Breslau/Dresden - Vorsichtiges Aufatmen an der Elbe in Sachsen, banger Blick auf die Deiche der Oder im polnischen Breslau: Der Hochwasserscheitel der Elbe ist nach Angaben des Landeshochwasserzentrums am sächsischen Flussabschnitt angekommen.

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Am ersten Pegel Schöna an der Grenze zu Tschechien lag der Wert am Nachmittag bei etwa 6,50 Metern, bei langsam fallender Tendenz. Normal sind dort 1,58 Meter.

Auch in Dresden geht der Wasserstand Zentimeter für Zentimeter zurück. Die Hydrologen rechneten damit, dass er nach Mitternacht unter die Sechs-Meter-Marke sinkt - also unter den Wert für die zweithöchste Alarmstufe. Am Nachmittag waren es 6,07 Meter, der Normalwert für Dresden liegt bei 1,42 Meter.

Gebannt ist die Gefahr in Deutschland jedoch nicht. Derweil laufen in Hochwassergebieten der Nachbarländer die Aufräumarbeiten - und der Ruf nach EU-Mitteln zur Beseitigung der Schäden wird lauter.

Hochwasser hierzulande nicht überstanden

In Brandenburg ist ab kommender Woche bis zur Wochenmitte mit einer ernsteren Hochwasserlage an der Oder zu rechnen. Das Landesumweltamt schließt die höchste Alarmstufe vier nicht aus. Die Stadt Frankfurt (Oder) hat Schutzwände an der Uferpromenade aufgebaut. Auch Sandsäcke liegen bereit. Wachdienste für die Deiche sind organisiert - sie gehen die Schutzanlagen ab, wenn sich die Lage verschärft.

In Brandenburg wird am Sonntag der Landtag neu gewählt, so dass sich die Politik wohl auch beim Umgang mit der Hochwasser-Situation keine Fehler erlauben will.

In Sachsen-Anhalt steigen die Pegelstände an der Elbe weiter an - bleiben aber unter den Alarmstufen. In Bayern gab es bereits am Mittwoch Entwarnung.

So ist die Lage in Mittel- und Südosteuropa

In den meisten vom Hochwasser betroffenen Regionen in Mittel- und Südosteuropa läuft das große Aufräumen: Schutt und Schlamm werden von den Straßen geschoben oder aus Häusern entfernt. Andere retten, was noch zu retten ist. Auch das Militär ist mit im Einsatz.

Noch ist das Ausmaß der Schäden unklar. Das Europaparlament drängt deshalb auf mehr EU-Unterstützung. Es sei notwendig, das EU-Katastrophenschutzverfahren mit mehr Ressourcen auszustatten, fordert eine Mehrheit des Parlaments. Der tschechische Finanzminister Zbynek Stanjura rechnet dieses Jahr mit staatlichen Mehrausgaben wegen der Katastrophe von bis zu 1,2 Milliarden Euro.

Milliarden aus Brüssel

"Die dringlichste Frage ist natürlich, ob wir mit finanziellen Mitteln für die Reparatur und den Wiederaufbau helfen können", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Abend in Polen. Und sie versichert: "Europa ist an Eurer Seite." Dafür sollen etwa Mittel aus bestehenden EU-Fonds genutzt werden. So soll es möglich sein, zunächst zehn Milliarden Euro aus sogenannten Kohäsionsmitteln zur Verfügung zu stellen, sagte die Deutsche bei ihrem Besuch in Breslau (Wroclaw).

Diese sind einer der größten Posten im Gemeinschaftsetat der EU. Mit den Kohäsionsgeldern wird eigentlich wirtschaftlich schwach entwickelten Regionen beim Wachstum geholfen, um ökonomische und soziale Unterschiede auszugleichen.

Mindestens 23 Tote

Inzwischen stieg die Zahl der Todesopfer auf insgesamt mindestens 23. In Tschechien werden noch mindestens acht Menschen vermisst. Der britische König Charles III. zeigte sich erschüttert: "Meine Frau und ich sind zutiefst schockiert und traurig über die Zerstörung und Verwüstung, die von den katastrophalen Überschwemmungen in Mitteleuropa hervorgerufen wurden", hieß es in einer Mitteilung des Palasts in London.

