RTL widmet den Todesumständen der argentinischen Fußballlegende Diego Maradona am Donnerstagabend eine Mischung aus Live-Show und Dokumentation, die im True-Crime-Stil überzeugt. "War es Mord? Die geheime Todesakte Maradona" präsentiert zwar nichts grundsätzlich Neues, überzeugt aber mit guten Recherchen und starken Talkgästen. Hugo Maradona beschuldigt in der Liveshow die Ärzte seines Bruders und fordert Gerechtigkeit für Argentiniens Fußballidol.
Es dauert nicht lange, bis am Donnerstagabend auf RTL schwere Vorwürfe erhoben werden. "Es war Mord, man kann es nicht anders sagen", erklärt Felix Hutt. Der RTL-Investigativreporter hat in Buenos Aires zum Tod von Diego Maradona ermittelt und recherchiert. Hutt hat Freunde und Bekannte des argentinischen Fußballidols getroffen. Er hat vor dem Haus gefilmt, in dem Maradona in bitterer Armut, ohne Strom und fließendes Wasser, aufgewachsen ist. Er hat auch als erster Journalist überhaupt in dem Haus gedreht, in dem "Die Hand Gottes" am 25. November 2020 gestorben ist.
Am Donnerstagabend präsentierte Hutt nun seine Ergebnisse im Rahmen des RTL-Spezial "War es Mord? Die geheime Todesakte Maradona!". In einer Mischung aus Live-Show und Dokumentation widmete sich die zweistündige Sendung den Ungereimtheiten rund um den Tod Maradonas. Dieser war in den letzten Wochen und Monaten seines Lebens von Ärzten und Anwälten umgeben, die offensichtlich nicht das Beste für ihn wollten.
RTL präsentiert die Umstände von Maradonas Tod als True-Crime-Show
Keine Frage, die Todesumstände Maradonas haben das Zeug zum Kriminalstück. Und da True Crime derzeit eines der angesagtesten und beliebtesten Genres überhaupt ist, war es ein cleverer Schachzug von RTL, sich der Thematik im True-Crime-Gewand zu widmen. "Das hier ist eine Profilerwand", stellte Moderatorin Jana Azizi ein zentrales Accessoire der Sendung gleich zu Beginn vor.
In der Mitte der großformatigen Pinnwand klebte ein Bild Maradonas, mit Bindfäden und Reißzwecken wurden andere Fotos zu einem großen Spinnennetz verbunden, das alle Personen zeigte, die auf irgendeine Weise mit dem Tod des Fußballers in Verbindung gebracht werden können.
Wie etwa Leopoldo Luque, Maradonas Leibarzt und Neurochirurg. Oder der Heilpraktiker Nicolas Taffarel, die Psychiaterin Agustina Cosachov und Maxi Pomargo, der persönliche Assistent Maradonas. Ebenfalls zu sehen war Matias Morla, ein Anwalt, der die Markenrechte an Diego Maradona besitzt.
Sie sollen Maradona von seiner Familie abgeschirmt haben. Sie sollen der Fußballlegende die richtige medizinische Versorgung verweigert haben, wohl aus Angst, dass Maradona für nicht geschäftstüchtig erklärt werden könnte und sie ihren Einfluss auf den schwerkranken Mann und seine Finanzen verlieren könnten.
"Die Todesakte Maradona" präsentiert nichts grundsätzlich Neues
Etwas grundsätzlich Neues wurde am Donnerstagabend auf RTL nicht präsentiert, auch wenn zunächst der Eindruck entstehen konnte. Bereits Ende November war auch in deutschen Zeitungen zu lesen, dass die Staatsanwaltschaft in Buenos Aires wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung gegen Luque und das medizinische Team ermittelt. Im Mai wurde bekannt, dass dem Leibarzt bis zu 25 Jahre Haft drohen.
Dennoch war die Sendung absolut sehenswert und spannend, was zum einen an den aufwendigen Recherchen Hutts lag und zum anderen an den starken Studiogästen. Hutt bekam in Argentinien mehrere tausend WhatsApp-Text- und -Sprachnachrichten sowie Videos zugespielt, in denen sich das Betreuerteam Maradonas ziemlich respektlos über den Patienten austauschte. "Anscheinend hat er einen Herzstillstand. Er wird uns abkacken, der Dicke", sagte Luque in einer dieser Sprachnachrichten, während Maradona im Sterben lag.
Maradona erhielt nicht die richtige Behandlung
Luque hatte Maradona am 3. November 2020 wegen einer Gehirnblutung operiert. Schon wenige Tage nach der schweren Operation wurde der argentinische Nationalheld aus dem Krankenhaus entlassen und auf Anweisung Luques in eine häusliche Pflege in einer abgelegenen Wohnanlage gebracht.
"Dort gab es nicht mal ein Fieberthermometer", erzählte der Krankenpfleger Carlos Cottaro im Gespräch mit RTL-Reporter Hutt. Natürlich gab es auch keinen Notfallknopf, geschweige denn einen Defibrillator. Cottaro kümmerte sich um Maradona, wurde dann aber entlassen.
Als es mit Maradona zu Ende ging, dauerte es Stunden, bis endlich ein Krankenwagen gerufen wurde. Dabei wäre er wohl zu retten gewesen. "Die ärztlichen Unterlagen strotzen vor Inkompetenz", stellte der deutsche Rechtsmediziner Michael Tsokos im Studio fest: "Er war schwerkrank, aber nicht todkrank. Mit einer intensivmedizinischen Betreuung hätte er nicht sterben müssen."
Hugo Maradona fordert Gerechtigkeit für seinen Bruder
Ebenfalls im Studio war der frühere Bayern-Torwart Jean-Marie Pfaff, der mit Maradona befreundet war. Am meisten Eindruck hinterließ aber Hugo Maradona, der Bruder des Verstorbenen. "Der Hauptschuldige ist mein Bruder“, sagte dieser ohne Umschweife und spielte auf die Drogen- und Alkoholsucht an, die in den 90er Jahren zum Absturz des Idols führte und ihn bis zu seinem Tod begleitete.
"Aber es ist gut zu wissen, wer auch schuld an dem Tod meines Bruders ist", führte Hugo Maradona mit feuchten Augen und stockender Stimme weiter aus: "Seine Entourage war bösartig, die Ärzte haben nicht ihre Arbeit gemacht. "
Bei der WM 1986 verzauberte Maradona die Welt, mit dem SSC Neapel wurde er 1987 und 1990 italienischer Meister, bis heute wird der "Goldjunge" dort vergöttert. Das RTL-Spezial zeigte aber deutlich, wie tief Maradona am Ende gefallen war und wie schlecht er behandelt wurde. Die Art und Weise, wie "Die Todesakte Maradona" das Thema aufarbeitete, passt zur angestrebten Qualitätsoffensive des Kölner Privatsenders und dürfte auch Nichtfußballfans gut unterhalten haben.
Wann der Prozess gegen den Arzt Luque und sein Team beginnt, ist noch offen. Der Anwalt Morla, der offenbar der Strippenzieher im Hintergrund war, wird übrigens nicht angeklagt, wie RTL-Reporter Felix Hutt berichtete. "Die Schuldigen sollen büßen für diesen Vorsatz, auch die Anwälte sollen bestraft werden", erklärte Hugo Maradona abschließend: "Ich will nur Gerechtigkeit. Das bringt Diego nicht zurück, aber er hatte es nicht verdient, so zu sterben."
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