• Nach den teils gewalttätigen Klima-Protesten im nordrhein-westfälischen Dorf Lützerath ist die Stimmung im Land noch immer aufgeheizt.
  • Am Mittwochabend stellte sich Anton Hofreiter bei Markus Lanz einigen unbequemen Fragen zur Zukunft seiner Partei.
  • Der Grüne kam dabei mehr als einmal in Erklärungsnot.
Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Der andauernde Angriffskrieg in der Ukraine, der überraschende Deal mit der RWE sowie der außer Kontrolle geratene Klima-Protest in Lützerath stellt die Grünen vor gleich mehrere Probleme. Auch bei "Markus Lanz" wurde am Mittwochabend das Verhalten der Partei heiß diskutiert. Dabei geriet vor allem ein Gast ins Straucheln. Grünen-Politiker Anton Hofreiter begab sich nicht nur mit ZDF-Moderator Markus Lanz, sondern auch mit dem Klimaaktivisten David Dresen in ein Wortgefecht.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Haben die Grünen in der Energiekrise ihre eigenen Ideale verkauft? Nach dem überraschenden Deal mit dem Energieversorger RWE und dem teils gewalttätigen Protest im nordrhein-westfälischen Dorf Lützerath haben sich einige Aktivisten öffentlich gegen die Partei gewandt. Der Vorwurf: Verrat. Im Gespräch mit ZDF-Moderator Markus Lanz versuchte Grünen-Politiker Anton Hofreiter, die Herangehensweise seiner Partei zu erklären und Klimaaktivist David Dresen von ihr zu überzeugen. Die Themen am Dienstagabend waren außerdem der neue Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sowie das anhaltende Ministerproblem in der Ampel-Koalition.

Das sind die Gäste

  • Anton Hofreiter: Der Grünen-Politiker verteidigt das Vorgehen seiner Partei in der Energiekrise. Zugleich fordert er abermals mehr Entschlossenheit vom Kanzler bei der militärischen Unterstützung der Ukraine: "Ich würde mir wünschen, dass das deutsche Gewürge endlich ein Ende hat."
  • Julia Löhr: Die "FAZ"-Wirtschaftsexpertin unterstellt: "Die Grünen haben keinen Plan."
  • Robin Alexander, stellvertretender Chefredakteur der "Welt", ist enttäuscht: "Die Klimabewegung war eine spektakuläre Bewegung", sagt der Journalist, aber jetzt sei sie aufs "Schlammwerfen auf Polizisten" zurückgefallen.
  • David Dresen, Klimaaktivist und Mitglied der Initiative "Alle Dörfer bleiben", beklagt: "Die Grünen haben ihre Wahlkampfversprechen gebrochen."
  • Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Einen großen Teil der Sendung nahm der scheinbar neue Kurs der Grünen-Partei ein. Dabei im Fokus: Die Klima-Proteste in Lützerath (NRW), bei denen am 14. Januar gegen die Kohle-Verstromung und die Räumung des Dorfes demonstriert wurde. Dabei war es zu teils heftigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizisten gekommen. Markus Lanz eröffnete das Thema mit der spitzen Frage an Anton Hofreiter: "Wollen wir über das grüne Problem reden? Lützerath." Der Politiker gab sich zunächst konziliant: "Ich kann verstehen, warum die jungen Leute wütend sind und demonstrieren. Es stimmt, dass ganz viele Länder nicht genug tun, um die Klimakrise in den Griff zu kriegen."

Klimaaktivist David Dresen war selbst in Lützerath vor Ort und fühlt sich als einstiger Grünen-Wähler von der Partei verraten. Sein Vorwurf in der Sendung? "Dass sie einen Wahlkampf gemacht haben, bei dem sich ihre Spitzenpolitiker inszenierten und versprachen: Mit uns wird alles anders. Dann kam der große Bruch und es wurde ad hoc ein Deal mit RWE verkündet, der in der Partei noch nicht bekannt war. Jetzt haben die Grünen dauerhaft Schmerzen. Habeck hat Schmerzen. Mir wäre aber lieber, sie würden handeln. Die Grünen haben ihre Wahlkampfversprechen gebrochen."

"FAZ"-Wirtschaftsexpertin Julia Löhr ergänzte behutsam: "Die Grünen haben Verantwortung für das ganze Land. Herr Habeck hat die Verantwortung, dass wir Versorgungssicherheit haben." Doch Klimaaktivist Dresen ließ sich davon nicht beirren und erklärte mit ernstem Blick: "Der Punkt an diesem Deal ist aber, dass er unehrlich ist. Es ist ein Deal, der ausschließlich aus Energiesicherheit geschlossen wurde, aber als Klimaschutzpaket verkauft wird." Daraufhin schaltete sich Markus Lanz ein und merkte lächelnd an: "Sie lösen richtig was aus im Gesicht von Herrn Hofreiter!"

