Na, heute schon ein Bierchen gehabt? Nein? Aber doch wohl einen kleinen Schnaps, oder? Auch nicht? Dann gehören Sie wohl eher zum Team Tom. Der Gitarrist unter den Kaulitz-Twins verzichtet nämlich gerade auf Alkohol. Zum Glück gibt es da ja noch Bruder Bill. Irgendwer muss sich ja um die Tradition kümmern.
Bill und
So gehört es zur Tradition ihres Podcasts, dass sich die beiden zur Einstimmung einen Drink mixen. "Moment, einmal, was soll denn das für eine Tradition sein?", werden die Almhirten unter uns einwerfen. Aber bevor dem einen oder der anderen die Lederhose reißt: Wenn es in Deutschland eine Tradition gibt, dann ja wohl die des Betrunkenseins.
Hoch, die Tassen – Deutschland ist ein "Hochkonsumland"!
Im "Jahrbuch Sucht 2023" zum Beispiel steht, dass Deutschland in Bezug auf Alkohol ein "Hochkonsumland" sei. Knapp acht Prozent der Deutschen würden die Alkoholtradition sogar sehr intensiv leben, also "in gesundheitlich riskanter Weise" trinken. Damit ist wahrscheinlich nicht gemeint, dass man am Piccolo-Fläschchen nippt, während man auf einem brennenden Hochseil Asbest-Platten zuschneidet, sondern dass man zu oft zu viel Alkohol trinkt.
Ja, wer seine Heimat liebt, trinkt. Deutschland ist nicht das Land der Dichter und Denker, sondern das Land der Dichten und Trinker und von einem nachlassenden Traditionsbewusstsein kann auch keine Rede sein. Mag sein, dass den Heimatvereinen und Jodel-Gruppen der Nachwuchs fehlt: Beim Alkohol haben Jugendliche wieder Spaß am Brauchtum – und saufen. Von wegen, die Jugend von heute hätte nur ihr eigenes Wohlbefinden im Kopf!
Nein, auch unsere Teenager haben ein Herz für die Dinge, die unserer Gemeinschaft wichtig sind. 2021, so sagen es die nüchternen Zahlen, hätte sich fast ein Viertel der 16- und 17-Jährigen innerhalb der letzten 30 Tage einen Rausch angesoffen. Das ist gelebte Tradition! Unsere Jugendlichen nehmen unsere Liebe zum Saufen ernst und ich denke, wir können stolz sein auf unsere erfolgreiche Nachwuchsarbeit.
"Männertee"? - Komm schon, Tom!
Ob Bill Kaulitz auch so ein Alkohol-Ultra ist, wissen wir nicht, aber für die jüngste Folge zeigt sich der Sänger sehr traditionsbewusst. Bereits in der Nacht vor der Aufnahme habe er "einen gebechert" und setzt nun die Kaulitzsche Podcast-Alkohol-Tradition fort, indem er sich einen "Wachgeküsst" mixt. Das ist im Grunde ein Frühstücksbrei mit Obst, den Bill mit einem großen Schuss Wodka zu einem Drink veredelt. Manchmal steckt Tradition eben in den kleinen Dingen und sei es in einem Frühstücksbrei.
Bill ist also mehr als bereit für Traditionspflege, allerdings schießt Bruder Tom in dieser Folge quer. Er habe nämlich gerade östlich von Magdeburg mit einer Fastenkur begonnen und da heiße es: "Gesundheit, Gesundheit, Gesundheit". Dementsprechend sei diesmal bei ihm kein Drink im Glas, sondern ein "Männertee" in der Tasse. Anders als Alkohol ist der nicht proletentumanschwellend und leberhämmernd, sondern "prostataabschwellend und entzündungshemmend".
Das ist natürlich ein Debakel für den Heimatschutz. Wir geben uns so große Mühe, unsere Kinder von den wirklich gefährlichen Dingen wie Vegetarismus oder Demos für Klimaschutz fernzuhalten! Sogar große Boulevard-Blätter helfen uns dabei, wo sie nur können. Und dann kommt so einer wie Tom Kaulitz und trinkt einfach mal zwei Wochen nichts! Was stimmt mit dem nicht? Ich meine: Gerade Musiker wie Tom Kaulitz, die Tausende Kids erreichen, haben doch auch eine Vorbildfunktion!
Alkohol ist mehr als nur ein Promille-Wert
Zum Glück ist Bill mit seinem Drink in der Hand noch bei klarem Verstand, denn dieses Detox-Gelaber nerve ihn: "Das Leben ist zu kurz, um Detox zu machen", meint Bill und als Tom einwendet, dass es doch nur ein, zwei Wochen seien, bringt Bill es auf den Punkt: "Aber guck mal, was du in ein, zwei Wochen für einen Spaß haben könntest!" Eben! Alkohol, das zeigt das pure Leben, ist nicht nur ein Promille-Wert. Nein, Alkohol ist ein Indikator für Spaß. Alkohol zeigt uns an, wie viel Spaß wir gerade haben.
Nicht umsonst sind Veranstaltungen wie das Oktoberfest Hochburgen des Alkohols und des Spaßes gleichermaßen. Würde man beim Oktoberfest nur Männertee ausschenken, hätte man zwar haufenweise Gaudibuam mit zarter Prostata, aber eben keinen Spaß. Das merkt man ja bei Menschen, die beim Oktoberfest nüchtern bleiben. Die sehen in der Sauferei dort lediglich eine Ansammlung von Fällen sexueller Belästigung, von Körperflüssigkeiten, wo sie nicht hingehören und schlechtem Musikgeschmack. Aber mit Alkohol im Blut: Spaß pur!
Spaß ist nur dann Spaß, wenn man betrunken ist. So will es die Tradition. So viel Spaß wie auf dem Oktoberfest würde man doch nüchtern auch gar nicht aushalten. So sieht es auch Bill Kaulitz: "Mein Detox ist die Freude am Alkohol", meint Bill und man kann nur hoffen, dass unsere Jugendlichen da ihrem Idol vertrauen. Denn wie heißt es so schön: "Tradition ist nicht das Halten des Glases, sondern das Weitergeben der Flasche."
Verwendete Quellen
- Bundesgesundheitsministerium: Alkohol
- zdf.de: Deutschland, Land der Trinker
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