Eine klare Ansage an CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer, ein wenig Unverständnis für Friedrich Merz und – mal wieder – ein relativ klares Bekenntnis zu Bayern: Von Markus Söder waren im ARD-Sommerinterview nicht allzu viele deutliche Aussagen zu erhalten. Das hatte der Interviewer wohl geahnt und soufflierte die Antworten öfter mal gleich mit.

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Schon die erste Frage von Oliver Köhr war eher ein Witz: Der Leiter des ARD-Hauptstadtstudios fragte seinen Gast, ob der von sich aus sagen wolle "dass Ihr Platz in Bayern ist". Und wenig überraschend antwortete der bayerische Ministerpräsident Markus Söder brav: "Mein Platz ist in Bayern."

Dann erst hakte Köhr nach: Ob Söder denn 2021 wirklich nicht als Kanzlerkandidat der Union zur Verfügung stehe? Der blieb bei seinem Statement und präzisierte, zwar halte ihn eine Mehrheit der bayerischen Wähler für kanzleramtstauglich¸ doch wolle ihn gleichzeitig eine Mehrheit in Bayern haben.

Im Übrigen solle man sich nun nicht in Personalfragen "verhaken", sondern sich dem Kernproblem zuwenden – und das sei momentan und noch für länger Corona. Man verhakte sich dann trotzdem noch ein bisschen im Kandidatenthema – aber aus Söder war erwartungsgemäß nichts Präziseres herauszubekommen.

Sodass man dann eben doch über Corona reden musste. Köhr fragte nach der Meinung des Bayern zu den am Vortag in Berlin polizeilich aufgelösten Demonstrationen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen. Söder nutzte das zu einem Appell an die Bürger: Sie sollten sich Gedanken darüber machen, "wer da mit wem demonstriert".

Nach seiner Wahrnehmung reichte das Teilnehmerspektrum "von Verschwörungstheoretikern und von extrem rechts bis teilweise ganz links". Es gelte daher zusätzlich zu den derzeitigen "sehr, sehr geringen" Einschränkungen – "Maske tragen, Abstand halten" – eine weitere Maßnahme zu beherzigen: "geistigen Abstand wahren".

ARD-Sommerinterview: Testpflicht für Reiserückkehrer – "muss man nicht machen"

Söder plädierte dafür, die Einhaltung der Anti-Corona-Maßnahmen deutlich zu kontrollieren und ihre Missachtung zu bestrafen – etwa durch Kontrollen im öffentlichen Nahverkehr und in der Bahn.

Und er fordert eine schnelle und flexible Definition von Risikogebieten, nach deren Besuch Reisende sich verpflichtend auf Corona testen lassen müssen. Die Behörden müssten auf Veränderungen "sehr breit angelegt reagieren." Eine Testpflicht für alle Reiserückkehrer allerdings lehnt Söder ab – "das muss man nicht machen".

Nun wollte Oliver Köhr wohl ein bisschen provokativ erscheinen, warf Söder vor, er gebe oftmals den "harten Hund", habe aber später oftmals zurückrudern müssen. Beispiel Flüchtlingskrise, Beispiel Klimapolitik – zwei Bereiche, in denen der Franke tatsächlich scharfe Kehrtwenden vollzogen hat.

Den Vorwurf kontert der Bayern souverän staatsmännisch: Menschen, die niemals ihre Meinung änderten, meint er, könnten keine Probleme lösen.

Für die Pflege: mehr Geld und mehr Ausbildung

Auch der dann folgende Einspieler lief auf eine simpel zu beantwortende Frage hinaus: Wie denn die Stärkung der Pflege aussehen solle, die Söder angekündigt habe, fragt eine bayerische Pflegekraft. "Mehr Geld", ist Söders klare Antwort. Es brauche bessere Bezahlung und bessere Ausbildung und er unterstütze daher die für den Herbst geplante Pflegereform.

