Schauspieler, Sänger, Rockstar: Meat Loaf, der mit "Braver Than We Are" sein 13. Studioalbum veröffentlicht, erinnert sich im Interview an knapp vier Jahrzehnte auf der Bühne und äußert mit Blick in die Zukunft einen Wunsch: Man solle ihn als "einen von den Guten" in Erinnerung behalten.
Meat Loaf, der 1947 in Dallas, Texas, als Marvin Lee Aday geboren wurde und sich seit 1984 Michael nennt, ist eine Rocklegende, ohne Wenn und Aber. Eine der letzten, die noch leben. Wer erinnert sich nicht an seinen furiosen Auftritt 1975 in der "Rocky Horror Picture Show"?
An seine gefeierten "Bat Ouf Of Hell"-Alben? Oder an das Musikvideo zu "I'd do anything for love (but I won't do that)", mit dem er 1993 in Sachen Aufwand und Theatralik neue Maßstäbe setzte? Über Jahrzehnte lebte
Dafür spricht der Schauspieler und Sänger offen über gerissene Hosen, Internet-Feiglinge und sein neues Album "Braver Than We Are", bei dem er noch einmal mit Star-Komponist und Langzeit-Kumpel Jim Steinman zusammenarbeitete.
Teleschau: Vor einigen Jahren hörten Sie eigentlich mit dem Touren auf. Zuletzt spielten Sie aber doch wieder Konzerte, und Sie haben ein neues Album aufgenommen, noch dazu eines mit Jim Steinman. Wie kam es dazu?
Meat Loaf: Mir war immer klar, dass ich noch ein paar Shows in Las Vegas spielen würde. Auch, dass noch Konzerte in Kanada und den Vereinigten Staaten kommen. Ich hätte allerdings nicht gedacht, dass ich jemals nach Europa zurückkehren würde.
Nun sind Sie also doch wieder über den Atlantik gekommen, zuletzt gab es auch Pläne für eine Tour ...
Es gab einfach so unglaublich viele Anfragen, unter anderem bei Facebook, dass ich irgendwann sagte: Okay, los geht's!
Gerade in Deutschland sind Sie schon lange überaus populär ...
Was mich anfangs sehr überraschte. Als ich in den späten 70-ern meine ersten Deutschland-Konzerte gab, dachte ich: Niemand wird wissen, worum es in meinen Liedern geht. Tatsächlich haben aber sehr viele Leute schon damals mitgesungen ...
Verbinden Sie mit Deutschland besonderen Erfahrungen?
Da gab es vor vielen Jahren mal ein Event, das mir in Erinnerung blieb. Es war eine riesige TV-Veranstaltung, ich weiß allerdings nicht mehr wo. Ich weiß nur noch, dass meine Hose während des Auftritts riss, und ich trug keine Unterwäsche. Die Leute um mich herum versuchten verzweifelt, mich darauf aufmerksam zu machen, was los war. Und die Kamera hielt voll drauf ... (lacht)
Das neue Album haben Sie nun mit Ihrem alten Weggefährten Jim Steinman aufgenommen, der für vier Ihrer Bestseller-Alben hauptverantwortlich war. Über die Jahre gab es zwischen Ihnen aber auch einige Schwierigkeiten ...
Das ist nicht ganz richtig. Jim und ich standen immer in Kontakt. Und ich wollte einfach, dass er bei diesem Album noch einmal mitwirkt.
Das Album war also Ihre Idee?
Jimmy dachte nicht, dass er noch einmal eine Platte aufnehmen würde. Zuerst kontaktierte ich seinen Manager, der blockte ab: "Auf keinen Fall, das wird nicht passieren." Also ging ich direkt zu Jim, wir sprachen über das Album - und nahmen es auf, bevor irgendjemand davon erfuhr.
Sie und Jim Steinman haben schon in der Vergangenheit Großes geschaffen. Was macht Sie als Team so stark?
Jimmy schreibt seine Songs nie als Jim Steinman. Er schreibt immer aus der Perspektive einer Rolle, einer Figur. Und ich singe immer aus der Perspektive einer Figur, nie aus meiner eigenen heraus. Ich denke, das ist der Grund, warum Jim und ich zusammenpassen wie Salz und Pfeffer.
Warum gab es dann über die Jahre nur vier gemeinsam aufgenommene Alben?
Naja, nach "Bat Out Of Hell" beispielsweise hatte ich einen Nervenzusammenbruch. Jim aber wollte weiter arbeiten, und das tat er auch. Später musste ich dann einmal die USA verlassen - aus verschiedenen Gründen, auf die ich hier nicht eingehen werde. Schließlich begann Jim, intensiv mit Bonnie Tyler zu arbeiten, was ja auch eine großartige Sache war ... Aber: Er und ich waren über die Jahre immer eng befreundet.
Viele Fans hätten Sie gerne noch einmal auf einer gemeinsamen Tour gesehen ...
Jim hat ja jetzt wieder eine Show: das "Bat Out Of Hell"-Musical, das im kommenden Februar anläuft.
Warum wirken Sie dabei nicht mit? Immerhin handelt es sich bei "Bat Out Of Hell" um eines Ihrer erfolgreichsten Alben.
Das ist Jims Show. Er träumte von diesem Musical schon vor 50 Jahren, lange bevor wir uns trafen. Alles, was ich tun will, ist ihn dabei bestmöglich zu unterstützen.
Das neue Album heißt "Braver Than We Are". Was bedeutet Mut für Sie?
