Die neue RTL-II-Hochzeitsshow mit Susan Sideropoulos entpuppt sich als wilde Jagd durch eine thüringische Kleinstadt. Tanzkurs, Junggesellenabschied, der Kauf des Brautkleides und die Hochzeit selbst - alles muss innerhalb von zwölf Stunden absolviert werden. Die Romantik bleibt dabei auf der Strecke. Die Spannung leider auch.

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Linda de Mol war die erste. Die Showmasterin aus den Niederlanden schaffte es mit "Traumhochzeit" auf die deutschen Bildschirme. Mehrere Paare traten in Spielen gegeneinander an, das Gewinnerpaar durfte am Ende der Sendung heiraten.

Nachfolgeformate gab und gibt es viele. "Hochzeit auf den ersten Blick" auf Sat.1, "Die perfekte Hochzeit" auf SIXX oder "4 Hochzeiten und eine Traumreise" auf VOX. Dazu gab es diverse Promi-Hochzeiten, die als Doku-Soaps inszeniert wurden.

"Gülcans Traumhochzeit" etwa oder die Vermählung von Daniela Katzenberger und Lucas Cordalis. Im Anschluss startete Katzenberger auch noch das Format "Traumhochzeit zum Schnäppchenpreis". Und selbst die "Traumhochzeit" bekam 2012 eine Neuauflage bei RTL, allerdings mit mäßigem Erfolg. Man sollte also meinen, das Thema sei ausgelutscht.

RTL II wagte am Dienstagabend trotzdem einen weiteren Anlauf mit der Show "Traut euch: In 12 Stunden zum Altar". Das Konzept der Hochzeits-Doku ist im Prinzip recht einfach, ein nichtsahnendes Paar wird von Moderatorin Susan Sideropoulos überrascht und muss innerhalb von zwölf Stunden heiraten.

Dafür steht ein Budget von 15.000 Euro zur Verfügung. Wird dieses nicht überschritten und das Zeitlimit eingehalten, bekommt das Paar eine Reise in die Flitterwochen dazu.

Wilde Jagd durch Meiningen

So weit, so gut. Die erste Sendung spielte in der thüringischen Kleinstadt Meiningen. Hier wartete Martin Tischer angeblich auf die Teilnahme an einem Casting. Stattdessen stand Sideropoulos vor der Tür und eröffnete dem LKW-Fahrer, dass er noch am selben Tag seine Freundin Andrea Schüler heiraten könne. Der plötzliche Bräutigam nahm es recht locker auf.

Und schon begann die wilde Jagd. Oben rechts im Bild wurde eine tickende Uhr eingeblendet, eine Checkliste musste abgearbeitet werden. Meistens sah man das Paar und Sideropoulos rennen oder im Auto sitzend von A nach B fahren. "10 Stunden und 45 Minuten noch, wir müssen uns beeilen!", mahnte die Moderatorin.

Hochzeitsantrag? Check! Hochzeits-Location? Check! Dekoration? Check! Brautstrauß? Check! Ringe? Schon kam der mobile Juwelier mit dem Bauchladen ins Bild gelaufen.

Junggesellenabschied am helllichten Nachmittag

Das Paar absolvierte einen dreiminütigen (!) Tanzkurs, der Bräutigam kaufte einen Anzug, die Braut ihr Kleid. Als wäre das alles nicht genug, mussten die Trauzeugen (die natürlich auch überrascht wurden und zufällig Zeit hatten) parallel einen Junggesellinnen- beziehungsweise Junggesellenabschied organisieren.

"Ich hol' auf jeden Fall einen Stripper!", kündigte Trauzeugin Lieschen Müller an und hielt ihr Wort. Auch bei den Männern durfte die obligatorische Stripperin natürlich nicht fehlen. Und so musste sich das Brautpaar trennen und am helllichten Nachmittag in Windeseile von Ausziehkünstlern bearbeiten lassen.

Das Telefonat danach war bemerkenswert. "Martin, wie voll bist du?", fragte sie. "Nicht sehr!", antwortete er. Beste Voraussetzungen für die Hochzeit also. Knapp zehn Minuten waren noch auf der Uhr, als die Braut schließlich zum Altar schritt und die Blitzhochzeit besiegelt wurde.

Dann wurde dem Paar auch noch eröffnet, dass es das Spiel gewonnen habe und nun in den Traumurlaub fliegen dürfe. "Ich freue mich schon übelst darauf, ohne Scheiß", jubelte der Bräutigam. Ach ja.

Die Eltern der Braut müssen passen

Wohin die Reise gehen wird, wurde nicht aufgelöst. Vielleicht nach Las Vegas, dort wurde ja bekanntlich die Hochzeit am Drive-In erfunden. RTL II hat nun die Hochzeit am Fließband erfunden.

Die Sendung bedeutet das Ende jeglicher Romantik, banaler kann eine Hochzeit nicht sein. Und Spannung kam zu keinem Zeitpunkt auf, denn niemand rechnete ernsthaft damit, dass das Paar das Zeitlimit oder Budget überschreiten und deswegen nicht heiraten könnte.

In den zwei Stunden Brutto-Sendezeit gab es einen einzigen nachdenklichen Moment. Nämlich als die Eltern der Braut die Teilnahme an der Blitzhochzeit absagten. "Meine Mama hat Frühschicht morgen", erzählte Braut Andrea nach einem Telefonat:

"Meine Eltern kommen nicht, denen ist das zu knapp. Sie finden das zu überraschend." Während die Braut es mit Fassung trug, wirkte der Bräutigam geknickt. Doch um Trübsal zu blasen war keine Zeit, schließlich musste die Checkliste weiter abgearbeitet werden.

Also wurde der nächste Checkpoint der Hochzeits-Treibjagd angesteuert. Es war ja auch nur der vielleicht wichtigste Tag im Leben ihres Kindes, den die Eltern verpassten.

Auch wenn das Konzept die Hochzeits-Thematik noch einmal variiert, lieferte die Sendung wenig wirklich Neues und Originelles. Seine Zuschauer dürfte das Format trotzdem finden.

Denn wer andere RTL-II-Sendungen wie "Frauentausch" oder "Putzteufel im Messie-Chaos" anschaut, dürfte auch an "Traut euch: In 12 Stunden zum Altar" gefallen finden.

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