Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) beobachtet eine Entwicklung, die Sorgen bereitet: Immer häufiger bricht bei Ahornbäumen die sogenannte Rußrindenkrankheit aus – begünstigt durch den Klimawandel. Nicht nur für die Baumbestände, sondern auch für den Menschen kann das Folgen haben.
Als wäre ein Teil des Stammes angebrannt – so sieht es aus, wenn der Cryptostroma corticale Bäumen befällt. Die Sporen des Pilzes lösen bei Ahornbäumen die sogenannte Rußrindenkrankheit aus. Laut der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) sind immer mehr Bäume betroffen, vor allem Bergahorn, aber auch Feldahorn, Spitzahorn und Silberahorn. Die Krankheit hat Folgen für die Natur und unter Umständen auch für Menschen.
"Der Pilz wurde aus Nordamerika eingeschleppt, wo er als Saprophyt, also als klassischer Zersetzerpilz, bekannt ist", erklärt Nicole Burgdorf vom LWF im Gespräch mit unserer Redaktion. Dort käme er bei Zuckerahorn vor, vor allem bei gefällten und abgestorbenen Bäumen. "Da die Krankheit aber nach Europa beziehungsweise Deutschland eingeschleppt wurde, und Wirtspflanze und Pilz sich nicht 'kennen', verhält es sich hier anders als in Nordamerika."
Klimawandel führt zu vermehrten Ausbrüchen der Rußrindenkrankheit
Der Pilz kann Ahornbäume befallen und krank machen. Wahrscheinlich könne er viele Jahre symptomlos dort überdauern, sagt Burgdorf. "Die latente symptomlose Verbreitung des Erregers der Rußrindenkrankheit lässt sich mit dem Menschen und dem Herpesvirus vergleichen: Ein Großteil der Menschen trägt das Virus in sich, aber bei vielen kommt es nicht zum Ausbruch."
Anfangs war die Rußrindenkrankheit noch eine Rarität: In dem sehr trockenen und heißen Jahr 2003 sei sie zum ersten Mal in Deutschland in Baden-Württemberg im warmen Rheingraben entdeckt worden, erklärt die Waldschutz-Expertin. "Seit 2018 gab es dann in Bayern erste Befunde der Rußrindenkrankheit, vor allem im Raum Würzburg und im urbanen Umfeld gab es seitdem vermehrt Fälle, weil Bäume in städtischen Bereichen stärker exponiert sind und häufig dem Einfluss von Trockenheit und Hitze mehr ausgesetzt sind." Zu den Hotspots zählen die Regionen Würzburg, Kitzingen und Schweinfurt und generell Bereiche auf der fränkischen Platte. Dort habe es vermutlich infolge der heißen Jahre 2018 und 2019 immense Ausbrüche gegeben. "Aber auch in München, Passau oder in Landsberg am Lech haben wir Fälle der Krankheit dokumentiert", sagt Burgdorf.
Erst durch Hitze und Trockenstress bricht die Krankheit aus. Deshalb führt das LWF die vermehrten Ausbrüche auf den Klimawandel zurück. Sei ein Baum befallen und in seiner Vitalität geschwächt, sei er anfälliger und bei einer bereits bestehenden Infektion entwickelten sich Hyphen vom Inneren des Holzkörpers aus weiter nach außen in die Rindenbereiche. "Wenn die Hyphen die Rindenbereiche erreichen, bilden sich unter der Rinde flächige, schwarze Sporenlager aus. Die Rinde bricht auf, es bildet sich ein rußig schwarzer Belag aus und diese Sporen werden in unglaublich großer Anzahl freigesetzt", beschreibt Burgdorf.
LWF rechnet mit weiterer Verbreitung der Rußrindenkrankheit
Das Fatale daran: Durch den fortschreitenden Klimawandel lässt sich der Pilz nicht einfach aufhalten. "In den kommenden Sommermonaten wird die Krankheit auch zunehmend bei bisher gesunden Bäumen auftreten, denn vor allem im Juni und Juli ist die Sporenausbildung des Pilzes besonders hoch", prognostiziert Andreas Hahn, Leiter der Abteilung Waldschutz der LWF, in einer Mitteilung.
Auch Burgdorf zeigt sich besorgt – besonders was den Bergahorn angeht. Man könne den Erreger der Rußrindenkrankheit auch schon über PCR-Diagnostik bei symptomlosen Bergahorn-Bäumen nachweisen, sagt sie. Und viel machen könne man nicht gegen die Krankheit. Ihre Hoffnung ist, dass in kühleren Regionen Bayerns und insbesondere im Voralpenraum, wo der Bergahorn auf seinem Optimalstandort stehe, zukünftig keine Gefährdung für ein flächiges Auftreten der Krankheit bestehe.
Zudem gibt es laut Burgdorf bereits Hinweise darauf, dass der Pilz womöglich noch andere Baumarten befallen kann. So habe es in Nordamerika erste Fälle an der Rosskastanie gegeben, die mit der Gattung Ahorn nah verwandt sei. Dem geht das LWF derzeit bei einem Wirtspflanzen-Versuch im Raum Würzburg nach. "2018 haben wir insgesamt 15 Ahorn-Arten ausgepflanzt und wollen nun überprüfen, inwiefern diese vom Erreger der Krankheit unter natürlichen Infektionsbedingungen befallen werden können."
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Pilzsporen können auch gesundheitliche Folgen für Menschen haben
Müssen sich Menschen Sorgen um ihre Gesundheit machen, wenn sie zum Beispiel im Wald spazieren gehen? Nein, sagt Sabine Kespohl. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung der Ruhr-Universität Bochum (IPA) erklärt im Gespräch mit unserer Redaktion: "Wer im Wald spazieren geht, wird keine gesundheitlichen Gefahren zu befürchten haben, es sei denn, man ist vorerkrankt und das Immunsystem ist geschwächt, beispielsweise durch bestimmte Therapien nach einer Krebserkrankung."
Anders sei das bei Expositionen, die im beruflichen Umfeld auftreten, gibt sie zu bedenken. "Bei Menschen, die etwa im Wald arbeiten und dadurch eine wiederholte und massiv erhöhte Exposition haben, kann es zu einer allergischen Sensibilisierung kommen, von Typ III/IV." Dann könnten sich Entzündungen in den Lungenbläschen bilden. Diese Erkrankung heiße exogen allergische Alveolitis und werde durch die Antigene der Sporen ausgelöst, wenn sie eingeatmet werden. "Im akuten Stadium kommt es zu grippeähnlichen Symptomen, typischerweise circa acht Stunden nach der Exposition." Darum sollten sich Beschäftige auch an eine entsprechende Arbeitsschutz-Empfehlung halten. Dazu zählt unter anderem, eine FFP2- oder FFP3-Maske zu tragen sowie Schutzhandschuhe und eine Korbbrille.
Durch den Pilzbefall geschwächte Bäume machen Wege unsicher
Ein weiteres Problem ist, dass die Bäume durch den Pilzbefall an Standhaftigkeit verlieren. Kespohl erklärt: "Bei starken Winden, die wir jetzt immer wieder haben, können diese Bäume umknicken und damit die Sicherheit von Wegen beeinträchtigen. Deshalb müssen befallene Bäume beobachtet und bei Gefahr auch beseitigt werden."
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Nicole Burgdorf
- Gespräch mit Sabine Kespohl
- Pressemitteilung der Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft "Rußig ohne Feuer – Vorsicht vor diesen Pilzsporen!"
- Website des LWF Bayern, "Die Ahorn-Rußrindenkrankheit"
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