• Mit dem Sieg im Europa-League-Finale gegen die Rangers krönt Eintracht Frankfurt eine unglaubliche Saison.
  • Damit liefert die Eintracht den Bewies, dass es auch ohne die ganz großen finanziellen Mittel gehen kann.
Eine Analyse
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Selten hat das Bild von Blut, Schweiß und Tränen so gut gepasst wie am Mittwochabend in Sevilla. Eintracht Frankfurt hat einen europäischen Pokalwettbewerb gewonnen, der Triumph in der Europa League ist "der größte Moment in unserer Vereinsgeschichte, das muss man ganz genau so sagen" , wie Präsident Peter Fischer ins RTL-Mikrofon jubelte. Fischer lachte und weinte gleichzeitig, er einfach nur "monsterstolz" und so wie dem starken Mann der Eintracht dürfte es so ziemlich jedem Fan gegangen sein.

In einer erneut magischen Nacht vollendete Frankfurt seinen unglaublichen Ritt durch Europa, 42 Jahre nach dem Sieg im UEFA-Pokal hat diese Mannschaft eine Episode für die Ewigkeit geliefert. "Dieses elendige Miststück wollen wir auf den Römer bringen. Wir wollen es der Stadt und der Region zeigen", so Fischer weiter. "Es hat mir jeder verboten, und trotzdem habe ich es gesagt: Ich werde heute Nacht aus diesem Pott saufen..."

Das dürfte dann vermutlich auch genau so passiert sein. Die Feier in Sevilla soll bis 6 Uhr morgens gegangen sein, am Donnerstag geht es dann ab auf den Frankfurter Römer. Mehrere hunderttausend Fans haben sich angekündigt.

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Mal wieder ganz großes Drama

Die Eintracht lieferte sich im Estadio Ramon Sanchez Pizjuan mit den Rangers, die sogar seit 50 Jahren auf einen internationalen Titel warten und nun auch weiter warten müssen, eine regelrechte Fußballschlacht.

Bei Temperaturen über 30 Grad war Frankfurt erst 90, dann sogar 120 Minuten lang die bessere Mannschaft, zeigte aber im Abschluss zu viele Ungenauigkeiten und musste sich in der dramatischen Schlussphase inklusive des Elfmeterschießens bei ihrem Keeper Kevin Trapp bedanken. Der hielt 90 Sekunden vor Ablauf der Verlängerung erst einen "Unhaltbaren" und dann im Elfmeterschießen den Versuch von Aaron Ramsey.

Mal wieder ging es nicht ohne das ganz große Drama, ohne den sprichwörtlichen Kampf bis zum Umfallen und einer heftigen Verletzung: Kapitän Sebastian Rode wurde schon nach wenigen Minuten so schwer am Kopf verletzt, dass er noch auf dem Platz getackert werden musste und die zentimeterlange Platzwunde von einem Turban geschützt wurde.

Der Erfolg hat viele Helden

Für Frankfurt endet - vorerst - ein unglaublicher Trip und es wird wohl niemand bezweifeln, dass sich diese Mannschaft diesen Triumph mehr als verdient hat. In 13 Spielen blieb die Eintracht ungeschlagen, schaltete nacheinander Real Betis, den FC Barcelona, West Ham United und nun eben die Rangers aus. "13 Europa-Spiele - kein Spiel verloren. Das ist unglaublich. Mir fehlen die Worte. Jeder hat alles nochmal rausgepresst und alles rausgehauen", sagte Trainer Oliver Glasner nach dem Spiel bei RTL. Der Österreicher gilt als Baumeister des Erfolgs, schaffte nach einem schwierigen Saisonstart den Turnaround mit seiner Mannschaft.

Aber wie auch Trapp, oder Rode, oder der unermüdliche Filip Kostic oder Siegtorschütze Rafael Borré: Den einen Held gibt es nicht bei der Eintracht. "Wir sind alle die Helden, schau dir das an. Mit 0:1 hinten, aber wir wussten, wir sind dran. Es gibt keinen Helden, wir sind alle Helden", sagte Trapp. Und das ist dann auch schon das ganze Geheimnis des Erfolgs.

Frankfurt hat als erste deutsche Mannschaft nach Schalke 04 vor 25 Jahren den UEFA-Pokal gewonnen. Diese elendig lange Serie ohne einen deutschen Erfolg in diesem Wettbewerb hat nun aber nicht der börsennotierte BVB durchbrochen oder die Werksklubs aus Leverkusen oder Wolfsburg und auch RB Leipzig scheiterte im Halbfinale dieser Saison an den Rangers.

Frankfurt mit vergleichsweise bescheidenen finanziellen Mitteln hat es geschafft und damit auch ein bisschen Fußballromantik in diesen immer berechnender gewordenen Sport gepackt. Die Mannschaft hat aller Welt gezeigt, was möglich ist, wenn man den Zusammenhalt nicht nur predigt oder ins Leitbild schreibt, sondern ihn auch lebt.

Auch ein Triumph der Bundesliga

Die Eintracht hat vielleicht nicht den besten Fußball gespielt, auch einen großen Star sucht man im Team vergeblich. Aber es war immer spektakulär, immer dramatisch, immer hochemotional und kein anderes Team hat die Symbiose mit den eigenen Fans so hinbekommen und bis zum Letzten ausgereizt wie die Frankfurter. Und auch damit, mit Leidenschaft, Emotionalität, Einsatzbereitschaft und Willen, lassen sich offenbar immer noch große Erfolge erzielen.

Das ist ein gutes Signal an die Bundesliga. Der heimische Wettbewerb leidet unter der Dauerherrschaft der Bayern und auch international galten nur die Münchener in den letzten zehn, 15 Jahren als "echter" Wettbewerber. Das Abschneiden der deutschen Klubs in der Champions League in dieser Saison war schlecht, der Ruf noch etwas mehr ramponiert.

Dass nun aber selbst neutrale Klubs oder jene, die die Eintracht auf ihrem Weg ins Finale aus dem Wettbewerb geworfen hatte, mit dieser Mannschaft mitfieberten und dies unter anderem über die sozialen Medien bereits vor dem Finale kundtaten, ist schon außergewöhnlich. Frankfurt hat es geschafft, die Herzen der Fans zu erobern und für magische Momente zu sorgen.

Das ist die vielleicht größte Botschaft nach diesem Abend und dieser Saison: Der deutsche Fußball hat sich zurückgemeldet und endlich auch einmal ein Leitmotiv dafür abgegeben, wie man auch in Zeiten des Turbokapitalismus im Fußball erfolgreich sein kann. Im Stadion des Klubs, der wie kein anderer genau dafür steht: Der FC Sevilla, der mit sechs Siegen im UEFA-Pokal beziehungsweise der Europa League Rekordsieger dieses Wettbewerbs ist. Und der das, wie die Eintracht, mit eher bescheidenen finanziellen Mitteln geschafft hat.

Verwendete Quellen:

  • Spox.com: Reaktionen auf Frankfurts Europa-League-Sieg: Rode wie "Schweini 2014"
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

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