Tschechien

In Tschechien erreichte die Elbe in Usti (Aussig) unweit der Grenze zu Sachsen ihren Höchststand bei knapp über 6,8 Metern - normal sind rund 2 Meter. Die Schutzwände hielten den Wassermassen stand. In den Katastrophengebieten im Osten des Landes halfen Feuerwehrleute, Soldaten und Gefängnis-Insassen bei den Aufräumarbeiten. Die Beseitigung der Schäden könnte nach Einschätzung von Präsident Petr Pavel Jahre dauern. Eine wichtige Staatsstraße wurde wegen Unterspülung selbst für die Rettungskräfte gesperrt. Die Polizei sprach von weiteren Fällen von Plünderungen.

Polen

In Polen hatte die Hochwasserwelle in der Nacht zu Donnerstag die niederschlesische Stadt Breslau erreicht. Der Wasserstand betrage 6,38 Meter, sagte Bürgermeister Jacek Sutryk dem Sender TVN24. Ein Pegelstand von 6,30 bis 6,40 Meter werde sich länger halten. Normal ist ein Wasserstand von etwas mehr als 3 Metern. Die jetzige Flutwelle ist deutlich niedriger als beim Oder-Hochwasser 1997, als der Wasserstand 7,24 Meter erreichte.

Regierungschef Tusk warnte bei einer Sitzung des Krisenstabs davor, die Situation zu unterschätzen. "Es ist zu früh, um den Sieg über das Hochwasser bei Breslau zu verkünden." Man müsse die Lage weiter im Auge behalten. Das Hochwasser bei Breslau könnte laut Prognosen bis Montag anhalten - die Hoffnung ist, dass die Deiche halten. Deutschland bot Polen einen Hilfseinsatz von Soldaten in den Hochwassergebieten an. Details dazu seien aber noch nicht vereinbart, teilte das Verteidigungsministerium mit.

Österreich

Auch in Österreich wird der Reparatur der Schäden nach dem Hochwasser wohl sehr lange Zeit in Anspruch nehmen. Die Ministerpräsidentin des besonders betroffenen Bundeslands Niederösterreich, Johanna Mikl-Leitner, geht inzwischen davon aus, dass der Wiederaufbau der zerstörten Regionen "nicht Tage, Wochen oder Monate, sondern Jahre dauern" werde. Sie halte dafür einen "nationalen Schulterschluss" für notwendig, sagte sie.

Inzwischen entspannt sich die Situation weiter, allerorts gehen die Pegelstände zurück. Rund 300 Gebäude können im besonders betroffenen Niederösterreich weiter nicht betreten werden. Die Zahl lag vor wenigen Tagen noch bei 1400.

Slowakei

In der Slowakei entspannt sich die Hochwassersituation im Westen des Landes um die Hauptstadt Bratislava, während der Pegel der Donau weiter südöstlich noch steigt. In Komarno an der ungarischen Grenze wurde die Scheitelwelle für Freitag erwartet. Dort verstärken auch Nebenflüsse aus dem Norden der Slowakei die Wassermassen der Donau.

Im Stadtzentrum von Bratislava hat die Donau am Mittwochabend ihren Höchststand mit über 9,8 Metern erreicht und fällt seitdem stetig. Am Donnerstagvormittag wurden noch 9,3 Meter gemessen. Der normale Wasserstand liegt im Durchschnitt bei 3 Metern.

Italien

In Italien hatte vor allem die Region Emilia-Romagna im Norden des Landes unter heftigem Regen zu leiden. In mehreren Städten wie Ravenna, Forlì oder Castel Bolognese stand Wasser in den Straßen, weil Flüsse über die Ufer traten. Mehrere Hundert Menschen wurden aus ihren Häusern evakuiert und in Aufnahmezentren gebracht.

Aus Sicherheitsgründen blieben in der Regionalhauptstadt Bologna und anderswo viele Schulen geschlossen. Zudem riefen die dortigen Behörden die Menschen auf, besser zu Hause zu bleiben.

In der Lagunenstadt Venedig wurde erstmals nach den Sommerferien das System "Mose" aus stählernen Barrieren zum Schutz vor Hochwasser in Betrieb genommen.

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