Deutschlands erfolgreichster Komiker will in seiner Show "Mario Barth deckt auf" zeigen, wo Steuergelder verschwendet werden. Nebenbei offenbart er noch etwas anderes: Er ist kein sonderlich guter Moderator. Und schon lange nicht mehr lustig.

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Mario Barth ist für seine Zuschauer da. Mario Barth geht dahin, wo es wehtut. Mario Barth kämpft für unsere Steuergelder. "Mario Barth deckt auf". Und Mario Barth hat aus einer Rubrik der Satiresendung "extra 3" eine zweistündige Sendung gemacht. Grundsätzlich ist das sogar eine gute Idee. Die Beiträge der Show des NDR decken schon seit Jahren Steuerverschwendungen, Misswirtschaft und Fehlplanungen auf und verarbeiten sie satirisch. Das Problem ist nur: Mario Barth ist kein Kabarettist. Er ist nicht mal ein besonders guter Komiker. Und seine Beiträge sind alles andere als lustig. Vielmehr ist das Polemik mit der Dampframme. Barth stottert sich durch Halbsätze, er schüttelt den Kopf von rechts nach links wie ein Wackeldackel, und dazwischen erinnert er daran, dass er gerade mal wieder das Berliner Olympiastadion ausverkauft hat. Wer jedes Jahr dorthin geht, ist ein Rätsel. Barth ist das Komiker-Pendant zu Modern Talking: Millionen verkauft - und am Ende will es keiner gewesen sein.

Eigentlich soll der Zuschauer sehen, wo seine Steuern landen. Denn der Deutsche regt sich gern auf, er liebt es zu stänkern, und zufrieden, ja zufrieden ist er nie. Erstes Beispiel ist die A44 zwischen Kassel und Eisenach, das letzte Stück Autobahn des Verkehrsprojektes deutsche Einheit. Das Thema ist ein alter Hut, die ehemalige Reichsautobahn ist seit mehr als 90 Jahren ein Sorgenkind. Barth ist das egal und erklärt, dass seit 1991 erst sechs Kilometer fertiggestellt wurden. Für 190 Millionen Euro.

Geld wird symbolisch im Klo runtergespült

Um den dort ansässigen Kammmolch nicht zu gefährden, baute man Tunnel. Für weitere 51 Millionen Euro, berichtet Barth ganz aufgeregt. Und rechnet brav vor, was so ein Molch den Steuerzahler kostet: Im Gebiet gibt es ungefähr 5.000 Exemplare, das macht 10.000 Euro pro Amphibie. Wenig später erklärt ein breit grinsender Rentner, dass seine Bürgerinitiative den Molch nur benutzt habe, um die Lärmbelästigung für die Nachbarorte gering zu halten. Barth findet das lustig. Mehr sagt er dazu nicht. Stattdessen spült er die 50 Millionen symbolisch im Studio in einer überdimensionierten Toilette herunter. Das Publikum johlt. Jeder Zuschauer bekommt das Programm, das er verdient.

Was RTL mit diesem Format erreichen will, ist unklar. Auf der einen Seite schärft der Sender sein journalistisches Profil durch Formate wie "Team Wallraff". Auf der anderen Seite schickt man Kleidungsallergiker auf eine Insel, damit sie sich dort nackt kennenlernen. Eine Rückkehr in düsterste "Tutti Frutti"-Zeiten. "Mario Barth deckt auf" liegt irgendwo dazwischen.

"Wenn ich ein Gemüse wäre, wäre ich nicht verkauft worden"

Prominente wie Rainer Calmund beschäftigen sich mit altbekannten Aufregern, zum Beispiel der Lebensmittelverschwendung. Elf Millionen Tonnen Gemüse und Obst landen in Deutschland jedes Jahr im Müll. Weil sie nicht die optischen Ansprüche der EU-Vorgaben erfüllen, brüllt Calli in seinem Beitrag. Er kämpft für das hässliche Obst, denn: "Wenn ich ein Gemüse wäre, wäre ich nicht verkauft worden."

Der Schuldige ist schnell gefunden: die EU. Die kann sich im RTL-Studio nicht wehren. Dass Deutschland für diese Bestimmungen mitverantwortlich ist: egal. In dieser Sendung geht es nur um die da unten (die Zuschauer) gegen die da oben (die Regierung). Komplizierter darf es nicht werden. Deswegen sitzt im Studio ein Vertreter des Bunds der Steuerzahler. Dieser veröffentlicht seit Jahren ein "Schwarzbuch", das Steuerverschwendungen aufzeigt. Der Bundesrechnungshof beklagt sich aber auch seit Jahren, dass die dort aufgeführten Zahlen hochgerechnet sind und sich viele von ihnen nicht mit Fakten belegen lassen. Noch einmal: egal.

Immer wieder behauptet Barth, die Politiker würden sich weigern, in seine Show zu kommen. Sie haben Angst, "veräppelt" zu werden. Und da er ihnen nicht zusetzen kann, stürmt er mit der Kamera in Kleinstadtämter, die für die betreffenden Fehlausgaben gar nicht verantwortlich sind. Das ist in etwa so, als brülle man einen Postboten an, weil schon wieder das Briefporto erhöht wird.

Das größte Ärgernis ist aber, wie dilettantisch die Idee von "extra 3" in Mario Barths Sendung umgesetzt ist. Lachschleifen, Prominente ohne jegliches Fachwissen, ein Moderator, der keiner ist und Sprüche auf Stammtischniveau, das ist Fernsehen, wie es niemand braucht. Die Subvention der Wagner-Festspiele in Bayreuth mit 2,2 Millionen Euro pro Jahr kommentiert der Komiker gar mit einem Rundumschlag auf Konkurrenz und Kulturbetrieb: "Wenn ich gut bin, kommen die Leute von alleine." Das ist zumindest für den Zuschauer beruhigend. Denn wenn diese Sendung gut ist, gewinnt "Bauer sucht Frau" in diesem Jahr den Grimme-Preis.

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