Gerade in Hitzeperioden sind Grünanlagen und gesunde Bäume äußerst wichtig für Städte. Was genau sie bewirken - und mit welcher genialen Idee Start-ups ihnen und damit uns allen helfen.
Die Sommersonne brennt vom Himmel, die Anzeige des Thermometers steigt unaufhörlich. Es ist heiß und nicht nur auf der Stirn bilden sich Schweißperlen. Der feine Wasserfilm auf der Haut kühlt unseren Körper und verhindert dadurch ein gefährliches Überhitzen.
Nach demselben Prinzip funktioniert das Kühlsystem von Bäumen. Über jedes ihrer Blätter verdampfen die Gehölze Flüssigkeit. Die dadurch entstehende Verdunstungskälte kühlt auch die Umgebung eines großen Laubbaum um mehrere Grad ab.
Damit stellen Bäume eine ideale Lösung dar, um den kommenden Temperaturanstieg abzumildern. Bis zum Ende des Jahrhunderts werden in Deutschland Werte normal sein, wie wir sie heute von Mittelmeerländern kennen. Unsere Städte brauchen in Zukunft also mehr Schatten und Grün, um sich daran anzupassen.
Durstige Bäume - in Städten haben sie es besonders schwer
Wenn der Körper durch das Schwitzen viel Flüssigkeit verliert, bekommen wir Durst. Ein großes Glas Wasser bringt an heißen Tagen Erfrischung und füllt unsere Zellen wieder auf, wir fühlen uns wieder wohl. Zwei bis drei Liter Flüssigkeit am Tag sollte ein Erwachsener am Tag trinken, um gesund zu bleiben.
Ein Baum braucht deutlich mehr. Ein großer Laubbaum zieht pro Tag 200 bis 300 Liter Wasser durch seine Leitungsbahnen nach oben, im Sommer können es auch 400 Liter werden. Die tief reichenden Wurzeln bedienen sich dafür am Grundwasser.
In der Stadt ist für Bäume der Grundwasserspiegel allerdings nicht immer gut zu erreichen. Das hat mehrere Gründe: In den beengten Verhältnissen unter der Erde, zwischen Kanalrohren und Leitungen, können sich nur schlecht lange Wurzeln bilden. Durch die vielen Gebäude, die asphaltierten Straßen und Plätze versickert kaum Regenwasser ins Erdreich. Niederschläge werden über die Kanalisation ins Abwasser geleitet. Der Grundwasserspiegel in Deutschland sinkt seit den 1990er-Jahren kontinuierlich.
Wer Durst hat, bestellt sich ein Getränk oder versorgt sich selbst. Hunde fangen an zu hecheln und eine trockene Balkonpflanze lässt die Blätter und Blütenköpfe schlapp nach unten hängen. Einem Baum hingegen sieht man Wassermangel lange nicht an. Machen sich dann Anzeichen wie welkes und vorzeitig fallendes Laub bemerkbar, ist es in der Regel zu spät. Der Baum ist kaum mehr zu retten.
Neue Technologien lassen Bäume sprechen
Damit keine der grünen Kühlanlagen verloren geht, haben Forscher und Tüftler Messinstrumente entwickelt, die die Wasserversorgung eines Baums anzeigen können. Treesense, ein Start-up aus München, hat eine Idee aus der Medizintechnologie weiterentwickelt. Zwei dünne Messingschrauben, die etwa fünf Millimeter tief in einen Ast geschraubt werden, messen den elektrischen Widerstand in den wasserführenden Leitungsbahnen des Baumes. Aus diesen Werten lassen sich Rückschlüsse auf seine Gesundheit ziehen: Je niedriger der gemessene Widerstand, umso mehr Wasser fließt durch die angezapften Bahnen. Und mehr Wasser bedeutet einen vitalen und gut versorgten Baum.
Die ermittelten Daten werden cloudbasiert gespeichert und können so etwa von Pflegefirmen gelesen werden, der Durst eines Straßenbaums wird sofort erkennbar. Ziel ist es, die Bäume bei Bedarf gezielter zu bewässern und dadurch auch Wasser zu sparen. "Gartenämter nutzen den Sensor und die Software, um großflächig einen Überblick über den städtischen Baumbestand zu bekommen, bevor die Bewässerungsarbeiten eingeplant werden", erklärt Semir Babajić, einer der vier Mitgründer von Treesense. Pilotprojekte gibt es bereits in Mainz, München und auch in Madrid.
Eine ähnliche Idee verfolgt Florja, ein Smart-Gardening-Tool, das zuerst für den Privatgarten entwickelt wurde und nun auch Bäumen hilft. Die datenerfassenden Sensoren von Florja sind unsichtbar im Boden vergraben und messen hier den Wassergehalt des Erdreichs. Ist es im Boden zu trocken, erscheint ein Warnsignal auf dem Bildschirm der Baumpfleger und der Gießwagen rückt aus. Die erfassten Daten werden per Künstlicher Intelligenz zusätzlich mit Wetterdaten verknüpft; ist für den nächsten Tag ein großes Regenereignis vorherzusehen, kann das Gießen ausfallen. Das spart den Kommunen Kosten und Wasser.
Jeder dritte Baum braucht mehr Wasser
In Pilotprojekten haben beide Messtechniken unabhängig voneinander Interessantes zutage gefördert. "Bereits durchgeführte Messungen ergaben in etwa 30 Prozent der Fälle, dass die Bewässerung nicht baumbedarfsgerecht durchgeführt wurde, also ein Drittel der Ressource Wasser einfach nicht richtig verwendet wird. Das hat natürlich einen Einfluss auf die Ökosystemleistungen und auch auf die Budgets der Kommunen", erklärt Semir Babajić.
Das bedeutet, dass jeder dritte Baum dauerhaft zu wenig Wasser bekommt und vom Absterben bedroht ist, obwohl er gegossen wird. Denn die Wassermenge sickert nicht tief genug ins Erdreich ein und die wassersaugenden Feinwurzeln gehen leer aus.
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Die neuen Technologien können helfen, die Wasserversorgung von Stadtbäumen besser zu planen und durchzuführen. Die Kontrolle per Sensor zeigt an, ob genug Wasser die Wurzeln erreicht hat und der Baum immer gut versorgt ist. Je älter ein Baum wird, umso mehr wertvolle Ökoleistungen wie saubere Luft, kühlenden Schatten und CO2-Speicherung stellt er zur Verfügung. Stirbt ein Baum ab, dauert es bis zu 20 Jahre, bevor ein neu gepflanzter Jungbaum dieselben Vorzüge leisten kann.
Bis die Sensortechnik flächendeckend eingesetzt wird, kann dem Baum vor der eigenen Haustüre aber auch geholfen werden. Jeden Tag mindestens fünf große Gießkannen empfiehlt der Schutzverband Deutscher Wald. Mehr schadet nie, gerade in den Sommermonaten. Die grünen Riesen danken es mit Schatten und frischer Luft.
Verwendete Quellen:
- Interview mit Semir Babajić von Treesense
- Hintergrundgespräch mit Michael Urban von Florja
- Helmholtz Zentrum für Umweltforschung: Dürren in Deutschland
- Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Bundesverband e.V.: Bäume in der Stadt
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