"Thanksgiving" heißt wörtlich übersetzt: Erntedank. Allerdings wird das Fest an einem anderen Tag gefeiert als unser Erntedankfest. Und auch sonst gibt es einige Unterschiede.
Thanksgiving und Erntedankfest werden oft in einem Atemzug genannt - und tatsächlich gibt es Übereinstimmungen, jedoch auch Unterschiede hinsichtlich Datum, Geschichte und Ausrichtung.
In den USA ein fixer Feiertag am vierten Donnerstag im November, variiert das Datum hierzulande und ist stark religiös geprägt. Selbst zwischen katholischer und evangelischer Kirche gibt es Unterschiede, was Datum und Ausrichtung anbelangt. In den USA ist das weltliche Thanksgiving für viele Menschen neben Weihnachten sogar der wichtigste Feiertag des Jahres.
Wann werden Erntedank und Thanksgiving gefeiert?
Es gibt keinen weltweit einheitlichen Termin, da aufgrund verschiedener Klimazonen zu unterschiedlichen Zeiten geerntet wird. Selbst die Termine in Deutschland und den Nachbarländern Österreich und Schweiz sind nicht einheitlich geregelt.
In Deutschland fiel das Erntedankfest im Jahr 2023 auf den 1. Oktober. Nach katholischem Brauch wird Erntedank in der Regel am ersten Sonntag im Oktober gefeiert, nach evangelischem Brauch am ersten Sonntag nach Michaelis am 29. September. So kann das Erntedankfest in manchen Jahren auch Ende September stattfinden.
In Österreich findet das Erntedankfest in städtischen Gebieten meist am ersten Sonntag im Oktober, auf dem Land bereits Ende September statt.
In der Schweiz wird in vielen Gemeinden bei der traditionellen "Sichlete" oder bei der "Chästeilet", bei der auf der Alm hergestellte Käselaibe unter den Bauern aufgeteilt werden, gleichzeitig der Almabtrieb und Erntedank gefeiert. Da die Tiere vor dem ersten Schnee ins Tal gebracht werden müssen, finden die Feste oft schon im September statt.
In den USA ist Thanksgiving jeweils am vierten Donnerstag im November ein offizieller Feiertag. Heuer ist das der 23. November. Im Grunde zieht sich das Fest aber über das gesamte Wochenende, viele nutzen den Freitag als Brückentag.
Auch in den meisten Teilen Kanadas ist Thanksgiving ein offizieller Feiertag, allerdings bereits am zweiten Montag im Oktober, da hier aufgrund der geografischen Lage die Ernte früher eingebracht wird als in den USA.
Der Ursprung des Erntedankfestes
Vergleichbare Riten gab es vermutlich bereits in vorchristlicher Zeit. In der römisch-katholischen Kirche ist Erntedank seit dem 3. Jahrhundert nach Christus belegt.
Bei der Entstehung gibt es einen weltlichen und einen religiösen Aspekt: Früher waren landwirtschaftliche Produkte noch wichtiger als heute, das Überleben im Winter hing von einer guten Ernte ab, für die die Menschen den Göttern dankten.
Im Mittelalter entwickelte sich parallel dazu ein weltlicher Aspekt: Die Bauern mussten die Ernte beim Grundherrn, dem die Flächen gehörten, abliefern. Symbolisch übergaben sie dem Grundherrn nach der Ernte einen aus Ähren gebundenen Kranz oder eine Erntekrone. Sie wurden für ihre Arbeit entlohnt und es gab ein großes Fest mit Essen, Getränken, Musik und Tanz.
Im 19. Jahrhundert verlor Erntedank infolge der Industrialisierung und Technisierung der Landwirtschaft an Bedeutung. Während des Nationalsozialismus wurde der Brauch ideologisch umgedeutet und stark aufgewertet.
