Anlässlich des 40. Jubiläums der vier Filme aus der "Supernasen"-Reihe mit Thomas Gottschalk und Mike Krüger lud RTL zu einer beinah dreistündigen Show, in der Schenkelklopfer in Serie gingen und Leute relevante Aufgaben übernahmen, die damals noch gar nicht geboren waren, was dafür spricht, dass auch RTL unter dem Fachkräftemangel zu leiden hat. Neben Laura Wontorra, die die Sendung moderierte, traf man am Samstagabend auch auf Chris Tall und Oliver Pocher sowie Anja Kruse, Ingolf Lück, Frauke Ludowig und Heino, der in den "Supernasen"-Streifen in einer Tour verarscht wurde

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"Unsäglich platte Klamotte mit allen Klischees der deutschen Filmkomödie", ist etwa im "Lexikon des internationalen Films" über den Streifen "Piratensender Powerplay" zu lesen. Auch Adolf Heinzlmeier und Berndt Schulz fanden den Film "Zwei Nasen tanken super" offenbar nicht extrem spannend. Zumindest geht dies aus ihrem "Filme im Fernsehen"-Lexikon hervor. Da heißt es: "Das Blödelduo Gottschalk/Krüger ist sich für keine Plattheit zu schade, die das Drehbuch ihm einbrockt; filmischer Absturz ins Kintopp der Adenauer-Ära. Wertung: Flop." Auch die anderen beiden Movies der Reihe – "Supernasen" und "Die Einsteiger" – fuhren einst ähnliche Kritiken ein.

Laura Wontorra, die die Jubiläumsshow "40 Jahre Supernasen" am Samstagabend moderierte, musste natürlich anderer Ansicht sein. Zu Beginn der RTL-Jubiläumssendung "40 Jahre Supernasen" ließ sie uns wissen, dass man heute im Admiralspalast in Berlin vier legende Filme feiern wolle. Ihr Job: den seichten Verkaufsschlagern von einst schnell mal Kultstatus zubilligen. Auf die ganzen Altherrenwitze freute sich Wontorra auch schon.

Viel Applaus für Gottschalk und Krüger

Vor über 40 Jahren tauchte mit "Piratensender Powerplay" (1982) der erste der "Supernasen"-Filme auf den Leinwänden der deutschen Kinos auf. Und Thomas Gottschalk und Mike Krüger schienen den richtigen Riecher gehabt zu haben, strömten doch seinerzeit unzählige Menschen in die Kinos, was unzählige andere wiederum so gar nicht nachvollziehen konnten. Alle vier Filme wurden jedenfalls stets von mimender Prominenz begleitet – darunter Evelyn Hamann, Dagmar Berghoff, Anja Kruse, Katja Flint, Gunther Philipp oder Udo Kier. Für die Hauptprotagonisten Gottschalk und Krüger gab es im Admiralspalast vom Livepublikum dann minutenlang stehende Ovationen. Und damit, dass RTL seit 1. Juli die vier Streifen der beiden im Streamingdienst "RTL+" im Programm fährt, hatte das alles aber ganz sicher nichts zu tun.

Chris Tall: "Mein Vater war schon ein Riesenfan"

Als erster Gast an diesem Abend tauchte Comedian Chris Tall auf, der vor 40 Jahren noch gar nicht das Licht der Welt erblickt hatte. "Mein Vater war schon ein Riesenfan. Und sein Opa. Und dessen Opa. Und dessen Opa", kalauerte Tall gleich mal so, dass es auch wirklich jeder verstand. Indes wurde auf Twitter jemand ein "Ich glaube, ich halte das nicht lang aus" los. Nein, natürlich sei er selbst auch Fan, meinte dann Tall, der sich zur Vorbereitung auf seine "Supernasensuperfan"-Rolle vermutlich aufwändigst durch vier Wikipedia-Seiten geackert hatte. "Man sieht einfach, was man früher alles für Gags raushauen konnte. Wie locker alles war", griff der Spätgeborene dann noch den Humor der Filme auf, der heute in dieser Form wohl tatsächlich nicht mehr so ganz einfach durchzubringen wäre. Kurzer Dialog als Beispiel? "Die suchen einen, der im Englischen Garten Frauen belästigt". "Vielleicht bewerbe ich mich".

Vor der Show freute sich Krüger laut RTL jedenfalls darauf, "40 Jahre Feinsinn, Kunstgenuss und die wilde Freiheit der 80er" zu feiern. Auch Gottschalk ließ man in der Pressemeldung zu Wort kommen: "Von den ‚Supernasen‘ weiß man, dass Mike der Schöngeist war und ich der Schöne – das haben wir bis heute durchgehalten, wovon man sich bei der großen Nacht der ‚Supernasen‘ bei RTL persönlich überzeugen kann und sollte."

Auch echte Schauspieler spielten mit

Nachdem die Regie ein paar "Highlights" der Filme eingespielt hatte, ließ man Andrea L’Arronge, Denise Biellmann und Anja Kruse antanzen, die einst Teil des Casts waren. L’Arronge gab an, die beiden Hauptprotagonisten das letzte Mal tatsächlich bei den Dreharbeiten gesehen zu haben. "Nein, wir haben uns vor 25 Jahren bei einem Golfturnier gesehen. Ich hab es nicht vergessen", korrigierte sie Krüger leicht vorwurfsvoll. Kruse und Gottschalk begegnen einander immer wieder mal bei den Salzburger Festspielen. "Für mich war das damals ein Riesenspaß und eine Riesenabwechslung, weil ich bei den Dreharbeiten zwischen My Fair Lady‘ und ‚Maria Stuart‘ stand – also zwei Theaterproduktionen und somit etwas völlig anderem", erzählte Kruse, bevor es kurz um die Schauspielerei an sich ging. "Thomas, Tom Cruise und ich machen ja alle unsere Stunts selber", witzelte Krüger.

