Horst Seehofer wählt den Weg von Angela Merkel – den Rückzug auf Raten. Während der 69-Jährige den Posten als CSU-Chef demnächst räumen möchte, will er aus dem Amt des Bundesinnenministers nicht ausscheiden. Was aber, wenn er muss? Denn der Regierungspartner SPD, die Opposition und auch die eigene Partei schießen sich bereits auf den angeschlagenen Minister ein. Und Nachfolger stünden parat.

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Es ist ein Rückzug nach Merkel'schem Vorbild: Der Abschied auf Raten, nun in der Ausführung von Horst Seehofer. Seit Montag ist nun offiziell, was bereits am Sonntag aus Teilnehmerkreisen einer internen CSU-Sitzung durchgesickert war. Der Noch-CSU-Chef wird diesen Posten zur Verfügung stellen.

Seehofer erklärte am Montag bei einer Pressekonferenz in Bautzen, er werde den Posten als CSU-Parteivorsitzender räumen, um den Weg zur Erneuerung frei zu machen. "Das ist entschieden." Als mit Abstand aussichtsreichster Nachfolge-Kandidat für den CSU-Chefposten gilt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Der 51-Jährige würde Seehofer dann schon zum zweiten Mal beerben. Erst im März hatte er den Posten des bayerischen Regierungschefs von Seehofer übernommen.

Den genauen Zeitpunkt für seinen Abgang will Seehofer in dieser Woche mitteilen und er ergänzte: "Das Amt des Bundesinnenministers ist von dieser Entscheidung in keiner Weise berührt."

Seehofer will weiter Innenminister bleiben – doch kann er das auch?

Damit erteilte der 69-Jährige entsprechenden Meldungen vom Sonntag eine klare Absage. Darin wurde berichtet, dass Seehofer auch einen Rückzug vom Amt des Innenministers erwäge.

Doch dass sich Seehofer als Bundesminister halten kann, erscheint fraglich ob der stetigen Angriffe auf seine Person durch seine eigene Partei, die Opposition – und auch den Koalitionspartner. So wurde Seehofers Rückzugsankündigung von SPD-Vize Ralf Stegner begrüßt: "Wenn Herr Seehofer seine Ämter aufgibt, dann ist das konsequent." Er fügte hinzu: "Dass er Störenfried war in der Koalition seit dem Sommer, das lässt sich nicht bestreiten." Vielleicht trage der Schritt zu einer Beruhigung bei.

Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann sagte der "Rheinischen Post", mit Seehofer im Amt könne ein Neustart der Koalition nicht gelingen. "Horst Seehofer sollte jetzt Haltung zeigen und Verantwortung für seine schweren politischen Fehler übernehmen", forderte der SPD-Politiker.

Die Grünen forderten Seehofer auf, als Minister sofort zurückzutreten. "Jeder Tag, den Horst Seehofer weiter Innenminister bleibt, ist ein Tag zu viel", sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt dem "Tagesspiegel".

FDP-Chef Christian Lindner sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", Seehofer müsse nach dem Parteivorsitz "in einem zweiten Schritt" auch sein Regierungsamt in Berlin aufgeben. Für Linksfraktionschef Dietmar Bartsch ist Seehofer ein Innenminister "auf Abruf" - jeder Tag im Amt sei einer zu viel.

Wer könnte Horst Seehofer als Innenminister nachfolgen?

Zu guter Letzt: Lässt ihn seine eigene Partei, die CSU, als Innenminister wirklich im Amt? "Wenn Seehofer meint, Innenminister bleiben zu können, kann das nicht gut gehen. Er ist im Rutschen, da gibt's kein Halten mehr", sagte beispielsweise CSU-Vize Peter Ramsauer dem "Münchner Merkur".

Der Widerstand auch in den eigenen Reihen ist also groß. Denn seit der Neuauflage der großen Koalition brachte Seehofer der CSU als Bundesminister vor allem Ärger und Kritik. Doch einen klaren Nachfolgefavoriten gibt es nicht, aber mehrere in Frage kommende Kandidaten.

Der logische Nachfolger Joachim Herrmann

Joachim Herrmann sollte eigentlich schon mit der Bundestagswahl 2017 nach Berlin wechseln. Doch durch das schwache Abschneiden der CSU verpasste er den Einzug in den Bundestag und blieb dann lieber in Bayern, statt das Risiko einzugehen, ohne Mandat Bundesinnenminister zu werden.

Jetzt wäre Herrmann der logische Kandidat für eine Seehofer-Nachfolge. Der 62-Jährige ist bereits seit elf Jahren Landesinnenminister und damit in seinem Fach erfahren wie niemand sonst in der CSU. Er meldet sich immer wieder auch bundespolitisch zu Wort, ist als studierter Jurist zudem formal qualifiziert.

Das Problem bei Herrmann: Ihn scheint nichts mehr nach Berlin zu ziehen. Erst in der vergangenen Woche erklärte er, sich seinem Stimmkreis Erlangen verpflichtet zu fühlen, den er gerade erst wieder bei der Landtagswahl gewonnen hatte. Allerdings stellt sich die Frage, ob die von Herrmann in Erlangen abgegebenen 21.085 Stimmen am Ende mehr Gewicht haben können als der Anspruch der CSU, innenpolitisch in der Bundesregierung das Sagen zu haben.

Stephan Mayer, die Alternative aus dem Innenministerium

Auch Stephan Mayer, parlamentarischer Staatsekretär im Bundesinnenministerium, wird als potenzieller Nachfolger von Seehofer gehandelt. Allerdings fehlen dem 44-Jährigen das Profil eines Joachim Herrmann und die Erfahrung eines Horst Seehofer.

Mayer wurde 1973 im oberbayerischen Landkreis Altötting geboren und gehörte zu den jungen Abgeordneten, die 2002 bei der Kanzlerkandidatur von Edmund Stoiber den Einzug in den Bundestag schafften. Seitdem sitzt er ununterbrochen im Parlament, wo er 2013 innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion wurde. Im Frühjahr machte Seehofer den Juristen zu seinem Staatssekretär.

Mayer übernimmt seitdem in vielen innenpolitischen Fragestellungen die Federführung. Die Position des Chefs in solch einem Superministerium dürfte aber zu früh für ihn kommen.

Der CSU-Versteher Alexander Dobrindt

Der Name Alexander Dobrindt darf auf keiner möglichen Nachfolgeliste fehlen. Der jetzige Chef der CSU-Landesgruppe bringt bereits viel Berlin-Erfahrung mit und kennt als ehemaliger CSU-Generalsekretär seine Partei aus dem Effeff. Zudem weiß er als ehemaliger Bundesverkehrsminister, was es bedeutet, in Ministerverantwortung auf einem schwierigen Posten zu stehen.

Doch bislang zeigt Dobrindt kein Interesse, von dem strategischen und im Handeln sehr freien Posten des Landesgruppenchefs wieder in die Kabinettsdisziplin zurückzukehren. Allerdings ist dieser Weg regelmäßiges Schicksal der Landesgruppenvorsitzenden.

Auch Michael Glos musste 2005 gegen seinen Wunsch das Amt des Bundeswirtschaftsministers übernehmen. Sein Nachfolger Peter Ramsauer wechselte später ebenfalls von der Spitze der Landesgruppe ins Kabinett - gut vorstellbar also, dass im Fall eines vorzeitigen Seehofer-Rückzugs Dobrindt in die Pflicht genommen wird. (mgb/dpa/afp)

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