Willibald Adrian Metzger erobert das Fernsehen. Der kauzige Hobbydetektiv aus der Feder des Österreichers Thomas Raab ist eigentlich Restaurator antiker Möbelstücke, wird aber zum Ermittlergenie, als er seinen Jugendschwarm Danjela mit der Aufklärung zweier Mordfälle im Kurhotel Sonnenhof beeindrucken will. Gespielt wird der "Metzger" von Robert Palfrader, der recht unverhofft zu seiner ersten leisen Rolle kam.
Am 12. Februar startet die erste Folge des "Metzgers" in der ARD. "Der Metzger und der Tote im Haifischbecken" ist aber eine Verfilmung des dritten Buchs. Wie kam's?
Robert Palfrader: Dazu kann ich leider Gottes gar nichts sagen. Ich glaube, man wollte dem Verhältnis zur von Dorka Gryllus dargestellten Figur und meiner Figur Leben einhauchen. Wann genau diese Entscheidung gefallen ist, müssen Sie den Autor Thomas Raab und den Regisseur Andreas Herzog fragen. Ich habe das Drehbuch schon so auf den Tisch bekommen.
Wie sind Sie zu der Rolle gekommen?
Ich habe eine deutsche Agentin, die mir von einem Casting in München erzählt hat. Deutsches Fernsehen, ARD. Ich habe gefragt, wissen die, dass ich Österreicher bin? Wenn die das nicht wissen, fahre ich nicht hin. Und sie meint, nein, die wissen das, die wollen das sogar. Ich habe mich recht intensiv vorbereitet und bin nach München geflogen. Und es dürfte gefallen haben, was ich da gemacht habe.
Was hat Sie am "Metzger" besonders gereizt?
Die Figur selber. Ich finde ihn sehr interessant, dieses Verletzliche, Zerbrechliche, dieses Zurückhaltende vor allem. Er ist ein wahnsinnig ruhiger, unaufdringlicher Mensch. Soziophob ist zu viel gesagt, aber er ist sehr vorsichtig im Umgang mit anderen - und das nicht aus einem Respekt heraus, sondern weil er nicht verletzt werden will. Das ist keine Angst, sondern nur schlechte Erfahrungen.
Er hat Hirn, will aber einfach nur seine Ruhe haben. Er lebt in einer sehr kleinen Welt. Und dass genau so jemand dann in eine Familientragödie biblischen Ausmaßes hineinstolpert, ist besonders reizvoll. Für ihn sind diese ganzen Vorgänge komplettes Neuland, er kann damit überhaupt nicht umgehen. Da sind lauter Gefühle, die er nicht dechiffrieren kann. Emotional ist er die ganze Zeit überfordert. Du hast fast einen Parzival, der in eine Katastrophe hineinstolpert, weil er nicht sieht, was er da tut - weil er nicht das Rüstzeug hat, das andere haben.
Im Grunde ist das eine sehr konträre Rolle zu denen, die Sie sie sonst spielen. Wenn man sich etwa "Braunschlag" anschaut, ist Ihre Figur sehr laut, sehr emotional. War das mit ein Grund, den "Metzger" zu übernehmen?
Nein, das nicht. Zum einen hat mich interessiert, die Hauptrolle in zwei Filmen zu spielen. Zum anderen, befreit zu sein von dem, was man in Österreich von mir kennt. In Deutschland kennt kaum jemand "Wir sind Kaiser" oder "Braunschlag". Da werde ich nicht nur als Komödiant wahrgenommen. Man begegnet mir und meiner Arbeit unvoreingenommen. Das ist in Österreich manchmal nicht ganz so.
Die Titelrolle im deutschen Hauptabendprogramm zu spielen, ist sicher etwas anderes. Weniger für mich, vor allem für die Produktionsfirma. Man weiß ja nicht, ob die Leute mich mögen werden. Ich hoffe das sehr.
Thomas Raab hat insgesamt sechs "Metzger"-Romane geschrieben. Haben Sie sie gelesen?
Ich kannte die Bücher nicht. Ich kenne bis heute nur das Drehbuch, die Romane selbst habe ich nicht gelesen.
