Seit dieser Woche verzichtet Instagram in den USA auf Likes. Zumindest teilweise. Und angeblich überlegt nun auch Facebook, seinen "Gefällt mir"-Daumen abzuschaffen. Dadurch soll Social Media "gesünder" werden. Kann das funktionieren?
Wissen Sie, was "Demetrication" ist? Es bedeutet soviel wie "etwas nicht zählbar machen" – und so manch einer sieht darin schon jetzt die Erlösung für Social-Media-Nutzer: Aktuell testet Instagram in verschiedenen Ländern, darunter seit dieser Woche auch in den USA, wie es ist, wenn Likes unter den Posts nicht mehr als Zahl ausgewiesen werden.
Der Nutzer sieht lediglich welche gemeinsamen Nutzer den Beitrag ebenfalls "geliked" haben – nur für denjenigen, der den Beitrag erstellt hat, bleiben die Zahlen weiterhin sichtbar.
Likes: Alles, was zählt
Auch andere soziale Netzwerke, wie etwa Instagram-Mutterkonzern Facebook, denken über ähnliche Ideen nach. Dabei scheint das Ganze erstmal völlig absurd: Wer etwas auf Social Media postet, hofft schließlich auf möglichst viele Likes. Denn die zeigen nicht nur einem selbst, sondern auch anderen, wie "beliebt" man ist.
Ob YouTube, Facebook, Twitter oder Instagram, ob Freunde, Fans, Views, Reposts, Follower, Retweets, Kommentare oder Likes: Zahlen sind alles, was zählt. Darauf basieren ganze Geschäftsmodelle – von Influencern bis Bot-Anbieter. Gut möglich, dass einige Vertreter der Klick-Bait-Zunft deswegen aktuell unter Schnappatmung leiden.
Sozialer Druck im sozialen Netzwerk
Tatsächlich kann Social Media aber auch richtig krank machen. Vor allem jüngere Menschen leiden unter dem sozialen Druck in den sozialen Netzwerken. Laut Instagram-Chef Adam Mosseri ist sein Pilot-Projekt ein Versuch, dem entgegenzuwirken. Statt Wettbewerb um "Gefällt mir”-Angaben sollen künftig wieder Austausch und Inspiration im Vordergrund stehen.
"Wir werden Entscheidungen treffen, die vielleicht dem Unternehmen schaden, wenn es dem Wohlbefinden der Menschen hilft," erklärt Mosseri. Doch so uneigennützig wie das klingt, ist es vermutlich nicht: Wenn die "Beliebtheit" eines Beitrags für andere nicht mehr einsehbar ist, fühlen sich möglicherweise wieder mehr Nutzer motiviert, häufiger zu posten. Und das kann dem Unternehmen nur recht sein. Bestenfalls führt es aber auch dazu, dass künftig wieder bessere Inhalte geteilt werden, die eben nicht mehr nur darauf abzielen zu gefallen.
Die Bewertung bleibt
Ein Allheilmittel ist das dennoch nicht. Auch wenn die Angst vor niedrigen Like-Zahlen und der soziale Druck sinken: die Bewertung bleibt. Und damit auch die Erwartungshaltung und die Enttäuschung, wenn das eigene Selfie nicht die erhoffte Anzahl Likes kassiert, schließlich sieht der Nutzer die nach wie vor.
Genau wie Bilder von Menschen, die vermeintlich schöner, besser, erfolgreicher sind, mehr Follower und mehr Kommentare haben. Statt Likes-Abschalten würde den Menschen vermutlich nur eines wirklich helfen, um sich auf Social Media dauerhaft besser zu fühlen: ganz abschalten.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.