Erst der Finanz-Schock durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, jetzt eine Ampel auf Sparkurs: Kriegt die Koalition die Finanzen wieder auf solide Beine gestellt? Darum ging es am Montagabend bei "Hart aber fair". Dabei hatte SPD-Mann Stegner einen Satz mitgebracht, den er den Menschen unbedingt sagen wollte und CDU-Politiker Brinkhaus sah eine Alternative zwischen Sparen und der Auflösung der Schuldenbremse.

Eine Kritik
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In der vergangenen Woche ist viel passiert: Erst wurde die Haushaltssperre verhängt, dann kündigte die Ampel an, die Schuldenbremse auch für 2023 auszusetzen und nachträglich eine Notlage zu erklären. Wie es mit dem Haushalt für 2024 weitergehen soll, ist aber noch völlig offen. Ist es eine Option, dann wieder die Schuldenbremse auszusetzen? Eine der Fragen bei "Hart aber fair" am Montagabend.

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Das ist das Thema bei "Hart aber fair"

Auch bei "Hart aber fair" ging es um die Finanzlage in Deutschland. Klamroth überschrieb seine Sendung mit der Frage: "Aus Haushaltsloch wird Regierungs-Krise: Ampel vor der Zerreißprobe?" Mit seinen Gästen diskutierte er dabei unter anderem über die Fragen: "Reichen neue Tricks fürs Schuldenmachen oder muss eisern gespart werden?" und "Was hält die Ampel noch zusammen außer der Angst vor Neuwahlen?"

Das sind die Gäste

  • Ralf Stegner (SPD): "Ein starres Festhalten an der bisherigen Form der Schuldenbremse in Zeiten von Krieg, Inflation und Klimanotstand hilft uns nicht dabei, die notwendigen Zukunftsinvestitionen zu stemmen", so der Bundestagsabgeordnete. Man müsse den Menschen sagen: "Auch in diesen Zeiten halten wir äußere, innere und soziale Sicherheit zusammen."
  • Ralph Brinkhaus (CDU): Der ehemalige Fraktionschef meinte: "Die Ampel-Regierung muss aufhören, alle Probleme mit Geld zuzuschütten, sondern endlich anfangen, zu sparen." Sie sei zwei Wochen lang mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts sehr unprofessionell umgegangen. Er kritisierte scharf in Richtung Ampel-Vertreter: "Es ist eine geldliche Herausforderung und Sie haben eine Staatskrise daraus gemacht."
  • Wolfgang Weber: Der Chef des Elektro- und Digitalindustrie-Verbands ZVEI sagte: "Die Industrie steht bereit – erwartet aber, dass das, was öffentlich zugesagt wurde, jetzt auch eingehalten wird." Geschehe dies nicht, würde man "Zukunft und Wohlstand aufs Spiel setzen", so Weber. Man habe keine Zeit mehr, mit dem Investieren noch zu warten. International bestehe Unverständnis über die Diskussion in Deutschland.
  • Konstantin Kuhle (FDP): "Die Bundesregierung und die Koalition schaffen es durch diese Krise. Aber einfach wird das nicht", so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Es sei die richtige Entscheidung, die Schuldenbremse für 2023 auszusetzen – für 2024 werde das aber nicht der Fall sein. Die Bundesregierung müsse sich daran halten, dass die "Schuldenbremse scharf geschaltet" ist.
  • Henrike Roßbach: "Neuwahlen wären für alle drei Parteien noch unattraktiver als die Situation jetzt", sagte die Journalistin der "Süddeutschen Zeitung". Nachträglich eine Notlage zu erklären, sei die einzige Möglichkeit, um den Haushalt 2023 zu "heilen". Roßbach sagte auch: "Jetzt hören die Menschen, der Haushalt 2021 ist verfassungswidrig, der 2023 ist verfassungswidrig, der Klimafonds geht so nicht, der Stabilisierungsfonds geht so nicht – das macht natürlich schon irgendwas mit den Bürgern. Vermutlich ist der Eindruck: Die können es nicht."

Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber fair"

Als es um Spar-Potenziale ging, kam auch das Thema Bürgergeld auf den Tisch. Kuhle sagte: "Das Bürgergeld ist, wie es sich entwickelt, für viele Menschen ein Gerechtigkeitsproblem." Die Formel, nach der sich das Bürgergeld erhöhe, sei nicht in Stein gemeißelt. "Natürlich kann man eine solche Formel ändern", meinte der FDP-Mann. Klamroth hakte nach, ob das Bürgergeld also nicht so steigen solle wie geplant. Kuhle dazu: "Ich würde gerne, dass das Bürgergeld eine Brücke in den Arbeitsmarkt ist und nicht, dass das Bürgergeld dauerhaft die Abwesenheit von Arbeit alimentiert."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Brinkhaus und Stegner zankten sich über den Kommunikationsstil der Ampel. "Dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts kam nicht ganz unerwartet. Einen Tag vorher erklärt Christian Lindner, wir haben einen Plan B – hat er nicht gehabt." Einen Tag später hätten sich der Kanzler, der Vize-Kanzler und Christian Lindner vor die Kamera gestellt und gesagt: "Mit dem Haushalt, das kriegen wir hin."

Brinkhaus wieder: "Dann Schweigen. Dann wurde eine Sitzung nach der anderen abgesagt. Dann wurde die Haushaltswoche abgesagt." Es herrsche enorme Verunsicherung. 2008 sei die Situation weitaus dramatischer gewesen, als Steinbrück und Merkel vor der Presse erklärt hatten: "Wir sorgen dafür, dass eure Sparguthaben sicher sind."

Brinkhaus stichelte: "Gott sei Dank waren damals nicht Robert Habeck und Christian Lindner und Olaf Scholz dabei." Stegner ließ das nicht auf sich sitzen: "Das ist doch großer Unfug." Man müsse ein Urteil in Ruhe prüfen und dürfe nicht mit Schnellschüssen kommen. Er giftete zurück: "Sie wissen immer alles vorher. Wären wir dem Vorschlag von Herrn Merz gefolgt, das russische Gas sofort zu boykottieren, wie er es damals vorgeschlagen hat – dann hätten wir eine Industriekrise gehabt."

So hat sich Louis Klamroth geschlagen

Klamroth machte einen guten Job, aber an zwei Tatsachen konnte er nichts ändern: Das Thema Finanzen ist trocken und komplex, die gesamte Debatte inzwischen zwei Wochen alt und an manchen Stellen ausdiskutiert. Frischen Wind brachten daher folgende Fragen von Klamroth: "Welche Probleme werden durch den Nachtragshaushalt gelöst und welche nicht?", "Was heißt die auslaufende Strom- und Energiepreisbremse für Verbraucher?" und "Nur vom wichtigsten Mann, Olaf Scholz, kenne ich die Position nicht, wissen Sie, was er will, Herr Stegner?"

Das ist das Ergebnis bei "Hart aber fair"

Die Sendung verhakte sich ein wenig zwischen den beiden Möglichkeiten, die Schuldenbremse abzuschaffen oder den Gürtel enger zu schnallen und massiv zu sparen. Brinkhaus warb an dieser Stelle für eine Alternative. "Nein, es gibt auch noch einen dritten Weg. Das ist ein Weg der Zuversicht, des Optimismus", holte er aus.

Dabei gehe es um die Digitalisierung. Im kommenden Jahr feiere man 75 Jahre Grundgesetz und müsse den Mehltau beseitigen. Allein das Personal im Öffentlichen Dienst koste 300 Milliarden Euro – wenn man durch Digitalisierung zehn Prozent einspare, dann habe man 30 Milliarden Euro für Chip-Fabriken, Bürgergeld-Förderung und Co.

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