• Die Ampel-Koalition ruft ein Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen aus, will aber nicht die Steuern erhöhen und ab 2023 die Schuldenbremse einhalten.
  • Opposition und Verbände werfen SPD, Grünen und FDP deshalb vor, ihre Vorhaben nicht solide finanzieren zu können.
  • Die Ampel setzt auf private Investitionen und hofft nicht zuletzt auf einen kräftigen Wirtschaftsaufschwung.

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An Ambitionen mangelt es den Ampel-Parteien keineswegs. In ihrem Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP sich einiges vorgenommen. Sie wollen die Wirtschaft klimagerecht transformieren, die Verkehrsinfrastruktur auf Vordermann bringen. Sie wollen mehr Geld für Bildung und Forschung ausgeben, die Renten stabil halten, die Kinderarmut mildern, bis 2030 sogar die Obdachlosigkeit "überwinden". Nicht zu schweigen von der Corona-Pandemie, die den Staatshaushalt weiter belasten wird.

Das alles soll – darauf besteht die FDP – ohne Steuererhöhungen und ab 2023 ohne neue Schulden gelingen. Und das klingt ein bisschen nach der Quadratur des Kreises.

SPD-Politiker Dennis Rohde: "Haben das solide durchfinanziert"

"Wir werden die 2020er Jahre zu einem Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen machen, und dafür nehmen wir viel Geld in die Hand", sagt der SPD-Politiker Dennis Rohde auf Anfrage unserer Redaktion. Er war bei den Koalitionsverhandlungen Mitglied der Arbeitsgruppe Finanzen und Haushalt. "Genau diese Zukunftsinvestitionen haben wir solide durchfinanziert", ist er überzeugt.

Von der Opposition kommt so deutlicher wie erwartbarer Widerspruch: Die Ampel stehe bei Investitionen auf Rot, teilte die Linken-Vorsitzende Janine Wissler mit. "Denn im Kapitel Finanzen wird deutlich, dass sich diese Koalition den Geldhahn selbst zugedreht hat."

Ralph Brinkhaus vermisst "Finanztableau"

Auch Ralph Brinkhaus, Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, kritisiert einen sozialpolitischen "Ausgaben-Wumms". Die vielen Projekte der Ampel-Parteien seien finanziell überhaupt nicht untermauert, sagte er im "Deutschlandfunk". "Es gehört zu einem seriösen Vertrag, dass da auch ein Finanztableau dabei ist."

Union und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag 2018 die Kosten zentraler Projekte noch aufgeführt – zum Beispiel die Erhöhung von Kindergeld und Verteidigungsetat. Allerdings fiel auch dort das Kapitel zur Finanzierung nicht besonders komplex aus.

Kritik vom Städte- und Gemeindebund

Nicht nur die Opposition bezweifelt, dass sich die Ampel-Pläne umsetzen lassen. "Es werden viele richtige Ziele beschrieben, die konkrete Umsetzung – insbesondere die nachhaltige Finanzierung – ist teilweise vage", sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds der Deutschen Presse-Agentur. "Es bleibt zu hoffen, dass die Ampel die Leistungsfähigkeit unseres Staates und der Wirtschaft nicht überschätzt hat."

Die Ampel-Parteien hätten sich auf den "teuersten gemeinsamen Nenner geeinigt", kritisierte der Geschäftsführer des Bundesverbands Mittelständische Wirtschaft, Markus Jerger. "Die Zeche dafür werden die Betriebe und Bürger zahlen." Die verschiedenen Vorhaben, etwa der Ausbau erneuerbarer Energien, seien ohne Steuererhöhungen nur durch Neuverschuldung zu finanzieren, glaubt Jerger.

