Der FC Liverpool ist nun seit exakt einem Jahr in der Premier League ohne Niederlage und damit in dieser Saison auch ohne Konkurrenz. Das Werk von Trainer Jürgen Klopp scheint schon jetzt kurz vor der Vollendung.

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Jetzt ist die Zeit gekommen, auf die die Konkurrenz des FC Liverpool seit dem Spätherbst wartet. Die irre Hatz sollte der Mannschaft von Jürgen Klopp zusetzen, sie ins Wanken bringen, den Kader womöglich ausdünnen und die rote Maschine endlich ausbremsen. Die Wochen vor und nach Weihnachten galten als letzte Hoffnung für alle, die sich einen spannenden Titelkampf in England wünschen, ein wenig Nervenkitzel im Meisterschaftsrennen.

Seit 365 Tagen ungeschlagen

Aber weder die zeitliche Kollision einiger Termine noch die tatsächlich mittlerweile angespannte Personalsituation haben zu einem Qualitätsverlust geführt, von einem Einbruch bei den Resultaten ganz zu schweigen. Im Gegenteil: Mit dem souveränen 2:0-Erfolg über Sheffield United ist der FC Liverpool nun seit exakt 365 Tagen in der Premier League ungeschlagen. Seit dem Unentschieden im Oktober gegen Manchester United ist das schon der elfte Sieg in Folge für den Tabellenführer, mit 58 Punkten nach 20 Spielen stellen die Reds zudem den Rekord von Manchester City aus der Saison 2017/18 ein.

Jürgen Klopps Mannschaft pflügt also weiterhin nur so durch die Liga, 13 Punkte Vorsprung auf "Verfolger" Leicester City sind Ausdruck dieser totalen Dominanz - und Liverpool hat sogar noch ein Spiel weniger. Es sind unglaubliche Zahlen, die die Reds in diesen Tagen und Wochen mit ebenso unglaublichen Leistungen aufs Tableau bringen.

Dabei sind es nicht die Highlights in den großen Spielen gegen Manchester City (3:1), Leicester (4:0) oder Chelsea (2:1), die die Grundlage schaffen für diesen Riesenvorsprung in der Liga. In den vielen "kleinen" Spielen gegen die vermeintlich schwächeren Gegner legt Klopps Team jene Beständigkeit an den Tag, die am Ende den Meister ausmacht.

Liverpool schafft es in dieser Saison tatsächlich, in jedem einzelnen Spiel zumindest so lange am Limit und damit dominant zu spielen, bis eine Führung erspielt ist, und bringt diese dann in der klassischen Klopp-Manier nach Hause. Wen Liverpool erstmal in Rückstand und damit im Schwitzkasten hat, den lässt diese Mannschaft auch nicht mehr heraus.

Natürlich waren auch einige glückliche Fügungen dabei: enge VAR-Entscheidungen pro Liverpool oder einige sehr späte, sehr wichtige Tore. Aber es ist weder Glück noch die Schwäche der restlichen Big Four in England, sondern die überragende Leistung der Reds, die diese Saison an der Spitze so vorhersehbar macht.

Klopps Mannschaft kann auch Rückschläge verkraften

Wie in Dortmund auch hat Klopp für diese Art des Fußballs ein wenig Anlaufzeit benötigt, Spieler ausgetauscht und ein paar harte, eher unpopuläre Entscheidungen getroffen. Und - entgegen dem Klischee, das sich im Schatten der Manchester-Klubs oder des FC Chelsea so prächtig entwickelt - dafür auch eine Menge Geld ausgegeben.

Abwehrchef Virgil van Dijk oder Torhüter Alisson Becker waren die teuersten Spieler auf dem Markt, als Liverpool zuschlug und Rekordsummen bezahlte. Hinzu kamen aber auch einige regelrechte Schnäppchen wie der famose Dreier-Sturm aus Sadio Mane, Mo Salah und Roberto Firmino. Liverpool kaufte sie für vergleichsweise kleines Geld, sah in den Spielern offenbar großes Potenzial schlummern - das andere Trainer und Klubs wohl nicht in der Art erkannten.

Kommen dann, wie in Liverpool, noch ein paar gestandene Größen wie Jordan Henderson oder James Milner dazu und das eine oder andere Talent, dann passt die Mischung nicht nur aus Altersgründen perfekt. Dann ist Klopp einfach ein Meister darin, eine Mannschaft zu basteln, die Hindernisse überwindet und Rückschläge verkraftet und diesen ganz eigenen Geist entwickelt, der am Ende ein Gefühl der Unbesiegbarkeit heraufbeschwört.

Der Trainer hat es geschafft, seine Mannschaft durch die wackeligeren Phasen der Saison zu helfen, die wenigen Schwächen nicht überhandnehmen zu lassen. So steigt das Selbstbewusstsein immer weiter.

Liverpool ist noch in drei Wettbewerben vertreten

Klopp hat in "seiner" 4-3-3-Grundordnung die Positionen so besetzt, dass sie wie angegossen auf die Stärken und Schwächen seiner Spieler passen. Er ist längst weg vom ewigen Gegenpressing-Dogma.

Längst kann Liverpool viel mehr, spielt ein manchmal geduldiges Positionsspiel, um dann plötzlich das Tempo anzuziehen und den Gegner mit Geschwindigkeit zu überrollen. Die Außenverteidiger nehmen dabei eine entscheidende Rolle ein, Andrew Robertson und Trent Alexander-Arnold sind so etwas wie die heimlichen Spielmacher - und speziell im Fall von Alexander-Arnold auch oft die entscheidende Figur in einem Spiel.

TAA ist wie aus dem Nichts nach oben geschossen und dürfte schon jetzt, mit zarten 21 Jahren, zu den drei besten Rechtsverteidigern der Welt zählen. Ihn hat Klopp aus der Jugend nach oben gezogen und innerhalb kürzester Zeit zu einem Symbol des Aufstiegs seiner Mannschaft gemacht.

Noch sind jede Menge Spiele zu absolvieren, Liverpool ist in drei Wettbewerben noch vertreten. Derzeit ist die Personaldecke etwas dezimiert. Aber der Kader der Reds, in dem auch die Spieler 23 bis 30 genau wissen, was wann zu tun ist, ist so breit aufgestellt, dass das bislang kaum ins Gewicht fällt.

Auch in dieser schwierigen Phase der Saison deutet nichts darauf hin, dass die Reds noch einen Einbruch erleben könnten. Es scheint einfach ihre Saison zu werden, der Meistertitel ist nach 30 langen Jahren des Wartens jetzt schon greifbar.

Und wer weiß, vielleicht knackt Klopp mit seiner Truppe ja auch noch den einen oder andere Rekord. Den in der Premier League hält der FC Arsenal, der in der Saison 2003/04 stattliche 49 Liga-Spiele am Stück nicht verlor. Liverpool liegt derzeit bei 37 Partien.

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