"Kiwis große Partynacht" wird vorerst abgesetzt. Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) sitzen betrunken auf dem Sofa. Die Feier zum 60. Geburtstag des Kommissars, der hier in Wien bekanntlich Oberstleutnant heißt, tröpfelt allmählich zur Tür hinaus. Die letzten Gäste gehen. "Die Bibi" und "der Moritz" sind sich noch näher als sonst. Man könnte fast sagen: Sie kuscheln. Werden sie auch küssen?

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Iris Alanyali dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Eine Beziehung der Superlative

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So geht er los, dieser Wiener "Tatort", in dem sich alles um die Beziehung der beiden Ermittler zueinander drehen wird. Aber wollen wir Fellner und Eisner wirklich als Liebespaar? Ist das, was sie haben, nicht besser? Eine Beziehung der Superlative: geprägt von großem Vertrauen, unbedingter Loyalität, totaler Offenheit, viel Nachsicht und Humor. Eine sehr tiefe und sehr erwachsene Freundschaft. In "Dein Verlust" erfordert diese Freundschaft von beiden alle Kraft.

Ganz gut also, dass es nicht zum Kuss kommt. Der Moritz sackt einfach weg, und die Bibi geht nach Hause. Aber als Moritz Eisner am nächsten Tag von seiner Tochter Claudia (Tanja Raunig) wachgerüttelt wird, ist Bibi in großer Sorge. Ein Barbesitzer ist in seinem Etablissement ermordet worden, der Geschäftspartner des Toten wird auf Eisner schießen und steif und fest behaupten, den Oberstleutnant zur Tatzeit in der Bar gesehen zu haben. Die außerdem genau die Bar ist, in der Claudia und ihr neuer Freund Lukas (Julius Feldmeier) nach der Geburtstagsparty noch tanzen waren.

Stilsicherer "Tatort"

Doch Moritz Eisner kann sich an nichts erinnern. Ungläubig und benommen taumelt der Kommissar durch diesen Fall, der das Ende seiner Karriere bedeuten könnte. Er tappt buchstäblich im Dunkeln: "Dein Verlust" ist ein von der Regisseurin Katharina Mückstein sehr stilsicher und stylish erzählter "Tatort", der vor allem in von Neonlicht durchschnittener Dunkelheit spielt. Die Ermittlungen führen in die Nachtclubszene, und selbst Eisners Wohnung sieht aus, als erhole sie sich mühsam von einer rauschhaften Nacht. Die Musik, die Kamera (von Karwan Marouf und Michael Schindegger) - alles spiegelt die Perspektive eines zutiefst verunsicherten Mannes, der in sich versinkt und nach Erinnerungen kramt. Das Auto, in dem die beiden durchs nächtliche Wien fahren, wird zum Zufluchtsort, wo Eisner mit Bibis Hilfe versucht, das ihm Erzählte mit dem von ihm Erlebten in Einklang zu bringen.

Weder Bibi Fellner noch Polizeichef Ernst Rauter (Hubert Kramar) glauben an Moritz Eisners Schuld, aber die Indizienlage scheint erdrückend und die Abteilung für interne Ermittlungen rückt immer näher. Es sieht nach einem perfide geplanten Rachefeldzug aus, also wendet das Ermittler-Paar sich Moritz Eisners alten Fällen zu und sucht nach Feinden.

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"Dein Verlust": Liebes-Film statt Krimi?

Es empfiehlt sich, "Dein Verlust" (Drehbuch: Thomas Christian Eichtinger und Samuel R. Schultschik) nicht als Krimi, sondern als Film über Bibi Fellner und Moritz Eisner zu betrachten. Wer diesem Berufs-"Liebes"-Paar auch dann gerne zuschaut, wenn es einfach nur flachsend am Imbiss steht, wird diesem "Tatort" seinen ziemlich abstrusen Kriminalfall verzeihen. Ein Fall, der sich vor allem für die beiden Ermittler interessiert sowie Adele Neuhauser und vor allem Harald Krassnitzer glänzen lässt. Die Logik bleibt dabei auf der Strecke, und über das Ende wollen wir höflich schweigen. Was in diesem Film mitreißt, das sind Bibi Fellners Sorge und Energie, das ist die Erschütterung Moritz Eisners, der von Angst, Verzweiflung und Panik überwältigt zu werden droht.

"Dein Verlust" ist ein Film über den (drohenden) Verlust eines geliebten Menschen und darüber, dass das nicht unbedingt romantische Liebe sein muss, um zu schmerzen. Und es ist ein melancholischer Film. Denn die Beziehung zwischen "der Bibi" und "dem Moritz" ist auch ein bisschen traurig: "Dein Verlust" zeigt, was auf dem Spiel steht - die beiden Kollegen haben sonst niemanden. Nur sich.

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