Die australische Breakerin Rachael Gunn aka Raygun hat mit ihrem Auftritt bei den Olympischen Spielen in Paris für Lacher gesorgt – schnell wurde sie zum Internet-Star. Möglicherweise profitierte die 36-Jährige vom undurchsichtigen Qualifikationssystem, ein Experte ist schockiert.
Känguru-Hüpfer, Boden-Wälzer und Knie-Rutscher: Raygun, die eigentlich Rachael Gunn heißt, hat bei der Olympia-Premiere der Sportart Breaking für reichlich Aufsehen gesorgt. Ihre ungewöhnlichen Moves sorgten für Lacher und machten die Australierin schnell zum viralen Internet-Hit.
Was zur (unfreiwilligen) Popularität ebenfalls beigetragen haben dürfte: Rayguns kurioser Auftritt in Paris, der unzählige Male in den sozialen Medien geteilt wurde, brachte der 36-Jährigen 0 Punkte der Jury ein. Mit einem Endstand von 0:54 in der Vorrunde landete sie auf dem letzten Platz. Das Abenteuer Olympia war für die 36-Jährige also schnell wieder beendet.
Ihr Auftritt "war absolut nicht dem olympischen Niveau entsprechend", urteilt Niels "Storm" Robitzky jetzt im Interview mit dem "Spiegel". Der 55-Jährige gilt als Koryphäe im Breaking, unter anderem hat er auch das Bewertungssystem für die Olympischen Spiele mitentwickelt.
Robitzky nach Rayguns Auftritt: "Darüber bin ich echt sauer"
Bei Raygun wird Robitzky deutlich: Der Auftritt der Australierin sei für die ganze Breaking-Szene "ein furchtbarer Moment" gewesen. "Jetzt ist überall in den sozialen Medien Breaking zu sehen – aber nur der eigenartige Auftritt von Raygun und nicht die Performances von Ami und Nicka, den beiden Finalistinnen, die wirklich herausragend getanzt haben. Darüber bin ich echt sauer", erklärt Robitzky.
Der Experte kritisiert den Qualifikationsprozess für die Olympischen Spiele – genauer gesagt den Welttanzverband, die World Dance Sport Federation (WDSF), die vom IOC für die Organisation und Durchführung der Qualifikation ausgewählt wurde. Die Art und Weise der Qualifikation für Paris habe laut Robitzky "nicht dazu geführt, dass die besten Tänzerinnen und Tänzer angetreten sind".
Der Grund dafür sei vor allem das "undurchsichtige Punktesystem" für die Qualifikation, wie es der Breaker beschreibt. Ein weiterer Grund seien jedoch auch die – wenig durchdachten – Kontinentalmeisterschaften gewesen, über die sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer direkt für Olympia qualifizieren konnten.
Das Problem: Die Breakerinnen und Breaker mussten auf eigene Kosten anreisen und übernachten. Kosten, die nicht jeder stemmen konnte oder auch wollte. "Ozeanien ist riesig. Dass bei dem Qualifikationswettbewerb in Sydney niemand besser war als Raygun, heißt nicht, dass sie die beste Tänzerin aus ganz Ozeanien ist", erklärt Robitzky.
Kritik an australischer Olympia-Breakerin
Raygun tue ihr nach dem Auftritt in Paris leid – wohl auch, weil sie seitdem vor allem in den sozialen Medien besonders viel Häme und Spott abbekommt. Gleichzeitig wirft er ihr Ignoranz vor: "Wer sich bei den Olympischen Spielen im Breaking präsentieren will, sollte 'Skin in the Game' haben, die kulturelle Verantwortung tragen. Das tut sie nicht. Ich hoffe natürlich auch, dass sie daraus lernt."
Die Olympischen Spiele in Paris sind mittlerweile vorbei, die nächsten Sommerspiele finden in vier Jahren in Los Angeles statt. Die Breaking-Wettbewerbe werden dann jedoch nicht mehr dabei sein, sie waren – Stand jetzt – einmalig im olympischen Programm vertreten. Eine neue Chance, sich auf der ganz großen Bühne zu beweisen, hat Raygun also erstmal nicht mehr. Dafür dürfte ihr kurioser Auftritt in Paris vorerst umso mehr in Erinnerung bleiben.
Verwendete Quellen
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