Außen- und Europapolitiker sehen Chancen für eine Verbesserung des Verhältnisses zwischen der EU und der Türkei. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wisse, dass sein Land "vor gewaltigen ökonomischen Herausforderungen steht", sagte der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU), den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. "Dieses Momentum muss die EU jetzt aufnehmen. Wir wollen eine enge Partnerschaft zwischen Nachbarn und Nato-Verbündeten, aber die Türkei muss jetzt liefern."

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Dass Ankara etwa nach monatelanger Blockade grünes Licht für den Nato-Beitritt Schwedens gegeben habe, sei ein positives Zeichen. Dies könne "der Anfang für eine bessere Zusammenarbeit in den nächsten Jahren sein", sagte Weber.

Kein EU-Beitritt der Türkei

"Wir können ökonomisch mit der Aufwertung der bestehenden Zollunion für beide Seiten viel erreichen." Einen EU-Beitritt der Türkei schließt Weber hingegen weiter aus. "Der Beitritt wird nicht kommen und die Debatte darüber sollte nicht mehr länger eine Belastung für das Verbessern des praktischen Miteinanders sein", sagte der CSU-Politiker.

Der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid sagte der Mediengruppe Bayern, es sei zwar verfrüht, von einer Änderung der Politik Erdogans zu sprechen. "Aber wir bemerken eine Beruhigung, Erdogan braucht eine Atempause", sagte Schmid. "Er ist auf den Westen angewiesen und scheint bemüht, das angespannte Verhältnis zu Europa, der Nato, zu Griechenland und Zypern aufzuhellen." Diese Chancen müsse Europa nutzen. Um etwa bei der Visa-Liberalisierung oder der Zollunion voranzukommen, bedürfe es aber substanzieller Änderungen etwa mit Blick auf die Rechtsstaatlichkeit in der Türkei.

Beziehungen sollen in Schwung kommen

"Die Türkei braucht in der jetzigen wirtschaftlichen Situation alle Hilfe, die sie bekommen kann", sagte auch der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Ulrich Lechte. Zugleich warnte er: "Erdogan ist und bleibt ein Autokrat, der die Demokratie zu seinem Vorteil nutzt und Unbequemes schleift."

EU-Ratspräsident Charles Michel hatte am vergangenen Montag nach einem Treffen mit Erdogan erklärt, die Europäische Union und die Türkei seien darum bemüht, ihre Beziehungen "wieder in Schwung bringen". Am Freitag äußerte auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) seine Hoffnung auf eine Annäherung zwischen der EU und Ankara.

Erdogan hatte kurz vor dem Nato-Gipfel in dieser Woche kurzzeitig die Wiederaufnahme der EU-Beitrittsgespräche mit seinem Land zur Bedingung für seine Zustimmung zum Nato-Beitritt Schwedens gemacht. Die Verhandlungen der Türkei mit der EU liegen seit Ende 2016 auf Eis. Erdogan lenkte aber schließlich ein und gab grünes Licht für den Beitritt Schwedens zu dem Militärbündnis, den er zuvor 14 Monate lang blockiert hatte.   © AFP

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