Am 15. und 16. Januar wird die CDU auf einem digitalen Bundesparteitag den künftigen Parteivorsitzenden wählen. Die Stimmungslage unter den 1.001 Delegierten neigt sich Friedrich Merz zu. Dafür gibt es vier Gründe.

Dr. Wolfram Weimer
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht des Autors dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

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Die CDU erlebt eine spektakuläre Kampfabstimmung um den Parteivorsitz. Armin Laschet, Friedrich Merz oder Norbert Röttgen - wer wird CDU-Chef und damit der Favorit auf die nächste Kanzlerkandidatur? Anders als bei normalen Parteitagen finden die üblichen Sondierungen und Hintergrundabsprachen diesmal nicht in persönlichen Gesprächen statt. Informelle Begegnungen fallen weitgehend aus.

Deswegen kommt es jetzt unter den CDU-Delegierten zu intensiven Telefon-Sondierungen. Die unterschiedlichen Lager telefonieren Delegiertenlisten durch und tasten Gefolgschaften ab.

Friedrich Merz geht als Favorit in den CDU Parteitag

Dabei zeigt sich folgendes Bild: Friedrich Merz hat deutlichen Rückhalt in den ostdeutschen Landesverbänden und eine Mehrheit in Baden-Württemberg, Niedersachsen sowie Hamburg. Dazu stehen die Mittelständler, die Junge Union, Wertkonservative und der Wirtschaftsflügel weitgehend hinter ihm.

Armin Laschet hat in Schleswig-Holstein, im Saarland und - abgeschwächt - in Rheinland-Pfalz Rückhalt. Die Arbeitnehmerschaft sowie die Frauen-Union und der Merkel-Führungskreis neigen ebenfalls ihm zu. Die Landesverbände Hessen und Nordrhein-Westfalen sind gespalten. Summiert man die derzeitige Stimmungslage und Gefolgschaften, so kann Friedrich Merz mit rund 400 Delegiertenstimmen halbwegs sicher rechnen. Hinter Armin Laschet versammeln sich zum Jahresauftakt etwa 300 latente Stimmen.

Norbert Röttgen kann trotz seines Aufschwungs in Umfragen außerhalb der CDU kaum 100 Delegierte einigermaßen sicher mobilisieren. Rund 200 Delegierte sind noch unentschieden oder äußern ihre Neigung nicht. Damit geht Friedrich Merz als Favorit in den Parteitag. Dafür gibt es vier Gründe.

Vier Gründe, die für Friedrich Merz sprechen

Erstens hat Merz seit zwei Jahren kontinuierlich hohe Zustimmungswerte in Umfragen. Er liegt insbesondere bei bürgerlichen Wählern weit vor Armin Laschet - in den Umfragen der vergangenen Wochen deklassiert Merz seinen Konkurrenten Laschet regelrecht. Bei den Delegierten setzt sich damit die Ansicht durch, dass man mit einem derart unbeliebten CDU-Vorsitzenden Laschet keine Wahlen gewinnen könne. Von Merz wiederum erhoffen sich die CDUler, dass er viele Wähler, die in den vergangenen Jahren an die AfD verloren worden sind, zurückholen könne.

Zweitens steht Merz für hohe Wirtschaftskompetenz. Beim deutschen Mittelstand genießt er hohes Ansehen. Da durch die Corona-Pandemie nun aber die Konjunktur einbricht, Millionen in Kurzarbeit stecken und Arbeitsplätze bedroht sind, wird die Sehnsucht nach einem CDU-Vorsitzenden wie weiland Ludwig Erhard groß. Der Bundestagswahlkampf dürfte sehr davon geprägt werden, wer für die Deutschen die sicherste Aufschwungsperspektive verkörpert. Und da hat Merz klare Vorteile vor Laschet, der seine Stärken eher im Gesellschaftspolitischen hat, und Röttgen, dessen Kompetenz klar in der Außenpolitik liegt.

Die Wahl des Vorsitzenden ist eine Richtungsentscheidung

Drittens sehnt sich die Union nach Führungskraft. Gerade in der Krise wird starken Leitfiguren wie Markus Söder oder Friedrich Merz eher gefolgt als Kompromisslern und Integratoren wie Armin Laschet. Die klare Kanten von Söder und Merz sind zu normalen Zeiten latente Nachteile gegenüber weicheren Brückenbauern. In der Pandemie und Wirtschaftskrise aber hat die strenge Führungskraft deutliche Vorteile. Die hohen Umfragewerte für Söder und Merz spiegeln das wider - und auf die CDU-Delegierten macht das Eindruck.

Viertens geht es bei der Vorsitzendenwahl auch um eine Richtungsentscheidung. Laschet steht für die Fortführung des linksgeneigten Merkelkurses. Merz hingegen verkörpert CDU pur - insbesondere in der Migrations- und Wirtschaftspolitik. CDU pur freilich wünschen sich viele Unionisten zurück. Mit Angela Merkels Strategie, die CDU so weit nach links zu rücken, dass die SPD raubkopiert und überflüssig wirkt, hat Merkel sich zwar einen langen persönlichen, machtpolitischen Vorteil beschert. Die Union aber sucht und sehnt sich nach Identität, nach Profil und ihrem Wesenskern. Den verkörpert Friedrich Merz.

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