Teheran hat das Todesurteil gegen den Deutsch-Iraner Sharmahd jüngst bestätigt. Seine Tochter wirft der Bundesregierung nun vor, nicht genug in dem Fall zu unternehmen. Außenministerin Annalena Baerbock reagierte auf die Kritik.

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Nach der Bestätigung des Todesurteils gegen den Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd durch das Oberste Gericht im Iran hat seine Tochter Gazelle die Bundesregierung um Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) kritisiert. "Ich habe seit 1.000 Tagen davor gewarnt, dass das passiert. Dass mein Vater jetzt hingerichtet werden soll, ist das Resultat der Untätigkeit unserer Regierung", sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

"Wo waren denn die ernsthaften Konsequenzen, von denen Frau Baerbock gesprochen hat, als ein deutscher Staatsbürger entführt und in einem Schauprozess zum Tode verurteilt wurde?", fragte Gazelle Sharmahd.

Wenn das Todesurteil gegen ihren Vater nicht verhindert werde, könne sich niemand vor dem iranischen Regime sicher fühlen. "Wenn mein Vater nicht gerettet wird, echte Maßnahmen ergriffen werden, um sein Leben zu retten, dann können wir alle aufhören, von Menschenrechten zu sprechen."

In einer Nachricht an die Redaktion des "Spiegel" schrieb Gazelle Sharmahd zudem, dass der Iran zeigen wolle, "dass sie unschuldige Menschen, die nur geredet haben, die sich eingesetzt haben für andere, in den Iran verschleppen und ermorden können". Sollte man ihren Vater nicht retten, "dann geben wir dem Regime damit das Okay, das weiterhin zu tun".

Baerbock: "Setzen uns mit allen Kräften ein"

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock zeigte sich am Donnerstag schockiert über die Bestätigung des Todesurteils. Nach der Einbestellung des iranischen Botschafters werde der deutsche Botschafter in Teheran nun bei den dortigen Behörden protestieren, sagte Baerbock am Donnerstag in Salzburg bei einem Treffen der fünf deutschsprachigen Außenminister.

"Wir setzen uns als Bundesrepublik Deutschland in Berlin, aber auch in Teheran weiterhin mit allen Kräften für Herrn Sharmahd ein." Sie forderte den Iran erneut auf, das "absolut inakzeptable" und willkürliche Urteil rückgängig zu machen. Der 68-Jährige habe zu keinem Zeitpunkt den Ansatz eines fairen Prozesses erhalten.

Baerbock hatte die Bestätigung des Urteils gegen Sharmahd bereits am Mittwoch auf Twitter kommentiert. "Wir fordern Iran auf, dieses willkürliche Urteil unverzüglich rückgängig zu machen." Die Bestätigung des Todesurteils gegen Sharmahd sei inakzeptabel, schrieb die Bundesaußenministerin weiter. "Jamshid Sharmahd hatte zu keinem Zeitpunkt den Ansatz eines fairen Prozesses", so Baerbock.

Der deutsche Botschafter in Iran habe sofort eine Dienstreise abgebrochen und befinde sich auf dem Weg zurück nach Teheran, um bei den iranischen Behörden zu intervenieren.

Merz fordert Freilassung und Rückkehr ins "Heimatland Deutschland"

Auch CDU-Chef Friedrich Merz, der Sharmahds politische Patenschaft übernommen hatte, zeigte sich auf Twitter schockiert. "Ich fordere das Regime im Iran erneut auf, Jamshid Sharmahd sofort die Ausreise in sein Heimatland Deutschland zu ermöglichen!", schrieb Merz.

SPD-Chefin Saskia Esken sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa), die Bestätigung des Todesurteils entbehre jeder rechtsstaatlichen Grundlage und dürfe nicht hingenommen werden. Sie sprach von "mafiösen Mitteln" aus Teheran. "Wir müssen alle Hebel in Bewegung setzen, um die Hinrichtung von Jamshid Sharmahd abzuwenden", so Esken.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte die Bundesregierung auf, diplomatische Konsequenzen zu ziehen. "Die iranische Justiz hat hier erneut ihre menschenrechtswidrige Praxis angewandt, Todesurteile nach unfairen Gerichtsverfahren zu bestätigen", sagte Iran-Experte Dieter Karg laut Amnesty-Mitteilung.

Deutsch-Iraner wird Terroranschlag zu Last gelegt

Der in den USA lebende Oppositionelle Jamshid Sharmahd war im Sommer 2020 vom iranischen Geheimdienst in Dubai festgenommen und verschleppt worden. Seitdem sitzt er im Iran im Gefängnis.

Sharmahd engagierte sich in den USA in der Exil-Oppositionsgruppe "Tondar" (Donner), die sich für eine Rückkehr der Monarchie einsetzt. Ein Revolutionsgericht hat den 68-Jährigen unter anderem für einen Terroranschlag verantwortlich gemacht. Außerdem legte das Gericht ihm die Kooperation mit ausländischen Geheimdiensten zur Last. Überprüfen lassen sich die Vorwürfe nicht.

Am 21. Februar wurde er deshalb zum Tode verurteilt, am Mittwoch bestätigte das Oberste Gericht das Urteil endgültig. Die Hinrichtung könnte nach Einschätzung von Menschenrechtsgruppen bereits in den kommenden Wochen erfolgen. Todesstrafen werden im Iran normalerweise durch Erhängen vollstreckt.

Derzeit sind mehrere europäische Staatsbürger im Iran inhaftiert, viele von ihnen haben auch einen iranischen Pass. Der Iran behandelt Doppelstaatsbürger juristisch wie Iraner. Kritiker werfen Teheran vor, ausländische Staatsbürger als politische Geiseln festzusetzen. Der Iran weist die Vorwürfe zurück und begründet die Festnahmen üblicherweise mit dem Vorwurf der Spionage. (afp/dpa/thp/lko)

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