Die finanzielle Lage in vielen Großstädten ist angespannt. Kurz vor der Bundestagswahl fordert der Deutsche Städtetag eine "Trendwende bei den Kommunalfinanzen". Dazu gehört auch ein politisch heikles Thema.

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Markus Lewe wählt deutliche Worte. Der Oberbürgermeister der Stadt Münster spricht von "ziemlich erschreckenden Ergebnissen", einer "dramatischen Lage" und einer "Zeit großer Verunsicherung". Lewe ist nicht nur Kommunalpolitiker. Er ist auch Präsident des Deutschen Städtetags. Am Montag sitzt er zusammen mit seinen Stellvertretern, den Oberbürgermeistern von Leipzig und Bonn, Burkhard Jung und Katja Dörner, auf dem Podium der Bundespressekonferenz in Berlin.

Was sie vortragen, ist vor allem eines: ein Appell an die nächste Bundesregierung.

Der kommunale Spitzenverband hat eine Blitzumfrage zur Haushaltssituation in den 100 größten Städten durchgeführt. Eine zentrale Erkenntnis: Den Städten geht das Geld aus. So schätzen 95 Prozent der Städte ihre Haushaltslage in den kommenden fünf Jahren als "eher schlecht" (46 Prozent) oder "sehr schlecht" (49 Prozent) ein. "Die Zeit ausgeglichener kommunaler Haushalte gehört der Vergangenheit an", sagt der Münsteraner OB Lewe.

Auch reiche Städte wie München können nicht mehr investieren

Selbst reiche Städte wie München oder Heidelberg müssten Investitionssperren verhängen oder gleich große Einsparungen vornehmen. "Diesmal ist es wirklich ernst. Es ist sehr alarmierend", sagt Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung. Die Städte beklagen, dass die Sozialausgaben immer weiter steigen. Außerdem bekämen sie von Bund und Ländern fortlaufend neue Aufgaben zugewiesen – ohne die finanziellen Mittel dafür.

Bei der Pflege oder der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung werde die Lücke immer größer und "bringe viele städtische Haushalte an die Grenze", sagt die Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner. Höhere Kosten beklagen die Kommunen auch beim Bürgergeld oder dem Zuzug von Geflüchteten.

Ein Beispiel für eine neue kommunale Aufgabe ist der Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbetreuung. Ein politisches Projekt, das die Kommunen umsetzen müssen, obwohl es nicht "voll gegenfinanziert ist", wie der Deutsche Städtetag anmerkt. "Dadurch verschärft sich die kulturelle Unterfinanzierung und schränkt die kommunalen Handlungsspielräume weiter ein", sagt Dörner.

Die Folge: An Einsparungen führt kein Weg vorbei. Bürgerinnen und Bürger bekommen die schlechte Finanzlage zu spüren. Die Vertreter des Städtetags berichteten von Einsparungen bei Schwimmbädern, Sportvereinen, Bibliotheken oder Museen und bei der Ausstattung von Schulen. Städte müssten Bus- und Bahnlinien streichen. Personal müsse abgebaut werden. Das sorge dann für längere Bearbeitungs- und Wartezeiten bei Leistungen. Der Sparzwang werde ohne Gegenmaßnahmen noch steigen.

Kommunen warnen vor Steuerpolitik, die zu Einnahmenausfällen führt

Dass die kommunalen Vertreter sich weniger Tage vor der Bundestagswahl vor die Hauptstadtpresse setzen, ist kein Zufall. Sie haben konkrete Wünsche an die kommende Bundesregierung. Dazu gehören etwa ein höherer Anteil an Gemeinschaftssteuern wie der Umsatzsteuer, ein Verzicht auf eine Steuerpolitik, die zu Ausfällen in den Kommunalfinanzen führt und: eine Überprüfung der Schuldenbremse.

Gerade dieser Punkt ist politisch heikel. Zwar hat CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz in dieser Frage Gesprächsbereitschaft signalisiert. Doch in der Union gibt es viele, die an der strengen Auslegung der Schuldenbremse festhalten wollen. In einer Großen Koalition mit der SPD wäre eine Reform nach der Wahl aber möglich. Komplizierter wird es, wenn auch die FDP zur Regierungsbildung benötigt wird. Die Liberalen lehnen jede Änderung an der Schuldenbremse ab.

Auf dem Podium der Bundespressekonferenz spricht Städtetagspräsident Markus Lewe von einer "Investitionsoffensive", die das Land brauche. Lewe und seine Mitstreiter sagen es zwar nicht direkt, aber die Botschaft ist klar: Die Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form ist dafür ein Hemmnis.

Verwendete Quellen

  • Pressekonferenz in Berlin