Hessen und Baden-Württemberg wollen ein Handyverbot an Schulen. Die Vorstöße aus den beiden Bundesländern befeuern eine Debatte, die seit Jahren nicht nur Eltern, Lehrer und Schüler, sondern auch die Politik bewegt.
Smartphones nehmen inzwischen viel Zeit im Leben von Kindern und Jugendlichen ein – zu viel Zeit, finden die Bildungsminister einiger Bundesländer und wollen an Schulen die private Handynutzung stärker einschränken. Bisher regeln die Bildungseinrichtungen den Umgang mit Handys meist selbst.
Vorstöße von Baden-Württemberg und Hessen haben neue Bewegung in das Thema gebracht. Stuttgart hatte am Mittwoch eine gesetzliche Regelung mit klaren Leitplanken für den Umgang mit Smartphones an Schulen angekündigt. Hessen gab einen Tag später bekannt, dass ab dem kommenden Schuljahr die private Nutzung von Handys in Schulen grundsätzlich verboten werden soll.
Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) warnt etwa vor negativen Folgen für Kinder und Jugendliche für die Konzentrationsfähigkeit, das Lernvermögen und vor Cybermobbing. Hessens Bildungsminister Armin Schwarz (CDU) sagt, Kinder und Jugendliche müssten frei von Ablenkung und Ängsten lernen können. "Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie sich eine ausufernde Smartphone-Nutzung mit teilweise verstörenden Inhalten auf Social Media weiter negativ auf die psychische Gesundheit und Lernfähigkeit junger Menschen auswirkt."
Da Bildung in der Kompetenz der Bundesländer liegt, gibt es keine bundesweiten Vorgaben zur Handynutzung an Schulen. In Berlin beraten die Bildungsminister der Länder an diesem Donnerstag und Freitag turnusgemäß über bildungspolitische Fragen. Das Thema Smartphones in der Schule steht zwar nicht auf der offiziellen Tagesordnung, wurde aber beim traditionellen Kamingespräch am Vorabend der Konferenz diskutiert. Dazu waren auch Experten eingeladen, wie ein Sprecher bestätigte. Beschlüsse über bundesweite Vereinbarungen seien für das laufende Treffen aber nicht geplant.
Zunächst keine bundeseinheitliche Regelung geplant
Theoretisch können sich die Länder in der Bildungsministerkonferenz auf gemeinsame Standards verständigen. Konkret entschieden wird wegen des Bildungsföderalismus am Ende aber immer im jeweiligen Bundesland, etwa durch Änderungen des dortigen Schulgesetzes.
Die Präsidentin der Bildungsministerkonferenz und Bildungsministerin Mecklenburg-Vorpommerns, Simone Oldenburg (Linke), sagt: "Bildung ist Ländersache. Es gibt rechtlich keine Möglichkeit, bundeseinheitlich etwas festzulegen. Wir sind weiter im sehr konstruktiven Austausch."
In der Diskussion geht es auch um die Frage, wie weit Regeln zur Einschränkung einer Smartphone-Nutzung an Schulen gehen sollen und welche Ausnahmen nötig sind. Denn erklärtes Ziel der Bildungspolitik ist es auch, dass Kinder und Jugendliche einen kritischen und sinnvollen Umgang mit digitalen Medien lernen. Das lässt sich ohne eine Einbindung von Smartphones und Tablets in den Unterricht nur schwer umsetzen.
"Eine Unterscheidung zwischen privater und schulischer Nutzung ist weder praktikabel noch von den Lehrkräften durchsetzbar", heißt es etwa vom Digitalverband Bitkom. "Statt pauschale Verbote auszusprechen, sollten Schulen gezielt dabei unterstützt werden, Medienkompetenz zu vermitteln und digitale Technologien sinnvoll in den Unterricht zu integrieren."
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Überblick über die bisherigen Regelungen und Pläne in einigen Bundesländern
- Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen sind die Schulen selbst für Regeln zur Handynutzung verantwortlich. Das Schulministerium arbeitet nach eigener Aussage aber an neuen Vorgaben. Ziel sei, dass alle Schulen zu verbindlichen und altersgerechten Regelungen kommen.
- Länder wie Sachsen-Anhalt, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin oder Hamburg verweisen auf die Entscheidungskompetenzen der Schulen. Landesweite Verbote sind nicht geplant. Pauschale Verbote würden einen pädagogischen Umgang und eine Kompetenzförderung auf allen Seiten eher verhindern, heißt es etwa aus Sachsen.
- In Brandenburg hat das BSW im Koalitionsvertrag mit der SPD eine Art Handyverbot im Unterricht durchgesetzt. "Private digitale Endgeräte der Schülerinnen und Schüler sind während des Unterrichts in den Taschen oder Schließfächern zu verstauen." Dazu arbeitet das Bildungsministerium gerade an einer Verwaltungsvorschrift.
- Niedersachsen ist gegen ein generelles Handyverbot, Kultusministerin Julia Willie Hamburg befürwortet aber starke Einschränkungen an Grundschulen. Die Grünen-Politikerin ist zudem für länderübergreifende Absprachen.
- In Thüringen sollen Handys aus dem Schulalltag an Grundschulen weitgehend verbannt werden. Nach Angaben des Thüringer Bildungsministeriums ist das bereits jetzt in etlichen Schulen so, es soll dazu aber auch noch eine Vorgabe aus dem Ministerium geben.
- Hessen will ab dem Schuljahr 2025/26 die private Nutzung von Handys in Schulen grundsätzlich verbieten. Die Geräte sollen aber weiter dorthin mitgenommen werden dürfen, etwa für Notfälle, und sie sollen im Unterricht erlaubt bleiben, wenn Lehrer oder Schulen dies gestatten.
- Baden-Württemberg plant eine Änderung des Schulgesetzes. Schulen sollen verpflichtet werden, sich Regeln im Umgang mit Smartphones zu geben. Die Details dazu werden noch erarbeitet.
- In Bayern können sich Schulen oberhalb der Grundschule eine eigene "Nutzungsordnung" für die private Nutzung von Handys geben, ansonsten gilt grundsätzlich ein Handyverbot. An Grundschulen sind Smartphones außerhalb des Unterrichts tabu.
In anderen europäischen Ländern sind Handys – mit unterschiedlichen Regelungen – bereits weitgehend aus dem Schulalltag verbannt oder entsprechende Regelungen stehen unmittelbar vor der Umsetzung. Das gilt etwa für Italien, Dänemark, Österreich, die Niederlande, Griechenland oder Frankreich. (dpa/bearbeitet von tar)