In der vergangenen Folge zeigte sich Heidi Klum mit den Rückflugtickets sehr zurückhaltend. Kein einziges Model musste gehen. Aber weil "Germany's next Topmodel" nun mal kein Lagerraum für angehende Laufstegschönheiten ist, musste Klum in der neuesten Folge nun personell kräftig durchfeudeln. Gleich sechs Models erwischte es diesmal.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

"Also, meine lieben Models. Heute muss ich wirklich die Taschentücher rausholen", erklärt Heidi Klum in der neuesten Folge nach einer knappen Stunde. Was war passiert? Gab es diesmal das schniefige Schnupfen-Shooting? Den frechen Frühblüher-Walk? Oder hat sich die Klum beim kalten Buffet einfach nur auf den Kittel gekleckert? Weder noch, denn natürlich nutzt Klum die Taschentuch-Metapher nur, um ihre Models auf einen tränenreichen Abgang einzustimmen. Die Taschentücher brauchen dabei allerdings die Models, Klum steckt die Abgänge dieser Folge ohne Verlust von Tränenflüssigkeit weg.

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Doch bevor Klum ihre nicht geweinten Tränen trocknet, müssen ihre Models erst einmal Gründe liefern, warum Klum heute wirklich die Taschentücher rausholen wird müssen. Die erste Gelegenheit, die Folge zu vergeigen, bietet den weiblichen Models ein Hersteller von Damen-Unterbekleidung, denn: "Wir suchen heute das Gesicht für unsere neue Fashion-Kampagne". Was die Frau, deren Firma heute das Gesicht für ihre neue Fashion-Kampagne sucht, meint, ist: "Wir brauchen ein Model für unsere Schlüppis und warum denn nicht bei ‚Germany's next Topmodel' danach suchen? Da ist das Model-Suchen auch noch Werbung zur besten Sendezeit, clever, was?"

Aber die Unterwäschverkäuferinnen suchen nicht irgendein Model: "Sie sollte am besten einfach Natürlichkeit mitbringen, Leichtigkeit, so dass man einfach sieht, dass sie sich wohlfühlt in unseren Produkten", heißt es in der Stellenbeschreibung und außerdem gilt: "Bitte nicht zu sexy sein, wir mögen's lieber elegant und zeigt uns, dass ihr euch wohlfühlt." Fassen wir kurz zusammen: natürlich, leicht, nicht sexy und wohlfühlen. Klingt nach Standardanforderungen für ein Model, schließt aber alle Models aus, die natürlicherweise sexy sind, sich aber trotzdem wohlfühlen. Ein bisschen gemein.

Grace wird das Unterwäsche-Gesicht

Aber lassen wir die Katze aus dem Sack oder das Model in die Unterhose: Grace wird das neue Schlüpper-Gesicht, interessanterweise nicht, weil sie natürlich, leicht und elegant war, sondern "superfacettenreich". Der Rest läuft dann ab, wie er immer abläuft, wenn ein Model einen Job schießt: Die Frauen von der Unterhosen-Firma dürfen nochmal erzählen, dass die Kampagne wirklich bedeutend ist, Grace "fühlt das Outfit" und macht den Job ganz hervorragend und auch die Unterbuxen-Verkäuferinnen sind glücklich mit dem Tag mit Grace. Ach, wie gut, dass es "Germany's next Topmodel" gibt!

Grace ist also versorgt für diesen Tag, die anderen brauchen allerdings noch eine Beschäftigung und da hat die Klum mal ein bisschen gebrainstormt: "Damit die anderen Models ihre Zeit sinnvoll nutzen, hab ich mir was überlegt." Die Damen und Herren Daheimgebliebenen sollen innerhalb von vier Stunden jeweils einen kleinen Videoclip über sich selbst zu drehen, danach muss die Gruppe zwei Gewinner küren. Also überlegen sich die Models ein bisschen was und jonglieren, schlagen Räder, singen, tanzen, rappen und kloppen ein paar Schlagworte in die Kamera.