Heute werden in vielen Gemeinden im Rahmen des Erntedankfestes Entwicklungshilfe und Nachhaltigkeit in den Vordergrund gestellt. Brauchtumsforscher Manfred Becker-Huberti unterstreicht im "Lexikon der Bräuche und Feste" den Wandel von ökonomischer zu ökologischer Betrachtungsweise der Welt: "Einer Zeit, in der die ökonomische Betrachtungsweise dieser Welt immer mehr durch die ökologische ergänzt wird, täte eine Rückbesinnung auf die Abhängigkeit von der Natur und auf die notwendige Dankbarkeit gegenüber Gott gut. Das Erntedankfest ist ein Gradmesser für dieses gesellschaftliche Bewusstsein."
Die Entstehung von Thanksgiving in den USA ist umstritten
Laut "Info USA" wurde bei den Wampanoag, einem indigenen Stamm, Thanksgiving nicht nur bei einer guten Ernte, sondern auch bei Geburten oder anderen Glücksfällen gefeiert. Spanische Kolonisten feierten 1541 in Texas mit dem indigenen Volk der Caddo das erste Thanksgiving als Dank für die verfügbaren Nahrungsmittel. Und 1621 feierten die Pilgerväter zusammen mit den Wampanoag ein großes Erntedankfest, um sich für deren Hilfe bei ihrer Ankunft in Amerika zu bedanken.
Danach wurde Thanksgiving etwa 300 Jahre lang ohne feste Regeln gefeiert. Erst 1941 erklärte US-Präsident Franklin D. Roosevelt Thanksgiving zum Nationalfeiertag.
Erntedank als vorwiegend kirchlich geprägtes Fest
Das Erntedankfest ist heute in Europa ein vorwiegend kirchlich geprägtes Fest mit einem Gottesdienst, bei dem der Altar mit Früchten, Gemüse, Getreide, Kürbissen und Brot geschmückt wird. Mit Gesang und Gebeten dankt man Gott für seine Gaben und für die Ernte.
In manchen Gemeinden finden Erntedank-Umzüge mit Motivwagen, Fußgruppen und Spielmannszügen statt. Es gibt Erntefeste mit Festessen und Tanzveranstaltungen, in manchen ländlichen Gegenden mit Bauern- oder Jahrmärkten; anderenorts ist es Brauch, Strohpuppen auf dem Feld zu verbrennen.
So feiert Nordamerika Thanksgiving
In Nordamerika ist Thanksgiving kein kirchlicher, sondern ein ziviler Feiertag. Er ist nicht nur Ausdruck der Dankbarkeit, sondern auch ein Fest der Familie und Freunde. So kommt an diesem Tag die ganze Familie zu einem Festessen zusammen.
Dass ein Truthahn seit Mitte des 19. Jahrhunderts das Wildfleisch ablöste und zur traditionellen Speise wurde, könnte auf die englischen Einwanderer zurückzuführen sein, weil die Größe des Tieres viele satt macht. Tradition ist nicht nur, dass der US-Präsident einen Truthahn begnadigt, sondern auch, für Obdachlose und Bedürftige zu spenden.
In New York City findet an diesem Tag die "Macy's Thanksgiving Day Parade" des Kaufhauses Macy's mit bunt dekorierten Umzugswagen, Blaskapellen, Tanzgruppen und Riesenballons statt, die zu den traditionsreichsten Festtagsparaden in den USA zählt. Was hier schon anklingt, wird am Tag darauf mit dem sogenannten Black Friday fortgeführt, dem Shopping-Tag, an dem viele Amerikaner auf Schnäppchenjagd gehen und die Adventskaufsaison einläuten.
Auch in Kanada wird mit Truthahn, gekochtem Schinken, Süßkartoffeln und vielen Desserts ausgiebig innerhalb der Familie und der Freunde gefeiert. Regional gibt es verschiedene Paraden und Sportevents, die das Fest begleiten.
Verwendete Quellen:
- Wissen.de: Erntedankfest
- Katholisch.de erklärt das Erntefest: Erntedank bedeutet "Dank feiern", von Gabriele Höfling,
- Manfred Becker-Huberti: Lexikon der Bräuche und Feste
- Wissenswertes: Erntedankfest und seine Bedeutung
- Das Erntedankfest: Hintergrund im Vordergrund
- American Heritage: Thanksgiving - 11 Fakten über das Amerikanische Erntedankfest, von Tobias Straka,
- Info USA: Thanksgiving in den USA
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