Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, zeigt sich vor der anstehenden Vertrauensfrage gelassen. Die SPD stehe an der Seite des Kanzlers, macht sie deutlich.
Am heutigen Montag stellt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag die Vertrauensfrage. Er will seine Fraktion zwar hinter sich wissen, die Abstimmung insgesamt aber verlieren – damit es am 23. Februar wie geplant zu Neuwahlen kommen kann. Aber klappt das?
Von Spekulationen über einen anderen Ausgang der Vertrauensfrage will Katja Mast nichts hören. Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion hat nicht erst seit dem Bruch der Ampelkoalition viel zu tun. Sie ist die Mittlerin zwischen Fraktion, Regierung und Partei. Besorgt sei sie wegen der Vertrauensfrage nicht, macht sie am Telefon deutlich.
Für Mast ist klar: Die Vertrauensfrage sei die notwendige Konsequenz nach dem Ausscheiden der FDP aus der Bundesregierung.
Frau Mast, wie geht die Vertrauensfrage heute aus?
Katja Mast: Das entscheidet der Deutsche Bundestag. Die SPD-Bundestagsfraktion steht an der Seite von
Sie sind also nicht besorgt, dass Kanzler Scholz die Vertrauensfrage bestehen könnte, weil etwa die AfD für ihn stimmt?
Da sehe ich keine Gefahr. Das sind Spekulationen. Die AfD hat bereits angekündigt, das nicht zu tun, abgesehen von vereinzelten Abweichlern.
Es wird eine namentliche Abstimmung geben. Schwören Sie Ihre Fraktion im Vorfeld ein, Scholz das Vertrauen auszusprechen?
Wir werden uns heute in der Fraktionssitzung auf die Vertrauensfrage einstimmen. Die SPD und die SPD-Bundestagsfraktion stehen an der Seite von Olaf Scholz. Es gibt dahingehend keine Debatte.
Sie rechnen also nicht mit Abweichlern.
Ich gehe nicht davon aus. Olaf Scholz ist ein guter Kanzler, der unser Land besonnen durch stürmische Zeiten bringt.
Was würde es für den Wahlkämpfer Scholz bedeuten, wenn ihm seine eigene Partei unerwarteterweise kein Vertrauen bei dieser Frage aussprechen würde?
Ich bleibe dabei: Ich sehe keinen Anlass, darüber zu spekulieren.
Die Vertrauensfrage wird nicht häufig gestellt. Ist der 16. Dezember ein Tag des Scheiterns für die Sozialdemokraten?
Es ist wichtig, dass Olaf Scholz, unser Bundeskanzler, mit der Vertrauensfrage den Weg frei macht für eine vorgezogene Bundestagswahl. Die Vertrauensfrage ist das Mittel der Wahl dafür, dass am 23. Februar gewählt werden kann.
Es ist also kein Tag des Scheiterns?
Nein, das ist der Weg, den uns die Verfassung vorgibt. Nachdem die FDP wegen ihres unverantwortlichen Verhaltens nicht mehr in der Regierung ist, ist das die notwendige Konsequenz. Jetzt gibt es eine neue Bundestagswahl und dann entscheiden die Bürgerinnen und Bürger.
Ein Blick in die Vergangenheit macht deutlich: Es waren mehrheitlich sozialdemokratische Kanzler, die das Instrument eingesetzt haben. Woran liegt das?
Durch das Ausscheiden der FDP haben sich die Mehrheitsverhältnisse geändert. Wir werden zwar auch in dieser Woche einige Vorhaben mit demokratischen Mehrheiten beschließen. Dennoch ist es üblich, dass die Regierung die Mehrheit im Parlament hat. Die haben wir nicht mehr. Die Situation ist daher eine andere als in der Vergangenheit.
Trotzdem waren es primär sozialdemokratische Kanzler, die die Vertrauensfrage gestellt haben. Sind sozialdemokratisch geführte Regierungen weniger stabil?
Natürlich kann man die Dinge historisch in eine Reihe stellen, wie Sie es gerade tun. Aber wir sind in einer anderen Situation: Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik haben drei Parteien gemeinsam eine Regierung gestellt und dann noch in so herausfordernden Zeiten. Das ist sehr anspruchsvoll. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Grünen und die FDP im Jahr 2017 überhaupt nicht zusammen bekommen. Man muss historisch betrachtet auch schauen, wo die Unterschiede der Vertrauensfragen liegen
Wie blicken Sie auf den 16. Dezember?
Es ist ein besonderer Tag und wichtig für die Richtungsentscheidung im Februar. Er macht möglich, dass wir über die Unterschiede sprechen. Am 23. Februar geht es um eine Richtungswahl.
Was meinen Sie damit?
Es geht darum, ob Wirtschaft und Arbeit gegeneinander ausgespielt werden oder nicht. Darum, was Frauen von der Politik erwarten dürfen: Was ist mit der Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, was ist mit der Gleichstellung? Die Union will Steuergeschenke an Reiche machen und verrät nicht, woher das Geld kommen soll. Wir wollen die breite Mitte in unserem Land entlasten. Es geht um ein Zurück in die Vergangenheit mit Friedrich Merz oder ein nach vorne mit Olaf Scholz.
Sie sind also bereit für die heiße Wahlkampfphase.
Wahlkampf ist auch immer eine Auseinandersetzung über Inhalte in einer zugespitzten Form. Es tut unserer Demokratie gut, dass es diese Zuspitzung gibt: Im Alltag der Regierungsarbeit sind diese Ausrichtungen durch Kompromisse der Koalitionen in der Gesetzgebung oft weniger stark zu erkennen. Deshalb ist Wahlkampf auch immer eine Zeit, in der man intensiver als sonst im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern ist und zugespitzt verdeutlicht, wo die Unterschiede liegen.
Über die Gesprächspartnerin
- Katja Mast sitzt seit 2005 als Abgeordnete der SPD im Deutschen Bundestag. Seit 2021 ist sie die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion und damit Mittlerin zwischen Regierung und Fraktion, sowie Bundestags-SPD und Partei und Verbänden. Mast stammt aus dem baden-württembergischen Offenburg, im Bundestag vertritt sie den Wahlkreis Pforzheim.
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