"Malle ist nur einmal im Jahr" - die Textzeile aus dem Lied von Ballermann-Sänger Peter Wackel wird wohl einige Schlagersänger schmerzen. Aus einmal wurde dieses Jahr bisher keinmal: Denn statt wilder Partys und einem voll gebuchten Kalender müssen sich die Künstler nun Gedanken um alternative Einnahmequellen und Abstandsregeln machen.
Am Ballermann sitzen normalerweise Gruppen amüsierfreudiger deutscher Urlauber am Strand und trinken mit extralangen bunten Strohhalmen Alkoholisches aus blauen Eimern.
Die blauen Eimer gibt es auch im Corona-Sommer, aber darin sind nur Fische: Sie gehören den einheimischen Anglern, die an Mallorcas bekanntestem Strand abends ihre Ruten aufstellen. Die nötige Ruhe ist da: Die großen Biergärten und Discos wie Megapark und Bierkönig sind nach wie vor geschlossen. Die Inselregierung will es so.
Kleinere Clubs mit einem Fassungsvermögen von maximal 300 Gästen dürfen seit der Aufhebung des Notstands am 21. Juni zwar wieder öffnen, aber auch nur für zwei Drittel der sonst erlaubten Gästezahl und ganz ohne Tanzfläche: Die bleibt geschlossen, dafür stehen dort Tische, an denen die Clubbesucher Platz nehmen müssen.
Dass ihre Wirkungsstätten geschlossen bleiben, trifft die Sänger unterschiedlich hart. Einer der wenigen, die derzeit vor Ort sind, ist Steffen Peter Haas. Der Franke mit dem Künstlernamen Peter Wackel hat eine Finca auf der Insel. "Da werden die Olivenbäume jetzt gerade noch ein bisschen mehr gepflegt als sonst." Wenn er sich nicht als Teilzeitlandwirt beschäftigt, bespaßt er an der Playa die wenigen Urlauber mit Privat-Konzerten.
"Ich genieße das Alleinstellungsmerkmal, es ist ja sonst niemand hier", sagt Haas lachend, der seine Begegnungen mit den Fans werbewirksam bei Facebook postet.
Mia Julia singt jetzt im Autokino
Er brauche die Nähe zu Fans. "Diese Autokino-Geschichte in Deutschland habe ich kategorisch abgelehnt, das ist für mich keine Alternative. Diese Distanz mag ich nicht", sagt der 43-Jährige. Ganz anders seine Bierkönig-Kollegin
"Als ganz am Anfang alle Auftritte abgesagt wurden, wollten wir trotzdem den Kopf nicht in den Sand stecken", erzählt die aus Oberbayern stammende Sängerin. Anfangs sei der Gedanke, vor in Autos sitzenden Fans aufzutreten, ein wenig komisch gewesen: "Party ganz ohne Eskalation und Springen konnte ich mir nicht richtig vorstellen. Aber dann haben beim ersten Konzert die Autos gewackelt, die Leute haben geschrien und gewunken und es war eine geile Stimmung: Die Fans sind einfach dankbar, dass überhaupt was geht."
Aber der Bierkönig fehle ihr schon sehr - und auch die Besucher der Autokonzerte zollen ihrem geliebten Party-Biergarten Tribut. Auf den Windschutzscheiben liegen T-Shirts mit dem Logo des Feiertempels, es ist auch auf Fahnen zu sehen, die auf Autodächern geschwenkt werden. Ein vollwertiger Ersatz für die Party am Ballermann sind die Autokino-Auftritte der 33-Jährigen eben doch nicht.
Party sei "doch wichtig für das soziale Umfeld. Auch wenn es oft belächelt wird, aber das ist der Jahresurlaub, man trifft seine Freunde und hat eine gute Zeit, das wäre schon sehr schade, wenn das in diesem Sommer gar nicht stattfindet."
Ob und wie es am Ballermann weitergeht, weiß keiner der Stimmungsmusiker. Zwar stehen alle in Kontakt mit den Verantwortlichen, doch auch die können nur weitergeben, was gerade der aktuelle Stand der Dinge ist.
Die bekanntesten Partystätten an der Playa de Palma sind deutlich größer als die kleinen Läden, die schon wieder öffnen dürfen: Im Bierkönig haben 2.899 Feierwütige Platz, im Megapark 1.434, und selbst die vergleichsweise kleine Disco Oberbayern fasst 650 Gäste.
Alle drei Kultorte sind deshalb nach wie vor verrammelt. Über eine mögliche Öffnung auch größerer Clubs soll nun eine Kommission alle 15 Tage neu beraten.
Ballermannstar Jürgen Drews bleibt vorsichtig
"Ich habe nicht vor, auf die Insel zu reisen, solange ich dort nicht auftreten kann. Im Flieger muss man ja dann doch wieder eng beieinander sitzen", sagt er der Deutschen Presse-Agentur. Er habe die Zeit seit Anfang März genutzt, um seine Autobiografie zu beenden und ein neues Album aufzunehmen.
Das zweite Standbein von Melanie Müller hingegen wackelt ziemlich. Die Massen, denen die Partysängerin in den vergangenen Jahren mehrmals pro Woche auf der Bühne des Bierkönigs einheizte, fehlen auch als Kunden für ihre vor drei Jahren nahe der sogenannten "Bierstraße" eröffnete Wurstbude.
"Dass Bierkönig und Megapark noch nicht aufmachen, ist eine reine Katastrophe für mich, so brauche ich natürlich auch die Wurstbude nicht aufzumachen."
Die 32-Jährige bestätigt wie auch Mia Julia und Peter Wackel die auch in Deutschland schlechte Geschäftslage: "Jeden Tag kommen neue Absagen, selbst die kleinen Oktoberfeste finden alle nicht statt", klagt sie. Zumindest den Mallorca-Sommer 2020 hat sie bereits abgeschrieben: "Die Saison ist im Eimer", sagt Müller resigniert. (awa/dpa)
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