So will die Ampel ihre Pläne finanzieren

Wer soll das also alles bezahlen? Antworten geben die Ampel-Partner weit hinten, ab Seite 158 des Koalitionsvertrags. Dort räumen sie ein, dass die Ausgangslage im Bundeshaushalt "äußerst anspruchsvoll" ist. "Als Haushälter achten wir darauf, dass die dringend notwendige Modernisierung des Landes auch vernünftig und nachhaltig finanziert wird", sagt SPD-Politiker Dennis Rohde.

Erstens will die Ampel mehr privates Kapital aktivieren, das Unternehmen oder Bürgerinnen und Bürger in die Herzensprojekte von Roten, Grünen und Gelben investieren. "Wir brauchen vor allem private Investitionen in Klimaschutz und Transformation", sagt der FDP-Bundestagsabgeordnete Christian Dürr im Gespräch mit unserer Redaktion. Auch er hat den Koalitionsvertrag mitverhandelt.

Die staatliche Förderbank KfW soll bei privaten Investitionen mögliche Risiken absichern. Das macht sie auch jetzt schon, diese Rolle soll aber ausgebaut werden. Auch die Europäische Investitionsbank käme dafür in Betracht. "So verhindern wir auch, dass Förderprogramme aufgelegt werden, die an den Realitäten des Marktes vorbeigehen", sagt Christian Dürr.

Die FDP hat außerdem ihr "Super-Abschreibungsprogramm" in den Koalitionsvertrag geschrieben. Wer in Klimaschutz oder Digitalisierung investiert, soll die Ausgaben von der Steuerlast abziehen können.

Zweitens sollen neben der KfW auch die Deutsche Bahn und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zur Finanzierung von Zukunftsinvestitionen herangezogen werden. Damit würden diese Ausgaben aus dem Bundeshaushalt herauswandern. Der Ausbau des Bahn-Netzes werde zum Beispiel in erster Linie über die Bahn-Tochter DB Netz finanziert werden, sagt Christian Dürr.

Drittens will die Ampel an mehreren Stellen Geld "zusammenkratzen": Für das Jahr 2021 hatte die scheidende Bundesregierung geschätzte 100 Milliarden Euro für die Vergabe von Krediten vorgesehen, die nicht abgerufen wurden. Das Geld soll nun über einen Nachtragshaushalt in einen neuen Klima- und Transformationsfonds fließen.

Die Tilgung von Krediten, die der Bund für Bekämpfung und Folgen der Corona-Pandemie ausgegeben hat, will die Ampel an die Regeln des Corona-Fonds der EU anpassen. Das würde bedeuten: Sie müssten erst spätestens 2058 zurückgezahlt werden.

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Hoffen auf höhere Steuereinnahmen

Hinzu kommen Subventionen, die die Ampel streichen will. Den Kauf von Plug-In-Hybrid-Autos will die Ampel nicht mehr fördern. Insgesamt will die neue Koalition alle Ausgaben auf den Prüfstand stellen.

Ob das alles reicht? Die Ampel-Parteien werden zum Teil auch vom Prinzip Hoffnung geleitet. Man bekomme größere Spielräume durch den prognostizierten wirtschaftlichen Aufschwung, sagt SPD-Politiker Dennis Rohde.

Der jüngsten Steuerschätzung zufolge können Bund, Länder und Kommunen bis einschließlich 2025 mit insgesamt rund 180 Milliarden Euro mehr rechnen als man noch im Mai geglaubt hatte. Allerdings müsste dafür die Konjunktur mitspielen – und damit auch das Coronavirus.

Quellen:

  • Schriftliches Statement von Dennis Rohde, SPD
  • Gespräch mit Christian Dürr, FDP
  • Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP
  • Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD (2018)
  • Die-Linke.de: Die Ampel steht bei Investitionen auf Rot
  • Deutschlandfunk.de: Zuviel Rot-Grün bei Ampel? – Interview Ralph Brinkhaus, Unions-Fraktionschef
  • Bundesfinanzministerium.de: Scholz: "Steuerschätzung bestätigt unseren Kurs und macht Mut für die Zukunft"
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