Wie haben Sie sich die Rolle erarbeitet? Haben Sie darüber nachgedacht, welche Diskrepanz es geben könnte zwischen dem, was die Leser der Romane vielleicht erwarten, und dem, wie Sie den "Metzger" umsetzen wollten?
Es war mehr eine atmosphärische Entscheidung, wie der zu sein hat. Ich bin sehr froh darüber, dass Thomas Raab - der Autor und Erfinder vom "Metzger" - gesagt hat, der "Metzger" ist in seiner Vorstellung mehr ein Gefühl. Er könnte ihn nicht einmal zeichnen. Und dieses Gefühl hätte ich getroffen. Das hat mich wahnsinnig gefreut.
Wie sich das für Leute anfühlt, die den "Metzger" gelesen haben, das ist wieder etwas anderes. Natürlich wird es Leute geben, die sagen, "Der Palfrader ist eine totale Fehlbesetzung." Ich kann nur meinen "Metzger" machen. Der hat ja in mir auch etwas ausgelöst. Und jeder Leser wird seinen "Metzger" haben - und ich hoffe, dass die Leute, die ihn gelesen und gemocht haben, auch mich mögen werden.
Thomas Raab hat auch am Drehbuch mitgeschrieben. Wie viel Gestaltungsspielraum gab es für Sie?
Viel. Das war eine Großzügigkeit unseres Regisseurs, Andreas Herzog. Beim Spielen merkt man manchmal, da fehlt noch ein bisschen was. Manchmal ist auch etwas ein bisschen zu viel. Diese Freiheit haben wir vom Thomas bekommen.
Was war die größte Herausforderung in der Umsetzung vom "Metzger"?
Pfuh... (überlegt) Ich wüsste nicht, was ich hervorkehren würde. Alles ist eine Herausforderung. Manchmal ist die Herausforderung, in der Früh aufzustehen und sich die Zähne zu putzen, wenn man am Vortag besoffen war. (lacht)
Es war so toll! Es war ein wahnsinnig positives Erlebnis mit einem tollen Team. Und es war hart, sehr anstrengend. Ich hatte pro Film 21 oder 22 Drehtage. Wir hatten zwischen den beiden Filmen nur sieben Tage Pause, das ist echt wenig.
Am Ende der ersten Folge haben Sie eine Actionszene, wo Sie gefesselt und geknebelt am Boden liegen und sich befreien und dann aus einer brennenden Scheune stürzen. Wie war es, diese Szenen zu drehen?
Super! Das war ein Wahnsinnserlebnis. Wir haben in Tirol auf einer Alm gedreht. Es hat geregnet und es ging ein wahnsinniger Wind. Es war sausaukalt. Und mir war warm, weil um mich herum hat's gebrannt. (lacht) Es war herrlich! Die Stunts und die Special Effects, das war ein irres Team.
Haben Sie Vorbilder, was Krimifiguren angeht?
Nein, das nicht. Es gibt ein paar Krimis, die ich wahnsinnig gern schaue, aber die sind alle ganz anders als der "Metzger". Das ist das einzige, das ich getrost sagen kann, wenn ich gefragt werde, warum man sich den "Metzger" anschauen sollte: weil er komplett anders ist als alles andere.
Inwiefern?
Weil die Bildsprache außergewöhnlich ist. Weil der Protagonist - zumindest die Hauptfigur - außergewöhnlich ist. Weil die Musik großartig ist, weil die Landschaftsaufnahmen großartig sind. Also selbst, wenn man mich nicht leiden kann - wofür ich größtes Verständnis habe - sollte man es sich anschauen, um einen außergewöhnlichen Krimi zu sehen.
Eines ihrer Markenzeichen, das Spötteln über österreichische Eigenheiten, findet auch in den "Metzger" Eingang. Sie kommentieren mit bissigem Humor. Hatten Sie bezüglich des Scripts etwas mitzureden?
Nein, das hat der Thomas Raab so geschrieben. Ich habe die eine oder andere Kleinigkeit verändert, Formulierungen, Satzstellung, aber inhaltlich gar nichts. Das Buch ist ja fertig. Da habe ich auch nichts mitzureden.
Wie denken Sie drüber, dass bei Filmen über Österreich häufig das Provinzielle aufs Korn genommen wird?
