- Die Zeiten sind nicht einfach, in denen der Außenminister von Russland und die Außenministerin von Deutschland zusammenkommen.
- Die Liste der Probleme ist lang. Beim Thema RT DE kommt es zur Konfrontation.
- Doch Annalena Baerbock (Grüne) und der erfahrene Sergej Lawrow bekennen sich bei dem Treffen in Moskau klar zum Dialog.
Bundesaußenministerin
"Jetzt ist es wichtig, den Normandie-Prozess wieder mit Leben zu füllen", sagte Baerbock - wie auch am Vortag bei ihrem Besuch in der Ukraine. Es sei gut, dass sich alle zum Minsker Friedensplan bekannt hätten. Der 2015 in der Hauptstadt von Belarus vereinbarte Friedensplan für den Konflikt im Osten der Ukraine liegt seit langem auf Eis. Die Ukraine und Russland werfen sich gegenseitig vor, gegen das Abkommen zu verstoßen. Berlin und Paris vermitteln.
Baerbock: "Wir sind bereit zu einem ernsthaften Dialog"
Baerbock sagte, dass es unterschiedliche Sichtweisen auf das Abkommen gebe. Sie wolle alles dafür tun, dass ein Treffen auf Normandie-Ebene rasch zusammenkomme. Lawrow stellte klar: "Für uns kommt es nicht darauf an, wann wir uns treffen, sondern warum wir uns treffen." Er warf Kiew einmal mehr vor, die Beschlüsse des vergangenen Treffens Ende 2019 in Paris nicht umgesetzt zu haben. Lawrow sagte, dass Russland Hilfe der USA bei einem Konflikt willkommen heiße, weil Washington den größten Einfluss habe auf das "Kiewer Regime".
Zu den von Russland geforderten Sicherheitsgarantien an den Westen sagte Baerbock: "Wir sind bereit zu einem ernsthaften Dialog über gegenseitige Vereinbarungen und Schritte, die allen in Europa mehr Sicherheit bringen." Die Gespräche des NATO-Russland-Rates und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) seien erste Schritte in der vergangenen Woche gewesen.
Lawrow erklärte, dass Russland jetzt auf schriftliche Vorschläge aus dem Westen warte. Russland hatte ein Ende der NATO-Osterweiterung gefordert und einen Verzicht auf Aufnahme der Ukraine in das Bündnis.
Die USA und die NATO beklagen seit Monaten einen massiven Aufmarsch russischer Truppen nahe der ukrainischen Grenze. Sie befürchten, dass Russland einen Einmarsch in das Nachbarland planen könnte. Russland wies dies mehrfach zurück. Baerbock meinte zu den russischen Soldaten an der Grenze: "Es fällt schwer, das nicht als Drohung zu verstehen." Lawrow entgegnete, es handele sich dabei um die eigenen Truppen auf eigenem Territorium, die Kampftrainings absolvierten.
"Deutschland hat ein fundamentales Interesse am Erhalt der europäischen Friedensordnung, in der für alle gleiche und verbindliche Regeln gelten und auf die sich alle verlassen können", sagte Baerbock. "Es wird keine Sicherheit in unserem Haus Europas geben, wenn es nicht gemeinsame Regeln gibt."
Baerbock und Lawrow auf Konfrontation wegen Staatssender RT DE
Konfrontativ aneinander gerieten Baerbock und Lawrow bezüglich Moskaus Staatsfernsehsender RT DE. Lawrow forderte die Bundesregierung auf, die ungehinderte Arbeit des Senders in Deutschland zu ermöglichen. Dagegen meinte Baerbock, dass es in Deutschland keinen staatlichen Rundfunk gebe. RT DE fordert eine Fernsehsender-Lizenz für ein deutsches Vollprogramm. In den USA, in Frankreich und anderen Staaten sendet RT.
Lawrow warnte seine deutsche Kollegin, dass eine Behinderung von RT Folgen haben werde. Das russische Außenministerium hatte wiederholt damit gedroht, dass ein Sendeverbot sich auf die Arbeit deutscher Medien in Russland auswirken werde. Details wurden nicht genannt.
RT-Vertreterin fordert von Lawrow Unterstützung - Baerbock betont Pressefreiheit in Deutschland
Baerbock wies auch Beschwerden einer RT-Vertreterin zurück, dass Mitarbeiter des Kanals in Deutschland bei ihrer Arbeit gehindert oder diskriminiert würden. "Dass es da staatliche Einmischung gibt, das ist nicht der Fall", sagte sie auch mit Blick auf eine Entscheidung der Video-Plattform Youtube, RT DE wegen der Verbreitung von Falschinformationen zu sperren.
Die RT-Vertreterin nutzte die Pressekonferenz, sich öffentlich darüber zu beklagen, dass das Arbeiten in Deutschland so schwer sei wie in keinem anderen Land. Sie forderte Lawrow zur Unterstützung von RT auf. Der Minister bestätigte, dass dies bereits der Fall sei.
Baerbock erwiderte, dass RT-Personal zur Bundespressekonferenz Zugang habe und etwa auch von Demonstrationen berichte. Es gebe stets Zugang zur journalistischen Tätigkeit, sagte Baerbock. Sie betonte, dass sich Deutschland der Pressefreiheit verpflichtet sehe.
Erstes persönliches Treffen Baerbocks mit dem russischen Außenminister
Es war das erste persönliche Treffen Baerbocks mit dem russischen Außenminister seit Amtsantritt der Bundesregierung im Dezember. Die Beziehungen zwischen Moskau und Berlin sind derzeit wegen verschiedener Konflikte auf einem Tiefpunkt. Es gebe keine Alternative zu einem guten Verhältnis zwischen Moskau und Berlin, sagte Lawrow. Ähnlich äußerte sich die Grünen-Politikerin.
Nach dem Mord an einem Georgier im Berliner Tiergarten im August 2019 hat ein Gericht einen Russen verurteilt und Moskau "Staatsterrorismus" vorgeworfen. Die beiden Länder wiesen gegenseitig Diplomaten aus. Deutschland macht Russland für Hackerangriffe auf den Bundestag 2015 verantwortlich sowie für den Anschlag auf den Kremlgegner Alexej Nawalny mit dem international geächteten chemischen Kampfstoff Nowitschok. Zudem ist Moskau verärgert über den Sendestopp für das deutsche Programm seines Staatssenders RT.
Vor der Begegnung hatte Baerbock einen Kranz am Grab des unbekannten Soldaten in Moskau niedergelegt - für die Opfer des Zweiten Weltkrieges. Das wird in Russland als wichtige Geste gewertet. Sie wisse um die "tiefe historische Dimension der Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern", sagte die Außenministerin und betonte: "Die historische Tiefe, auch der historische Schmerz zwischen unseren beiden Ländern ist immer auch Auftrag für Politik der Gegenwart und für zukünftige Generationen." (pak/dpa)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.