Auch Oliver Pocher zu Gast

Da Gottschalk einst in einem der Filme auf ein Wurfrad geschnallt und mit Messern beworfen wurde, hielten es die Macher der Jubiläumssendung für eine ganz gute Idee, Oliver Pocher einzuladen, um mit ihm, da echte Messerwerfer einfach Geld kosten, so zu tun, als würde man ihm Ähnliches zumuten.

"Zwei Nasen tanken super" habe er im Kino gesehen. "Da war ich fünf, sechs Jahre. Und zur Vorbereitung der Sendung hab ich sie mir auch wieder angeguckt", berichtete der Comedian. "Gibt es einen Gag, für ihre euch heute schämt, wollte Wontorra wissen. "Einen?", kam Pocher den "Supernasen" zuvor. Auch Moderatorin Frauke Ludowig tauchte - warum auch immer - jetzt auf. Sie habe beeindruckt, "dass die Filme richtig gut produziert waren", was niemand wirklich ernst nahm.

Jörg Pilawa "zufällig" im Publikum

Zwischenzeitlich erzählten Krüger und Gottschalk immer wieder mal von den Dreharbeiten. So etwa verriet der "Wetten, dass…"-Moderator, dass sie einst auf Gran Canaria auf Kamelen reiten mussten. "Und die haben tatsächlich drei Dünen auf Gran Canaria gefunden", so der 72-Jährige, der von den Dünen von Maspalomas offenbar auch bis dato nichts gehört haben dürfte. Dass danach ein Quizmaster für ein paar Fragen, die Tall und Pocher zu den Filmen beantworten sollten, gesucht war und Jörg Pilawa im Publikum saß, hielt ein Teil der Zuseher wohl für einen totalen Zufall. Eine der "spannenden" Fragen des Quizes:

Welcher der beiden Supernasen knutsche in den vier Filmen mehr?

A: Mike

B: Thommy

C: Gleichstand

"Es ist auf jeden Fall derjenige, der das Drehbuch geschrieben hat", so Tall. Krügers Antwort darauf: "Dass ich mir damals die Knutschszenen reingeschrieben habe, stimmt schon. Ich war ja schon länger verheiratet". Danach wurden sämtliche Kussszenen präsentiert. "Ich hab ja wirklich alles weggeknutscht, was da rumstand", kommentierte Gottschalk die zusammengeschnittenen Lippenbekenntnisse, ehe man mit Heino die nächste Eskalationsstufe zündete.

Der blonde Schlagerbarde, der von Gottschalk und Krüger, die in den Movies übrigens gleich viel knutschten, immer mächtig verarscht wurde, meinte jetzt, Publikum und Zuseher mit einer Playback-Version von Sternenhimmel (Hubert K.) beglücken zu müssen. "Wen wir beleidigt haben, den mussten wir mögen", so ein heute höflicher Gottschalk über das Heino-Gedisse seinerzeit. "Die große Zusammenführung", nannte Wontorra die zwei Minuten, in denen Gottschalk, Krüger und Heino jetzt zusammenstanden. Ach ja!

Endlich die haarigen Themen

Dass nur oberflächlich geschwätzt wurde und ein Schenkelklopfer dem anderen folgte, schien auch einer Dame auf Twitter nicht so zu schmecken. Sie wollte, so schien es, auch relevanten Aspekten Raum geben: "Ich bin schon von Anfang an ein großer Thomas-Gottschalk-Fan. Leider hat er wegen seiner neuen Freundin nun auch so eine 0815-Frisur. Sein Markenzeichen ist weg! Konnte sie sich nicht gleich einen Kurzhaarigen anlachen?", kritisierte die Unzufriedene. Aber echt jetzt! Warum, Thommy? Warum nur? Aber leider: Nicht alle Fragen wurden am Samstagabend beantwortet. Wie man etwa einen Fallschirm öffnet, hingegen sehr wohl – und zwar vom 70-jährigen Krüger, der in seinem immerhin live gesungenen Hitmedley natürlich auch den "Nippel" performte. "Die Stimme ist noch da", so Krüger nach seinem Auftritt. "Die Stimme war nie da", entgegnete ihm Gottschalk.

RTL dreht einfach ab

Dass am Ende noch Komiker Hans Werner Olm, Otto Retzer und Ingolf Lück auftauchten und Markus seinen 80er-Hit "Ich will Spaß" Playback sang, machte den Abend, der einfach nicht aufhören wollte, um nichts weniger schlecht. Lück, der mit den vier Filmen eigentlich genau gar nichts zu tun hatte, verriet am Ende noch seinen Lieblingsgag aus der Reihe: "Dass die Frau des Generaldirektors, von der man annahm, sie sei entführt worden, wie sich später herausstellte, nur in ‚Bad Spänzer‘ urlaubte, fand ich sehr gelungen", so der auch schon 64-Jährige. Diese beiden "Supernasen" sind nach 40 Jahren aber sowas von Kult", meinte Wontorra dann noch am Ende einer fürchterlichen Sendung, die den Zusehern schließlich auch noch den von Mike Krüger und Thomas Gottschalk gesungenen "Status Quo"-Klassiker "Rockin’ All Over the World" bescherte. Wobei RTL nicht mal das Ende der Darbietung abwartete, sondern bereits nach zwei, drei Minuten ausstieg. Apropos, für die nächste Sendung ein Tipp an den Sender: Sich ein Konzept im Vorfeld zu überlegen, hat durchaus Vorteile!

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