Haben Sie das Gefühl? Ich nicht. Der Kern von "Braunschlag" war zum Beispiel nicht, dass wir uns über die Provinz lustig machen. Da ging es ausschließlich um Gier und den Versuch von Menschen, glücklich zu werden und daran zu scheitern. David (Schalko, Anm. d. Red.) und ich wollten immer im Waldviertel drehen. Er geht wahnsinnig liebevoll mit seinen Figuren um, da wird niemand denunziert. Genauso beim "Metzger".
Mafiöse Strukturen gibt es überall. Oder solche Familiendramen, wie sie im ersten "Metzger"-Film vorkommen. Wenn wir Österreich so darstellen würden, wie es ist, müssten wir auch zeigen, was der Herr Fritzl gemacht hat oder was Natascha Kampusch zugestoßen ist. Es gibt genug Grausligkeiten, die nicht hergezeigt werden. Dass wir provinziell sind in manchen Belangen, das sieht jeder, der eine Zeit in London oder Paris, New York oder auch nur in Berlin gelebt hat. Ich kritisiere das nicht. Ich würde nie irgendwo anders leben wollen als in Wien oder im Waldviertel. Das Waldviertel ist wirklich Provinz, und ich liebe es. Ein kleines Land bleibt ein kleines Land. (lacht) Da kann man machen, was man will. Ich mache nur zum Thema, was ich sehe.
Ich habe das weniger ausschließlich auf Ihre Arbeit bezogen, sondern darauf, dass zum Beispiel in der ersten "Metzger"-Folge das Bild eines unfähigen Provinzpolizisten gezeichnet wird, der sich mit seinem Radargerät hinter einem Hirschpappaufsteller versteckt. Das ist ein Element, das auch in anderen - österreichischen - Produktionen zum Tragen kommt.
Das war ein Zitat von österreichischen Produktionen, das sich Andreas da erlaubt hat. Ich fand das lustig. Sie dürfen nicht vergessen, dass wir das nicht für den österreichischen, sondern für den deutschen Markt produzieren. Der ORF strahlt die Sendung nur aus, weil er die Rechte gekauft hat. Der ORF ist nicht einmal Koproduzent, das ist eine rein deutsche Produktion. Die Schauspieler sind Österreicher, der Autor ist Österreicher, aber der Rest sind Deutsche.
Haben Sie eigene Erlebnisse eingebracht?
Ich bin ja kein Schauspieler, ich bin Kabarettist. Was damit einhergeht: Ich muss auf das zurückgreifen, was ich schon erlebt habe. Natürlich fließt da auch viel Persönliches ein, klar.
Was unterscheidet Ihrer Ansicht nach einen Kabarettisten von einem Schauspieler?
Das ist eine sehr gute Frage. (überlegt lang) Ich kann Ihnen sagen, wie ich meinen Job verstehe. (zögert) Ich sehe mich als Beobachter. Aber das ist eine sehr schlechte Antwort auf eine sehr gute Frage, die ich noch nie gestellt bekommen habe. (überlegt) Von meinem Selbstverständnis her bin ich einfach kein Schauspieler. Ich bin nicht besser oder schlechter, ich bin nur etwas anderes.
Der "Metzger" ist ja eine sechsteilige Romanreihe. Gibt es Pläne, die anderen vier Teile zu verfilmen?
Ja. Das ist ein bisschen davon abhängig, wie viele Leute zuschauen werden am 12. und am 19. Februar. Wenn die Ergebnisse befriedigend sind - wobei ich keine Ahnung habe, was das bedeutet in Deutschland - soll es weitergehen. Dann würden wir im Sommer wieder zwei Teile drehen.
Am Mittwoch hatten Sie den ersten Drehtag zu einem neuen Film. Können Sie dazu schon etwas sagen?
Nein, um Gottes Willen, da werde ich erschossen! (lacht)
Gibt es ein anderes Projekt, auf das wir uns freuen können?
Ja, es kommt etwas Neues. Ich gehe wieder auf die Bühne. Ich schreibe mit Florian Scheuba zusammen mein drittes Kabarettprogramm. Es hat im Oktober im Rabenhoftheater Premiere und ich freue mich wahnsinnig darauf, wieder in Wien auf der Bühne zu stehen und 2016 auf Tournee zu gehen.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.