Eine der viel diskutierten Fragen bei Maischberger am Mittwochabend: "Sind die Aktivisten von Lützerath Klimaterroristen?". Außerdem wurde Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) von der Moderatorin in die Zange genommen und gab eine für manche im Studio erschreckende Prognose ab. Wissenschaftler Eckart von Hirschhausen verriet außerdem, was ihn einst zum Kampf fürs Klima motivierte.

Eine Kritik
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Im nordrhein-westfälischen Lützerath, einem Dorf im Kohlerevier, hat die Räumung begonnen. 200 Aktivisten haben das Gelände freiwillig verlassen, andere wollen bis zuletzt ausharren. Beim Einsatz der Polizei kam es zu Menschenketten, Sitzblockaden und Angriffe auf Einsatzkräfte. Eine legitime Form des Widerstands?

Das ist das Thema bei "Maischberger"

Bei Maischberger ging es am Mittwochabend um die Räumung des Camps in Lützerath, wo Demonstranten für den Erhalt des Dorfs im Kohlerevier kämpfen. "Handelt es sich um Klimaterroristen?" ließ Maischberger debattieren. Auf den Tisch kam außerdem Deutschlands Infrastruktur, die Pünktlichkeitswerte der Deutschen Bahn und die Silvester-Krawalle in Berlin.

Das sind die Gäste

Volker Wissing (FDP): "Wir haben eine sehr stark ausgelastete Infrastruktur und die ist in den letzten Jahren nicht entsprechend angepasst worden, um den Anforderungen jetzt gerecht zu werden", gab der Minister für Verkehr und Digitales zu. Die Bahn sei äußerst unpünktlich. Im Alltagsbetrieb sei das Netz vernachlässigt worden, er habe die Bahn in einem desolaten Zustand übernommen. "Kurzfristig geht da gar nichts", sagte er über verbesserte Pünktlichkeit. Die Bahn erfülle derzeit angesichts des Krieges auch Zusatzaufgaben, wie etwa Kohletransporte.

Eckart von Hirschhausen: Der Wissenschaftler beschrieb den Ausgangspunkt, an dem er begonnen hat, für das Klima zu kämpfen. Er habe die Affenforschering Jane Goodall interviewt, die ihn gefragt habe: "Wenn wir Menschen die intelligenteste Art auf dem Planeten sind, warum zerstören wir dann unser Zuhause?" Hirschhausen sagte: "Da habe ich geschwiegen und geschluckt und kapiert, das ist die wichtigste Frage, die wir uns alle stellen müssen im 21. Jahrhundert."

Petra Gerster: "Das sind keine Klimaterroristen", sagte die langjährige Moderatorin beim "ZDF" über die Demonstranten in Lützerath. Terroristen würden Angst und Schrecken verbreiten und andere mit dem Leben bedrohen. "Das tun sie nachweislich nicht. Sie kämpfen für ein Ziel, für das wir alle sind", so Gerster. "Ich bin ein absoluter Fan eines Tempo-Limits", bekräftigte sie außerdem. Es würde weniger Tote geben.

Jörg Thadeusz: "Irgendjemand muss diesen Vollidioten sagen, dass sie Vollidioten sind", forderte der Journalist mit Blick auf die Täter der Silvesterkrawalle. Berlin sei unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten an vielen Stellen gescheitert. Der Berliner Ansatz sei zu oft "die bemühen sich". Thadeusz kommentierte: "Die haben sich auch bemüht, eine Wahl hinzubekommen, hat leider nicht gekappt."

Ulrike Herrmann: "Für künftige Fälle wird der Preis hochgetrieben", sagte die "taz"-Journalistin über die Proteste in Lützerath. Das sei der politische Gewinn. Wenn das Camp nun geräumt werde, sehe das zunächst aus wie ein Misserfolg. "Ist aber nicht so, weil eben das Thema sehr prominent in die Öffentlichkeit gekommen ist." Die Regierung habe sich unter Merkel das Ziel gegeben, bis 2045 klimaneutral zu werden. Es sei deshalb quatsch, von "Klimaterroristen" zu sprechen: "Die wollen nur, dass der Staat sich an die eigenen Gesetze hält", erinnerte Herrmann.

