Kylian Mbappé macht derzeit seinen ersten wirklichen Karriereknick durch. Für den Real-Star könnte es im kommenden Jahr sogar noch schlimmer kommen.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Michael Schleicher sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

In den vergangenen beiden Länderspielpausen Mitte Oktober und Mitte November fehlte Kylian Mbappé jeweils im Kreise der französischen Nationalmannschaft. Während Nationaltrainer Didier Deschamps seinen Stürmer-Star im Oktober noch aus Schonungsgründen nicht nominiert hatte, pausierte er zuletzt bei den Spielen gegen Israel (0:0) und Italien (3:1) aus ganz anderen Gründen.

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"Jeder hat das Recht, eine schwere Zeit durchzumachen, es gibt den physischen und den psychologischen Aspekt", erklärte Deschamps nach dem Spiel gegen Israel laut "Le Parisien". Der Trainer betonte, dass es sich bei der Maßnahme keinesfalls um eine Sanktionierung Mbappés handeln würde.

"Er macht eine Phase in seiner Karriere durch, die nicht die glücklichste ist."

Frankreichs Trainer Didier Deschamps über Kylian Mbappé

Deschamps bekräftigte abermals, dass Mbappé eigentlich zum Nationalteam kommen wollte. "Aber ich denke, dass es so im Moment besser ist für ihn", sagte der 56-Jährige. Er hatte zuvor auch betont, dass der Verzicht nichts mit außersportlichen Schlagzeilen zu tun habe. Mbappé befinde sich in einer komplizierten Situation. "Er macht eine Phase in seiner Karriere durch, die nicht die glücklichste ist", sagte Deschamps und versicherte: "Ich stehe hinter ihm."

Der Stürmer, der im Sommer von PSG zu Real Madrid gewechselt war, hat es derzeit nicht leicht – französische Medien berichten von mentalen Problemen beim 25-Jährigen. Und nun könnte sich die Lage für Mbappé im Nationalteam sogar noch verschlechtern.

Bericht: Gibt Mbappé die Kapitänsbinde ab?

Denn wie die französische "L'Équipe" berichtet, möchte Deschamps mit Mbappé über seine Zukunft als Kapitän diskutieren. Zwischen Trainer und Spieler soll es bald ein klärendes Gespräch geben, in dem es auch darum gehen soll, ob sich Mbappé das Amt des Kapitäns trotz aller Schwierigkeiten noch zutraut.

Demnach denke Deschamps möglicherweise auch darüber nach, Mbappé die Kapitänsbinde abzunehmen – jedoch nur mit Einverständnis des Spielers. Denn im Bericht heißt es auch: "Wenn Mbappé sie behalten will, wird er sie behalten."

Dennoch: Alleine die Diskussion um die Zukunft als Kapitän kann als nächster Rückschlag in Mbappés bislang so erfolgreicher Fußballkarriere gewertet werden.

Mbappé mit Problemen auf und abseits des Fußballplatzes

Seine Klasse konnte der Real-Neuzugang in Madrid noch nicht wirklich zeigen, in bisher elf Ligaspielen traf Mbappé sechsmal, drei Tore davon waren Elfmeter (Stand: 21. November). In der Champions League war der Franzose in vier Spielen bislang nur ein Mal erfolgreich.

Zuletzt ist die Kritik am Angreifer vor allem in Spanien lauter geworden. Die immens hohen Erwartungen konnte der Königstransfer der "Königlichen" noch nicht erfüllen. Und auch innerhalb des Teams soll es Probleme geben: Der "Sport Bild" zufolge kommen Mbappé und Offensiv-Kollege Vinicius Junior nicht wirklich gut miteinander klar. Dem Bericht nach denke die Real-Führung deshalb sogar über einen Verkauf des Brasilianers nach. Ein Szenario, das wohl ein Gerücht bleiben wird.

Doch auch abseits des Platzes hat Mbappé mit Problemen zu kämpfen. Während der Länderspiele im Oktober hielt sich Mbappé in Stockholm auf. Wenig später kamen durch diverse Medienberichte schwere Vorwürfe ans Licht: Gegen den Franzosen wird wegen einer möglichen Vergewaltigung ermittelt.

Kylian Mbappé beim Verlassen seines Hotels in Stockholm
Kylian Mbappé beim Verlassen seines Hotels in Stockholm. © IMAGO/TT

Mbappé selbst tat die Vorwürfe kurz nach Bekanntwerden als "Fake News" ab. "Er weiß, dass er sich absolut nichts vorzuwerfen hat", sagte seine Anwältin Marie-Alix Canu-Bernard dem Sender TF1. Sie kündigte eine Anzeige wegen Verleumdung oder Vorbringen einer ausgedachten Straftat an.

Zudem gibt es weiterhin Zoff zwischen Mbappé und seinem Ex-Klub Paris Saint-Germain. Der Franzose fordert noch rund 55 Millionen Euro an Gehalt und Sonderzahlungen, die ihm bislang offenbar nicht gezahlt wurden. PSG weigert sich jedoch, zu zahlen. Die Schlammschlacht zwischen Spieler und Ex-Verein läuft bereits seit Monaten.

Die nächsten Länderspiele stehen erst wieder im kommenden März an. Mbappé hat also noch einige Monate Zeit, sein Formtief und möglicherweise ja auch seine mentalen Probleme zu überwinden.

Philippe Diallo, der Präsident des französischen Fußballverbands (FFF), bekräftige zuletzt bei "L'Équipe du Soir" seinen Wunsch, den Offensiv-Star im März wieder bei der Nationalmannschaft zu sehen. "Heute befindet er sich in einer heiklen sportlichen Phase", erklärte Diallo. Jedoch sei Mbappé der beste Spieler der Welt und damit eine "unersetzliche Bereicherung" für die Mannschaft. "Mein einziger Wunsch ist, dass er wieder zu dem wird, was er ist, und dass er sich uns anschließt", sagte der FFF-Präsident.

Wer könnte Mbappé als Frankreich-Kapitän beerben?

Spätestens im März entscheidet sich dann auch die Kapitänsfrage bei den Franzosen. Dem Bericht der "L'Équipe" zufolge gebe es drei Kandidaten, sollten sich Deschamps und Mbappé darauf einigen, dass der Stürmer die Binde abgibt: Aurelien Tchouaméni, N'Golo Kanté und Ibrahima Konaté. Tchouaméni führte die Mannschaft in den Oktober-Länderspielen als Kapitän aufs Feld, beim Spiel gegen Israel hatte Kanté die Binde, gegen Italien war Konaté Kapitän.

Doch wird sich Mbappé, der ohne Zweifel zu den bekanntesten Franzosen überhaupt gehört, darauf einlassen? Das Image des französischen Saubermanns und Poster-Boys bröckelte zuletzt ohnehin schon, das Aufgeben des Kapitänsamts könnte weitere Kratzer daran verursachen.

Der Aufschrei, vor allem in Frankreich, wäre enorm, sollte Mbappé wirklich die Binde abgeben. Und auch die Zweifel an ihm würden damit nicht weniger werden. Aktuell erscheint es also wohl nur schwer vorstellbar, dass der 25-Jährige diesen Schritt wirklich vollziehen wird.

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