Der Grünen-Politiker verteidigte sich mit den Worten: "Russland hat die Ukraine überfallen, und die Entscheidung ist gefallen, als wir Sorge vor Gasmangel hatten. Das ganze russische Erdgas musste ersetzt werden. Wir mussten verhindern, dass es zu Blackouts kommt." Hofreiter bekräftigte, es sei dem Klimaschutz nicht gedient, "wenn wir Stromkosten produzieren, die niemand nachahmen will". Auf einen gemeinsamen Nenner kamen die beiden Männer im Laufe der Sendung nicht mehr. Der ZDF-Moderator konstatierte: "Diese enttäuschte Liebe ist deutlich spürbar."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Die größte Auseinandersetzung gab es zu Beginn der Sendung. Auch hier sah sich Anton Hofreiter in Erklärungsnot, als er zunächst über den neuen Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius sagte: "Pistorius, den ich sehr schätze, kennt sich nicht gut mit dem Militär aus." Daraufhin entbrannte bei "Markus Lanz" eine Grundsatzdiskussion über die Besetzung der Ministerposten sowie das Thema Parität.

Die Gleichberechtigung von Männern und Frauen bei der Besetzung der Ministerposten sei für Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bereits vor Beginn seiner Amtszeit ein wichtiges Thema gewesen. Doch Journalist Robin Alexander merkte an: "Dass jemand dann entlassen wird, nur weil er ein Mann ist ..." Lanz unterbrach ihn daraufhin mit den Worten: "Das nenne ich Diskriminierung." Dass es bei der politischen Besetzung häufig nicht primär ums Können geht, beschrieb Julia Löhr ganz nüchtern: "Das ist Politik."

Markus Lanz wollte dies nicht umkommentiert stehen lassen und ergänzte fassungslos: "Die Besten sind doch eigentlich gerade gut genug. Ich kann das nicht verstehen und will es auch nicht verstehen." Daraufhin mischte sich Grünen-Politiker Anton Hofreiter ein und widersprach der Runde vehement: "Ich finde diese Diskussion angesichts der Probleme, die wir haben, nicht auf der Höhe der Zeit." Gleichzeitig stellte er klar: "Es ist unanständig, Leuten, die zurückgetreten sind, auch noch Dreck hinterherzuwerfen. Das macht niemand!"

ZDF-Moderator Markus Lanz konterte mit einem schelmischen Lächeln: "Mit gespielter Empörtheit kommen Sie hier nicht weiter." Nachdem für einen kurzen Moment Stille im Raum herrschte, beendete Lanz kurzerhand die Diskussion und erklärte: "Wir sagen jetzt einfach mal stilvoll nichts."

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So hat sich Markus Lanz geschlagen

Lanz moderierte solide und konnte seinen Gästen, allen voran Anton Hofreiter, einige interessante Thesen entlocken. Ein roter Faden lief durch die Sendung, auch wenn einige Diskussionen in der Runde schlussendlich aufgrund von Mangels an Zeit im Sand verliefen.

Beim Thema Parität und Gleichberechtigung in der Politik verzettelte sich der ZDF-Moderator zum Teil und warf Bundeskanzler Olaf Scholz vor, einer Ideologie zu folgen, ohne auf die Kompetenzen der jeweiligen Politiker und Minister zu schauen. Ein Vorwurf, den Anton Hofreiter nicht so einfach stehen lassen wollte und den Moderator davor warnte, "Spekulationsketten aufzubauen".

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Während sich die Mehrheit der Gäste bei "Markus Lanz" bei Fragen wie dem neuen Bundesverteidigungsminister oder dem Umgang mit der Klima-Demo in Lützerath einig waren, befand sich Grünen-Politiker Anton Hofreiter mehrmals in Erklärungsnot und eckte immer wieder beim ZDF-Moderator an. Der Politiker konnte auch bei dem Klimaaktivisten David Dresen nicht punkten, der der Partei üblen Verrat vorwarf und sagte: "Der letzte Rest Glaubwürdigkeit ist flöten gegangen." Bis zum Schluss konnte zwischen Lanz, dem Klimaaktivisten und Hofreiter kein gemeinsamer Nenner gefunden werden, weshalb Markus Lanz die Sendung mit den Worten beendete: "Ich merke gerade, dass die Leute in der Runde eine andere Meinung haben. Das können wir jetzt aber nicht mehr ausdiskutieren."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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