Irgendwann merken die ersten, dass es zeitlich ein bisschen knapp wird, will man allen Zeit vor der Kamera ermöglichen. Und dann gibt es noch ein anderes Problem: "Die Hälfte wird fair bewerten, die andere Hälfte wird, glaub ich, eher nach Sympathie bewerten", ahnt Aldin. Ihm dämmert allerdings nicht, dass genau das der Grund ist, warum die Models überhaupt diese Aufgabe bekommen haben. Denn neben dem ganzen Wettbewerb- und Model-Gedöns sind die sozialen Reibereien ja der Klebstoff, der die Show zusammenhält.

20 Windmaschinen gegen 23 Models

Das klappt allerdings diesmal nur so leidlich. Denn abgesehen davon, dass die Models sich unnötig schwer damit tun, eine einfache Abstimmung zu organisieren, sind sie sich relativ schnell einig, dass Frieder und Stella die Aufgabe am besten gemeistert haben. Zur Belohnung dürfen die zwei nun jeweils 500 Dollar in den Klamottenläden von Los Angeles auf den Kopf hauen. Mit dem Schlüpfer-Casting, dem Videodreh und der Shoppingtour ist aber gerade einmal die Hälfte der Folge gefüllt, was aber auch ganz gut so ist, denn die Klum braucht diesmal ein bisschen mehr Zeit für den üblichen Entscheidungswalk.

"Eine Entscheidung wie die heutige gab es in all den Jahren noch nie", behauptet Klum und das Alleinstellungsmerkmal ist Folgendes: "Heute werdet ihr über einen wunderschönen Runway laufen, auf dem ihr an fünf Stellen stehen bleiben müsst. Ihr müsst also fünf Posen zeigen. Die Herausforderung dabei ist es, gegen sehr starken Wind zu laufen. Dabei tragt ihr einen Schleier über dem Kopf", erklärt Gastjurorin Winnie Harlow und wenn Sie sich jetzt "Aber warum das denn?" fragen: Tun Sie es nicht, das wird zu nichts führen.

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Es geht bei solchen Walks nämlich nicht darum, dass die Models hier irgendetwas lernen oder dass sich ein Designer ausdrücken kann, sondern darum, dass "Germany's next Topmodel" im Grunde ein einziges Herumgestehe und -gelaufe ist, das man mit allerlei Nonsens variieren muss, bevor noch auffällt, dass da immer nur das Gleiche passiert.

GNTM 2024: nur der Anfang oder schon das Ende?

Deshalb müssen sich diesmal auch die sechs Schlechtesten der vergangenen Folge erst einmal für den Entscheidungswalk qualifizieren, was uns zur Eingangsszene mit Klums Taschentüchern führt. Denn nach dem Qualifizierungswalk ist Kandidatin Nuri die erste, die die schlechte Nachricht erfahren soll und die leitet Klum so ein: "Nuri, ich muss dir leider den Satz sagen, den keiner von euch hören möchte." Was könnte das wohl für ein Satz sein? Wir hätten da mal ein paar Möglichkeiten:

  • A: "Übrigens, Klopapier in der Model-Villa ist alle!"
  • B: "Das hier ist gar kein Model-Wettbewerb, sondern eine TV-Unterhaltungsshow – reingelegt!"
  • C: "Nuri, ich glaube, wir haben uns mit dieser Überbewertung von Models und diesen ganzen oberflächlichen Idealen völlig verrannt. Lassen wir's gut sein."
  • D: "Heute lesen wir alle mal ein Buch!"

Die richtige Antwort ist natürlich E: das Sprüchlein mit dem Foto, das Klum leider nicht hat. Außerdem bekommt Nuri noch zwei Sätze gratis obendrauf: "Und ich sag das jedem, der mich hier verlässt auf dieser Reise: Das kann ein Anfang gewesen sein für vieles, was noch kommt." Ja, es kann aber auch das Ende gewesen sein, für alles was gewesen ist. Oder ein Zwischenschritt zwischen vielem, was war und manchem, was noch kommt. Oder, ganz verrückt: Der Anfang für vieles, was hätte kommen können, am Ende aber nicht gekommen sein wird.

Neben Nuri erwischt es aber noch fünf weitere Models: Yusupha, Lilli, Dominik, Jana und Felix dürfen nun gucken, ob das alles der Anfang gewesen ist für vieles, was noch kommt oder einfach nur das Ende einer Folge "Germany's next Topmodel".

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Teaserbild: © ProSieben / Sven Doornkaat