- Der harte Lockdown in der Corona-Pandemie geht weiter - und das sogar verschärft.
- Aber machen wirklich alle Länder mit? Uneinigkeit herrscht vor allem in einem Punkt.
Bereits unmittelbar nach dem Bund-Länder-Beschluss zur Verlängerung und Verschärfung des Lockdowns in Deutschland steht dessen bundesweit einheitliche Umsetzung infrage.
Umstritten ist vor allem die vereinbarte Einschränkung des Bewegungsradius auf 15 Kilometer in Corona-Hotspots. Die schärferen Kontaktbeschränkungen und ihre Kontrollierbarkeit sorgen ebenfalls für Diskussionen. Auch bei der Verlängerung der weitgehenden Schließung von Schulen und Kitas deutete sich bei den Beratungen der Landesregierungen ein unterschiedliches Vorgehen an.
Die Bundesregierung verteidigte die Verschärfung der Beschränkungen. Es gehe darum, Kontakte "auf das absolute Minimum" zu beschränken, sagte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer. "Und gleichzeitig soll aber sichergestellt werden, dass niemand ganz alleine bleiben muss."
Demmer räumte ein: "Das sind harte Regelungen. Die treffen auch Kinder besonders hart." Die Schließung von Schulen und Kitas stelle für Familien eine große Herausforderung dar. "Aufgrund der hohen Infektionszahlen blieb aber keine andere Lösung, als die Präsenzpflicht auch für die Schulen für die nächste Zeit aufzuheben."
FDP-Chef Lindner kritisiert Maßnahmen scharf
Scharfe Kritik kam vom FDP-Vorsitzenden
Hinsichtlich der Umsetzung kündigten Länder wie Baden-Württemberg, Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern am Mittwoch an, die Entscheidungen auf Ende der Woche zu vertagen. Berlin und Rheinland-Pfalz verlängerten den Lockdown samt verschärfter Kontaktbeschränkungen, zunächst aber ohne die 15-Kilometer-Regel.
Dagegen setzte das Kabinett in Bayern in einer Sondersitzung die neuen Regeln eins zu eins um. Dort wurden außerdem die diesjährigen Faschingsferien Mitte Februar gestrichen. Und Ministerpräsident
In Hamburg soll der verschärfte Lockdown schon von diesem Freitag an gelten. Die Landesregierung beschloss die neuen Regeln am Mittwoch - auch die Beschränkung der Bewegungsfreiheit, wie Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) mitteilte.
Nur noch Treffen mit einer haushaltsfremden Person erlaubt
Zudem sollen künftig Treffen nur noch mit einer weiteren Person, die nicht zum eigenen Haushalt gehört, möglich sein. Für Kreise mit mehr als 200 Neuansteckungen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen soll der Bewegungsradius der Bürger auf 15 Kilometer um den Wohnort begrenzt werden. Laut Beschlusspapier liegen derzeit mehr als 70 Land- und Stadtkreise über diesem Wert.
Vielerorts gibt es Bedenken hinsichtlich der 15-Kilometer-Regel. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte dazu schon am Dienstagabend: "Aktuell planen wir das nicht."
Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte, es sei eine gesonderte Begründung zur Verhältnismäßigkeit der Regel nötig. "Das ist für uns Teil des Prüfprogramms, ob und wann die Regelung zur Anwendung kommt, am liebsten gar nicht."
Nordrhein-Westfalens Vize-Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) bezeichnete die 15-Kilometer-Regelung lediglich als "Möglichkeit" für besonders vom Coronavirus betroffene Regionen. Dieser Schritt müsse jeweils mit dem Landesgesundheitsministerium besprochen werden.
Sachsen hat Erfahrung mit dem eingeschränkten Bewegungsradius
Den eingeschränkten Bewegungsradius gibt es bislang nur in Sachsen, wo die Zahl der Neuinfektionen in den vergangenen drei Monaten stark gestiegen war. Hier dürfen sich die Bürger maximal 15 Kilometer von ihrem Wohnort entfernen, etwa um Sport zu treiben oder zum Einkauf. Im ähnlich schwer betroffenen Thüringen blieb es zunächst nur bei einer Empfehlung, den 15-Kilometer-Radius einzuhalten.
Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) sagte dazu dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Man kann die Einschränkung nicht flächendeckend kontrollieren, sondern nur stichprobenartig." Deshalb habe er sich dagegen ausgesprochen.
Auch Polizeigewerkschafter äußerten Zweifel an der Durchsetzbarkeit. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund sieht ebenfalls Probleme bei der Kontrollierbarkeit. "Klar ist, dass in Gebieten mit sehr hohen Inzidenzen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden müssen", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der "Rheinischen Post".
Es sei aber fraglich, ob ein eingeschränkter Bewegungsradius durch die vielen Ausnahmen letztlich Wirkung entfalten werde. Die Verlängerung des Lockdowns an sich begrüßte der Verband.
Unterschiedliches Vorgehen auch beim Lockdown für Schulen und Kitas
Auch beim Lockdown für Schulen und Kitas zeichnet sich ein differenziertes Vorgehen der Länder ab. Diese nutzen zum Teil die vorgesehenen Spielräume.
So will zum Beispiel Baden-Württemberg Grundschulen und Kitas schon ab dem 18. Januar wieder aufmachen, wenn die Infektionszahlen dies zulassen. Auch in Niedersachsen sollen Grundschüler im Wechselbetrieb ab 18. Januar wieder in die Schule kommen. In Nordrhein-Westfalen bleiben Kitas grundsätzlich geöffnet, die Eltern werden lediglich gebeten, ihre Kinder nicht zu bringen.
Wie das Robert-Koch-Institut (RKI) bekanntgab, meldeten die Gesundheitsämter am Mittwochmorgen 21.237 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages. Außerdem wurden 1.019 neue Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus innerhalb von 24 Stunden verzeichnet.
Eine Interpretation der Daten bleibt schwierig, weil um Weihnachten und den Jahreswechsel Corona-Fälle laut RKI verzögert entdeckt, erfasst und übermittelt wurden. Es wurde deutlich weniger getestet. Die Zahl der gemeldeten Geimpften stieg auf nun mindestens 367.331 Menschen. © dpa
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