• Die Bundesregierung will die Renten erhöhen, Arbeitsminister Hubertus Heil spricht von einem Zeichen der Stabilität.
  • Den Oppositionsparteien reicht das Paket dagegen nicht. Sie fordern einen besseren Inflationsausgleich für die Rentnerinnen und Rentner.
  • Was die Bundesregierung plant.

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Die Rente ist sicher. Diesen Satz hat schon der frühere Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU) zu seiner Marke gemacht. Auch Olaf Scholz (SPD) hat das Versprechen "Stabile Renten" in den Mittelpunkt seiner Kampagne im Bundestagswahlkampf 2021 gestellt. Jetzt will die Ampel-Koalition es einlösen. Am Freitag hat der Bundestag erstmals über das Rentenpaket von Bundesarbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) diskutiert.

Heil spricht in der Debatte von der "kräftigsten Rentenerhöhung seit vielen Jahrzehnten" und einem Signal der Stabilität und Verlässlichkeit: "In Zeiten von Krise und Krieg ist wichtig, dass die Menschen in Deutschland erleben, dass sie sich auf ihren Staat verlassen können."

Das hat die Bundesregierung bei der Rente vor

  • Zum 1. Juli dieses Jahres steigen die Renten der Bundesregierung zufolge im Westen um 5,35 Prozent und im Osten um 6,12 Prozent. Der sogenannte Rentenwert, mit dem die individuelle Höhe berechnet wird, steigt damit auf 36,02 Euro (West) beziehungsweise 35,52 Euro (Ost).
  • Die Angleichung der Renten in West und Ost kommt langsam voran: Der Rentenwert Ost würde nach der geplanten Anpassung 98,6 Prozent vom Wert im Westen betragen. Zum 1. Juli 2024 soll die Angleichung komplett sein.
  • Die Koalition will den Nachholfaktor wieder aktivieren. Die Rentenhöhe orientiert sich an der Entwicklung der Löhne, 2021 hätte es deshalb eigentlich eine Kürzung geben müssen. Das Minus wird stattdessen mit der Erhöhung in diesem Jahr verrechnet. Kurz gesagt: Der Anstieg hätte noch höher ausfallen können, wird durch den Nachholfaktor aber gedämpft.
  • Steigen soll auch die Erwerbsminderungsrente. Diese Leistung beziehen Menschen, die das Rentenalter noch nicht erreicht haben, aus gesundheitlichen Gründen aber nicht mehr oder nur eingeschränkt arbeiten können. Profitieren sollen jetzt diejenigen, die seit 2001 bereits eine solche Rente beziehen.

Die Bundesregierung sorge dafür, dass jahrzehntelange Beitragszahler mit ihrer Rente "über die Runden kommen", sagt der Grünen-Abgeordnete und frühere Gewerkschaftschef Frank Bsirske.

Die FDP freut sich vor allem über die Reaktivierung des Nachholfaktors – ein wichtiges Anliegen der Liberalen. Heils Paket sei damit nicht nur fair für Rentnerinnen und Rentner, sondern auch für die nachfolgenden Generationen: "Die Reaktivierung des Nachholfaktors bedeutet, dass Politik nicht nur für heutige Rentner gemacht wird, sondern auch für deren Enkelkinder", sagt die FDP-Abgeordnete Anja Schulz.

Kritik von der Opposition: "Rentnerinnen und Rentner brauchen jeden Cent"

Einhellige Zustimmung also zum Rentenpaket? Die Oppositionsparteien bewerten die Rentenerhöhung der Ampel zwar positiv – finden die Maßnahmen aber nicht ausreichend. Kritik entzündet sich vor allem an einem anderen Paket der Bundesregierung: den Entlastungen wegen steigender Energiepreise.

Die Energiepreispauschale von 300 Euro erhalten nur die rund 44 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland, also nicht die rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner. "Es ist nicht verständlich, dass jemand, der gutes Geld verdient, 300 Euro Energiegeld bekommt, während der Durchschnittsrentner leer ausgeht", sagt der CDU-Abgeordnete Kai Whittaker im Bundestag. "300 Euro als Inflationskompensation hätten doch noch drin sein müssen", meint auch Gerrit Huy (AfD).

Der deutlichste Widerspruch kommt von der Linken: Der Abgeordnete Matthias Birkwald kritisiert, dass der Bund das Plus für die Erwerbsminderungsrenten erst im Jahr 2024 auszahlen will. "Sie möchten die viel zu oft vergessenen Menschen ein weiteres Mal zwei Jahre im Regen stehen lassen. Das geht gar nicht."

Auch das Plus bei den Renten ist aus Sicht von Birkwald angesichts der hohen Inflation von sieben Prozent zu niedrig. "Die Rentnerinnen und Rentner brauchen jeden Cent."

Versprechen nur langfristig einzulösen

Das Paket wird in den nächsten Wochen im Arbeits- und Sozialausschuss beraten, bevor der Bundestag eine endgültige Entscheidung trifft. Die letzte rentenpolitische Entscheidung der Bundesregierung wird das nicht gewesen sein. Die Rente ist viel mehr eine Dauerbaustelle.

Das deutsche Rentensystem beruht auf dem Umlageprinzip: Die aktuellen Beitragszahlerinnen und -zahler finanzieren nicht ihre eigene Rente, sondern die Renten der aktuellen Bezieherinnen und Bezieher. Dieses System gerät in einer alternden Gesellschaft zunehmend unter Druck – auch weil Olaf Scholz versprochen hat, das Rentenalter nicht anzuheben. "Sie werden in den nächsten vier Jahren die Rücklagen der Rentenversicherung komplett plündern", wirft der CDU-Bundestagsabgeordnete Kai Whittaker der Koalition vor.

Die Ampel-Parteien kennen das Problem - und wollen unter anderem eine Aktienrente einführen. Das würde heißen: Der Bund legt zumindest einen Teil der Bezüge am Finanzmarkt an, statt ihn über das Umlagesystem zu finanzieren. In einem ersten Schritt sollen zehn Milliarden Euro dafür verwendet werden.

Bisher sei die Aktienrente im Bundestag noch ein "Phantom", lästert der CDU-Politiker Whittaker im Bundestag. Das Thema wird die Politik noch lange beschäftigen: Das Kanzler-Versprechen für "stabile Renten" lässt sich nur langfristig einlösen.

Verwendete Quellen:

  • Debatte im Deutschen Bundestag
  • Bundesregierung.de: Renten steigen zum 1. Juli 2022 deutlich

Arbeitgeberpräsident Dulger: Renten-Versprechen der Ampel-Regierung nicht finanzierbar

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hält die Renten-Pläne der Bundesregierung für nicht finanzierbar. "Eine Rente ist nur sicher, wenn sie finanzierbar ist. Die Versprechen der Koalition sind es nicht mehr", sagte Dulger der Deutschen Presse-Agentur. Die langfristigen Finanzierungsprobleme der Rentenversicherung würden durch die aktuellen Pläne "nur noch weiter verschärft", sagte der 58-Jährige mit Blick auf das Vorhaben der Ampel-Koalition, das Rentenniveau langfristig bei 48 Prozent zu halten. Eine solche Höhe ist aus Sicht der Arbeitgeberverbände nicht realistisch.
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