Die Eskalationsspirale am Golf dreht sich weiter. Nachdem iranische Truppen ein Boot unter britischer Flagge an der Straße von Hormus gestoppt haben, verschärft sich die Wortwahl im Konflikt mit Teheran. US-Präsident Donald Trump mobilisiert Truppen.
Die Konfrontation führender westlicher Länder mit dem Iran droht außer Kontrolle zu geraten. Iranische Revolutionsgarden haben in einer Meeresenge kurz hintereinander zwei Tanker mit britischem Bezug festgesetzt; nur einer konnte kurze Zeit später weiterfahren. Im Schulterschluss mit den USA drohte Großbritannien dem Iran daher mit ernsthaften Konsequenzen. Die Regierung in London forderte britische Schiffe auf, die Straße von Hormus und umliegende Gewässer zu meiden. In London wollte sich der Nationale Sicherheitsrat (Cobra) noch am Samstag erneut mit der Krise befassen. Der britische Außenminister Jeremy Hunt twitterte, der weiter festgesetzte Tanker sei in den Gewässern des Omans gestoppt worden.
Die Regierung von US-Präsident
Hunt sprach nun einem riskanten iranischen Manöver. Die Aktion am Freitagabend deute darauf hin, dass der Iran einen "gefährlichen Weg des illegalen und destabilisierenden Verhaltens" beschreite. Über mögliche Gegenmaßnahmen wollte das Außenministerium in London zunächst keine Auskunft geben.
Vorfall in Gibraltar als Auslöser?
Der britische Außenminister telefonierte noch am Samstag mit seinem iranischen Amtskollegen Mohammed Dschawad Sarif. Hunt brachte bei dem Gespräch nach eigenen Angaben seine "tiefe Enttäuschung" über die Situation zum Ausdruck. Die staatliche iranische Nachrichtenagentur IRNA teilte mit, Sarif habe bei dem Gespräch hingegen juristische Schritte gegen den beschlagnahmten Öltanker "Stena Impero" ins Spiel gebracht. "Der Stopp des britischen Tankers erfolgte wegen maritimer Verstöße und auf Wunsch der hiesigen Hafenbehörden", sagte Sarif den Angaben zufolge bei dem Telefonat.
Aus Hunts Sicht ist ein Vorfall im britischen Gibraltar wohl der Auslöser des iranischen Vorgehens. Dort war Anfang Juli ein Tanker aus dem Iran mit Öl, das für Syrien bestimmt gewesen sein soll, an die Kette gelegt worden. Die Lieferung verstoße gegen EU-Sanktionen, hieß es. Am Freitag ordnete der Oberste Gerichtshof Gibraltars an, das Schiff weitere 30 Tage festzuhalten, bis zum 20. August.
Bundesregierung verurteilt Festsetzung
Die EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini zeigte sich einem Sprecher zufolge angesichts der Zwischenfälle tief besorgt und forderte die sofortige Freilassung des nun festgesetzten britischen Schiffs. "In einer bereits angespannten Lage bringt dies das Risiko einer weiteren Eskalation mit sich und untergräbt laufende Bemühungen, die gegenwärtigen Spannungen zu überwinden", hieß es.
Deutschland und Frankreich zeigten sich solidarisch mit Großbritannien. "Die Bundesregierung verurteilt die Festsetzung von zwei Handelsschiffen im Golf auf das Schärfste", erklärte ein Sprecher des deutschen Außenministeriums. "Dies ist ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die zivile Schifffahrt, der eine ohnehin angespannte Lage gefährlich weiter verschärft."
Die betroffene Meerenge im Golf von Oman ist eine der wichtigsten Seestraßen der Welt. Fast ein Drittel des globalen Ölexports wird durch die Straße von Hormus verschifft.
Irans Außenminister Sarif erklärte auf Twitter, es sei der Iran, der im Persischen Golf und in der Straße von Hormus die Sicherheit garantiere. "Anders als die Piraterie in der Straße von Gibraltar dient unsere Maßnahme im Persischen Golf dazu, die maritimen Regeln zu bewahren", so Sarif. Großbritannien müsse aufhören, "ein Zubehör des Wirtschaftsterrorismus der USA" zu sein.
Die arabischen Golf-Anrainerstaaten reagierten zunächst ungewöhnlich ruhig auf die Vorfälle. Die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien, die als regionale Gegenspieler des Irans gelten, schwiegen zunächst. Lediglich das kleine Königreich Bahrain verurteilte die Beschlagnahmung des britischen Tankers aufs Schärfste.
Der Zwischenfall am Golf belastete die Börsen und trieb den Ölpreis nach oben. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent legte zuletzt um 1,14 US-Dollar auf 63,07 Dollar zu.
Die Iranischen Revolutionsgarden hatten nach eigenen Angaben zunächst den unter britischer Flagge fahrenden Öltanker "Stena Impero" gestoppt und in Richtung iranischer Küste gebracht. Zur Begründung hieß es, der Tanker habe internationale Vorschriften missachtet. Die Behörden der Provinz Hormusgan teilten mit, die "Stena Impero" sei in den Hafen von Bandar Abbas eskortiert worden.
Die schwedische Reederei Stena Bulk, der das Schiff gehört, teilte dagegen mit, der Tanker habe sich an sämtliche internationalen Vorschriften gehalten. Mehrere kleinere Boote und ein Hubschrauber hätten sich genähert, als der Tanker in internationalen Gewässern gefahren sei. Nach iranischen Angaben stammen 18 der 23 Besatzungsmitglieder der "Stena Impero" aus Indien. Drei kommen demnach aus Russland und je einer von den Philippinen und aus Lettland. Die Besatzungsmitglieder waren nach Angaben ihrer Reederei wohlauf.
Weiterer Zwischenfall
Kurz nach dem ersten Zwischenfall wurde ein zweiter Tanker in Richtung Iran abgedrängt. Es handelte sich um einen Öltanker des algerischen Staatsunternehmens Sonatrach. Die "Mesdar" fährt unter liberianischer Flagge und wird vom britischen Schiffsverwalter Norbulk Shipping geführt. Das algerische Energieunternehmen teilte mit, die "Mesdar" sei nach der Passage der Straße von Hormus von der iranischen Küstenwache gezwungen worden, in Richtung iranischer Gewässer zu fahren. Das Schiff sei im Auftrag eines chinesischen Unternehmens in Richtung Tanura in Saudi-Arabien unterwegs gewesen, um Rohöl zu laden. Das algerische Energie- und Außenministerium seien unverzüglich eingeschaltet worden. Wie die Firma mitteilte, wurde die "Mesdar" nach dreieinhalb Stunden wieder freigegeben. Die bewaffneten Sicherheitskräfte hätten das Schiff verlassen.
Trump will Gespräche
Die halbstaatliche iranische Nachrichtenagentur Fars berichtete zu diesem Vorfall, die Besatzung sei routinemäßig von der Marine über die Umweltvorschriften im Persischen Golf aufgeklärt worden.
US-Präsident Trump beauftragte unterdessen den republikanischen Senator Rand Paul, eine Aufnahme von Gesprächen mit dem Iran auszuloten. Der Senator habe seine Hilfe angeboten, erklärte Trump. "Wir werden sehen, was passiert."
Trump hatte im Mai 2018 das Atomabkommen mit dem Iran einseitig aufgekündigt und danach harte Wirtschaftssanktionen gegen die Islamische Republik verhängt. Diese sollen das Land von den Finanz- und Ölmärkten abschneiden. Die USA und der Iran unterhalten keine diplomatischen Beziehungen. (mc/dpa)
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