Dann also schnell zur – ebenfalls von Corona geplagten –Wirtschaft. In Bayern, stellte Köhr fest, gebe es mehr Kurzarbeit als in jedem anderen Bundesland. Und soufflierte mit seiner nächsten Frage mal wieder gleich die Antwort: ob man da wohl "die Kurzarbeit verlängern" müsse.

Ja, antwortet der wenig überraschend, die Kurzarbeit müsse man "auf jeden Fall verlängern." Und außerdem das beschlossene Konjunkturprogramm schnell umsetzen, die Binnennachfrage fördern und bestimmte Branchen zusätzlich unterstützen.

Ob Söder denn eine "Welle von Arbeitslosen" befürchte, schließt Köhr an. Ja klar , Söder befürchtet sogar, "dass noch schwierige Zeiten kommen", aber er weiß es nicht ganz sicher, denn "keiner kann es voraussagen."

Scheuers misslungener Bußgeldkatalog: "sehr ärgerlich"

Besonders tief geschürft wird in solchen Sommerinterviews selten, die Zeit ist ja auch viel zu kurz dafür, und so kann man auch Köhrs weitere Fragen und Söders weitere Antworten nahezu vollständig unter der Rubrik "nichts Neues" abhaken.

Wirecard ist zwar in Bayern beheimatet, doch der Skandal um die verschwundenen bzw. erfundenen Milliarden geht Söder nichts an: "Wir sind de facto nicht zuständig" und "es gab keinen Kontakt zu dieser Firma".

Auf die unerklärlich naive Frage Köhrs, ob Finanzminister Olaf Scholz nun etwas bei der Bankenaufsicht ändern müsse, war die Antwort dann auch nicht schwierig. Söder: "Das macht er gerade." Man konnte es schließlich seit Tagen in den Medien nachlesen.

Gut also – für den Interviewer wie für Markus Söder – dass es Andreas Scheuer gibt. Der glücklose Verkehrsminister, mittlerweile einmütig vom größten Teil der Medien zum Abschuss freigegeben, habe sowohl bei der Autobahnmaut wie beim neuen Bußgeldkatalog und nun auch noch beim Vorschlag einer europäischen Maut "keine gute Figur" gemacht, sagt Köhr. Und auch hier widerspricht Söder ihm nicht. Das mit dem Bußgeldkatalog sei "sehr ärgerlich, das muss jetzt geklärt werden".

Und auf eine neuerliche Suggestivfrage Köhrs, die nicht einmal mehr als Frage formuliert war: "Die neue Maut hätte man nicht vorschlagen müssen…" antwortet Söder knapp und schmallippig: "Hätte man nicht, nein."

Verständnis für Friedrich Merz? – "Eigentlich nicht so sehr"

Da nun die Zeit schon fast vorüber ist, kann man im ARD-Sommerinterview sogar noch kurz auf die Frauenquote zu sprechen kommen. Söder hatte eine Quotenregelung mit einigen Schwierigkeiten in der eigenen CSU durchgesetzt. Nun ärgert sich die Schwesterpartei mit dem Thema herum und Friedrich Merz hat sich recht skeptisch geäußert. Frage von Köhr: Kann Söder das verstehen?

Zum ersten Mal in diesem halbstündigen Interview zögert Söder da ein wenig und antwortet dann ein wenig gewunden. "Eigentlich nicht so sehr." Ist dem Bayern in diesem Moment möglicherweise aufgegangen, dass er vielleicht doch mal selber im Berliner Kandidatenbüro nach dem Rechten sehen müsste? Oliver Köhr fragte dann aber lieber nicht nochmal nach.

Bayern, Ministerpräsident, Markus Söder, München

Markus Söder verurteilt angesichts der zweiten Corona-Welle die "extremen Lockerer"

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder lässt an zwei Tatsachen keinen Zweifel: Die zweite Corona-Infektionswelle schleiche längst durch Deutschland. Und weitere Lockerungen verböten sich angesichts dieses bedenklichen Zustandes. (Teaserbild: Peter Kneffel/dpa)
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