Das ist der Moment des Abends bei "Maischberger"

Es ging um die Pünktlichkeit der Deutschen Bahn und Maischberger wollte von Verkehrsminister Wissing endlich eine klare Antwort haben. "Die Schweizer Bahn hat Pünktlichkeitswerte von über 90 Prozent, wann sind wird da?".

Nach einigen Ausschweifungen hatte Maischberger Wissing bei einer Jahreszahl. "2030", sagte der. Die Kamera brauchte Maischbergers erstauntes Gesicht bei der Nachfrage "Also sieben Jahre von jetzt?" gar nicht einfangen, denn Wissing setzte schon nach: "Und das ist extrem schnell. Ja, das ist so".

Das ist das Rede-Duell des Abends

Ein Rede-Duell, das zeigte: Es wird zu oft aneinander vorbeigeredet und über die falschen Fragen gestritten. Journalistin Gerster betonte, dass die Ziele zur Klimaneutralität Verfassungsrang hätten, aber nichts passiere. Da schaltete sich Thadeusz ein: "Es stimmt nicht, dass nichts passiert. In Nordrhein-Westfalen wird schwarz-grün regiert", erinnerte er. Der Kohleausstieg sei beispielsweise vorgezogen worden.

Gerster verteidigte sich: "Das bezog sich jetzt nur darauf, dass die Emissionen in den letzten zwei Jahren nicht nur nicht gesunken sind, sondern noch mehr geworden sind. Der Ausbau der erneuerbaren Energien sei verschlafen worden. "Man kann nur aus der Kohleverstromung aussteigen, wenn man alternative Energiequellen hat", schaltete sich Herrmann mit ein. Solar-Panels und Windräder würden fehlen. Jetzt müssten so schnell wie möglich Windräder aufgebaut werden.

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Maischberger war in guter Form und stieg schon bissig ein. "Sehen Sie in diesen Bildern Klimaterroristen?", fragte sie in die Runde, als Bilder von Lützerath über den Bildschirm liefen. Ein paar Fragen klangen allerdings wie aufgewärmte Kamellen – beispielsweise zum Tempolimit oder zur Laufzeit der Atomkraft.

Den Verkehrsminister nahm Maischberger dann aber ordentlich in die Zange. Wollte beispielsweise konkret eine Empfehlung haben, wie man die Strecke von Berlin nach Köln am besten zurücklege. Wissings Ausführungen, in denen er eine Antwort umschiffte, entgegnete sie: "Schöner Satz, aber keine Antwort auf die Frage: Was raten Sie mir? "

Maischberger glänzte auch, als sie das "Deutschlandticket" beschrieb mit: "Es heißt nicht mehr 49-Euro-Ticket, sondern Deutschlandtickt. Dann können Sie jedes Jahr die Preise erhöhen." Etwas stärker hätte sie noch an der Frage dranbleiben können, ob die Klimaziele der Bundesregierung an Wissings Ressort scheitern. Dass er das verneinen würde, war nämlich absehbar.

Das ist das Ergebnis bei "Maischberger"

Eine durchmischte Sendung. Streckenweise ein bisschen zu viel Sachunterricht, als es um Windräder und Atomkraft ging, teilweise ein bisschen zu inhaltslos – etwa als Wissing über "Transformationsprozesse" schwadroniert oder Thadeusz von seinem früheren Job in Nachtzügen berichtete, wo Bettdecken nicht gewaschen würden, und dann selbst zugab: "Das ist jetzt fast schon ein bisschen RTL-mäßig, so eine Bekenntnissendung".

Was der Sendung nicht gut tat, waren die vielen Zahlen, mit denen Maischberger vor allem im Einzelgespräch mit Wissing um sich warf. Für den Zuschauer war das stellenweise schwer nachvollziehbar. Trotz allem konnte man zwischen den Zeilen deutlich mitnehmen: Deutschland ist in Sachen Infrastruktur eine Riesen-Baustelle und bei dem, was getan wird, gibt es mehr, als nur "Luft nach oben".

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