher kommen, sollte man sich mit Fluchtursachen befassen, forderte sie.

So hat sich Louis Klamroth geschlagen

Klamroth stand vor einer aufgeheizten Diskussionsrunde, die einander keinen Punkt schenken wollte. Viel Input musste er nicht geben. Trotzdem versuchte er mit sachlichen Fragen, die Debatte immer wieder auf ein konstruktives Level zurückzuholen. So konnte er in Bezug auf Freis Vorschlag zum Beispiel festhalten: "Führt der dazu, das sich weniger Menschen auf den gefährlichen Weg über das Mittelmeer machen?" "Nein", gab Koopmanns zu. "Da haben wir doch die Antwort", kommentierte Köktürk.

Das ist das Ergebnis bei "Hart aber fair"

Das war eine Sendung mit ziemlich viel Emotion, hitziger Debatte und häufigen Ausrufen wie "Das stimmt nicht!" oder "Lassen Sie mich ausreden!". Im Kern kamen aber altbekannte Fragen auf den Tisch: "Wie viel Flüchtlinge kann Deutschland stemmen?" oder "Wie lässt sich Migration eindämmen?". Am Ende waren es dann aber auch wieder dieselben Lösungsansätze, auf die die Runde sich einigen konnte: Fluchtursachen bekämpfen, Abkommen mit Drittstaaten verhandeln.

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