Sich einer Herausforderung oder einer Krise zu stellen, ohne sich weg zu ducken: Das ist Mut. Für mich persönlich bedeutet das auch, in diesem Business zu sein. Die öffentliche Aufmerksamkeit ist ständig auf dich gerichtet, was hart ist. Vor allem in Zeiten des Internets. Oh Gott ... Die Leute schreiben die fürchterlichsten Dinge über dich, und dabei benutzen sie nicht einmal ihren echten Namen. Sie verstecken sich. Ich nenne sie Internet-Feiglinge ...
Wie reagieren Sie auf Anfeindungen im Netz?
Nun, es ist einfach so, dass ich mein Herz auf der Zunge trage und dass ich dann oft wütend werde. Ab und zu schlage ich dann auch zurück, was man natürlich nicht tun sollte - so etwas lässt dich klein aussehen. Aber manchmal kann ich mich einfach nicht zurückhalten ...
Sie hatten auch vor dem Aufkommen des Internets schwierige Zeiten, spielten bisweilen vor sehr kleinem Publikum. Wie haben Sie es geschafft, den Kopf nicht hängen zu lassen, als sich scheinbar jeder gegen Sie wandte?
Mich hat so etwas nie wirklich gekümmert. Man tut eben, was man tut, und arbeitet weiter. Es ist wie in jedem anderen Beruf. Ein Klempner kann ein eigenes Geschäft haben, das drei Jahre lang prima läuft. Dann kommen sechs schlechte Monate. Was bleibt ihm da anderes übrig, als weiterzumachen und zu hoffen, dass es irgendwann wieder bergauf geht?
Sie hatten mit der Schauspielerei allerdings auch ein zweites Standbein ...
Zum Glück. Zwischen 1996 und 1999 habe ich neun Filme am Stück gedreht. Irgendwann kam sogar der Punkt, als ich dachte, dass ich nie wieder zur Musik zurückkehren würde. So ist es nun einmal: Im Leben passieren viele Dinge, mit denen man vorher nicht rechnet. Man muss einfach immer weitermachen.
Schauspiel und Musik schienen bei Ihnen ohnehin immer eng miteinander verbunden. Bei Ihren Konzerten hat man oft den Eindruck, ein Theaterstück zu sehen.
Tatsächlich betrachte ich mich auch nicht als Musiker. Ich bin Schauspieler. Das war ja auch der Beruf, den ich zuerst ausübte.
Gibt es bestimmte Kriterien, nach denen Sie Filmrollen auswählen?
Ich lese mir natürlich die Drehbücher durch. Wenn ich auf Anhieb eine klare Vorstellung davon habe, wie ich eine Rolle umsetze, lehne ich für gewöhnlich ab. Weil da die Herausforderung fehlt. Wenn ich mir hingegen beim Lesen des Scripts den Kopf darüber zerbreche, wie ich dies oder das anstellen soll, nehme ich die Rolle wahrscheinlich an.
Es hängt also vor allem von dem zu spielenden Charakter ab?
Es ist vor allem eine Frage des Schwierigkeitsgrades. Wie weit ist der Charakter von mir als Person entfernt? Wie anspruchsvoll wird es werden, ihn zu "finden" - oder irgendeine Wahrheit, die in der Figur steckt?
Wenn Sie auf Ihr Leben zurückblicken: Worauf sind Sie besonders stolz?
Dass ich in meinem Leben bei allem, was ich tat, egal ob Interviews, Konzerte, Filme, Fernsehen oder Broadway-Shows, immer alles gegeben habe, was ich geben konnte - 110, 120 Prozent, in jeder einzelnen Minute.
Viele gleichaltrige Kollegen, Lemmy, Bowie, sind inzwischen im Rock-Himmel. Denkt man da öfter über den Tod nach?
Nun, wenn man knapp 70 Jahre alt ist, denkt man über diese Dinge wohl automatisch mehr nach als mit 19 ...
Steht uns nun mit dem neuen Album das große Meat-Loaf-Finale bevor?
Was die Musik angeht, nach jetzigem Stand: ja. Was das Filmemachen angeht: nein. Ich würde gerne noch einen großen Film machen.
Denken Sie, Sie werden sich wirklich komplett von der Rock-Bühne lösen können?
Ja, doch. Viele Leute kaufen heutzutage das Album "Bat out of Hell" und erwarten, wenn sie zu einem Konzert kommen, dass ich noch so klinge wie damals mit 28 Jahren. Nun, ich bin jetzt 69 Jahre alt. Abgesehen davon: Mein Freund Robin Zander von Cheap Trick ist von Natur aus ein Rock-Sänger, Freddie Mercury war auch einer. Ich bin es nicht. Ich hätte eher ein Opernsänger werden sollen. Den Stil von "Bat out of Hell" musste ich mir damals hart antrainieren. Wenn Leute dann heute bei Konzerten feststellen, dass ich nicht mehr so klinge wie damals und behaupten, ich könne nicht mehr singen, habe ich für sie nur eine Antwort: "Fuck You!"
Wenn die Menschen sich in 50 Jahren über Meat Loaf unterhalten: Woran sollen sie sich erinnern?
Sie sollen sich an Meat Loaf als jemanden erinnern, der immer alles gab, der stets höflich und nett war, Manieren hatte und dem das Wohl seiner Mitmenschen am Herzen lag. Sie sollen sich an mich als einen von den Guten erinnern.
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