- Das erste Jahr unter Tommy Stroot verlief gut, jetzt greift der VfL Wolfsburg aber richtig an.
- Auf dem Transfermarkt haben die Wölfinnen ihre Ansprüche durch Top-Transfers unterstrichen.
- In der Champions League soll nach 2014 endlich wieder der ganz große Wurf gelingen.
Olympique Lyon, Olympique Lyon, Olympique Lyon, Olympique Lyon und Olympique Lyon – so hießen die Champions-League-Siegerinnen zwischen 2016 und 2020. 2021 gelang es schließlich dem FC Barcelona, die Dominanz der Französinnen zu brechen. Der amtierende Champion heißt aber wieder Olympique Lyon.
Über viele Jahre hinweg war der VfL Wolfsburg der große Rivale von OL. Zwischen 2016 und 2020 scheiterten die Wölfinnen immer an Lyon – zweimal im Finale. Dann folgte für Wolfsburg eine Saison zum Vergessen. 2021 gewann man zwar den DFB-Pokal, doch die nationale Meisterschaft ging an den FC Bayern München und in der Champions League scheiterte man deutlich am FC Chelsea.
Für die Grün-Weißen war das der Startschuss zum Umbruch. Neuer Trainer, neue Spielerinnen, neue Rückbesinnung auf das Selbstverständnis alter Zeiten. Unter Tommy Stroot entwickelte sich das Team vor allem in der vergangenen Rückrunde rasant. Das Double aus Meisterschaft und Pokalsieg standen auf der Habenseite, die Leistungen in der Champions League schienen den Klub zumindest teilweise zufriedenzustellen.
Teilweise, weil das Hinspiel gegen den FC Barcelona im Halbfinale mit 1:5 verloren ging – vor einer beeindruckenden Kulisse im Camp Nou. Im Rückspiel revanchierte sich der VfL allerdings mit einer starken Leistung und einem 2:0-Sieg. In den nationalen Wettbewerben ist der VfL Wolfsburg auch in dieser Saison wieder das Maß aller Dinge – das Augenmerk liegt dementsprechend vor allem auf Europa.
VfL Wolfsburg freut sich auf die Champions League
"Wir freuen uns bereits auf die nächste Champions-League-Saison", kündigte Stroot damals nach dem Ausscheiden gegen Barca an. Die Achterbahnfahrt, die sein Team innerhalb zweier Halbfinal-Spiele durchlief, erinnerte an den gesamten bisherigen Entwicklungsprozess unter der Leitung des 33-Jährigen. Im ersten Halbjahr fehlte es den Wolfsburgerinnen oft an Mut, teilweise auch an Struktur.
Für Stroot war die Aufgabe aber auch keine einfache. Wolfsburg kam aus einer Phase der Verunsicherung. Umso beeindruckender war die Leistung in der Rückrunde, als das Team souverän zu zwei nationalen Titeln marschierte.
In dieser Saison soll der nächste Schritt erfolgen. Und dafür hat Wolfsburg auf dem Transfermarkt ordentlich investiert. Mit Jule Brand kommt eine der talentiertesten Offensivspielerinnen der Welt an den Mittellandkanal. Die 19-Jährige wechselte von der TSG Hoffenheim zu den amtierenden Meisterinnen. Auch Sara Agrez, die von Turbine Potsdam verpflichtet wurde, verstärkt den Kader in der Breite enorm.
VfL Wolfsburg: Der Kader ist nochmal stärker geworden
Die 21-Jährige war in Potsdam bereits Kapitänin und führte den Traditionsklub mit starken Leistungen beinahe in die Champions League. In der Innenverteidigung wird Wolfsburg dementsprechend stark aufgestellt sein. Zumal mit Marina Hegering die wohl beste deutsche Innenverteidigerin vom FC Bayern verpflichtet werden konnte.
Zumindest auf hohem Niveau hatte der VfL in der vergangenen Saison das eine oder andere Problem im Defensivbereich. Gerade die Duelle mit dem FC Barcelona offenbarten, dass der Spielaufbau unter Druck nicht immer sattelfest war. Mit den Neuzugängen soll das Niveau nochmal angehoben werden.
Auch die erfahrene Mittelfeldspielerin Kristin Demann kam aus München nach Niedersachsen, um den Kader zu stärken. Ein großer Einschnitt erfolgt hingegen auf der Torhüterinnenposition, wo Almuth Schult den Klub nach neun Jahren verlassen hat. Mit Nationaltorhüterin Merle Frohms sollte die Lücke aber zumindest qualitativ geschlossen werden können.
Shanice van de Sanden (FC Liverpool), Anna Blässe (Grasshoppers Zürich), Joelle Smits (PSV Eindhoven) und Lotta Cordes komplettieren die Liste mit Abgängen. Unter dem Strich bleibt ein Kader zurück, der qualitativ nochmal deutlich stärker ist als im Vorjahr.
Gelingt die Rückkehr auf die ganz große Bühne?
Dementsprechend groß ist auch der Anspruch in Wolfsburg. Nachdem der Anschluss an die europäische Spitze etwas verloren ging, wollen die Champions-League-Siegerinnen von 2013 und 2014 nun auf der ganz großen Bühne zurückkehren.
Im zweiten Jahr dürfte das Team trotz einiger Veränderungen von Beginn an eingespielt sein. Stroots Ideen von offensivem und attraktivem Fußball sollen nun ihre komplette Wirkung entfalten. In der Rückrunde zeigte Wolfsburg vor allem in den direkten Duellen mit dem FC Bayern München in Pokal und Liga, wohin die Reise gehen soll.
Stroot möchte, dass sein Team den Ball kontrolliert und schnell laufen lässt. Wird der Ballbesitz verloren, soll er durch aggressives Gegenpressing schnell zurückerobert werden. In längeren Phasen ohne Ball versucht Wolfsburg, die Gegnerinnen nach außen zu lenken und dort den Druck zu erhöhen. Im Spielaufbau ist das Mittel der Wahl ein gepflegtes Kurzpassspiel, um die Gegnerinnen zu locken und anschließend mit schnellen Kombinationen zu überspielen. Dabei verlangt der Trainer maximale Flexibilität von seinen Spielerinnen – mit und ohne Ball.
Vor allem in der Offensive arbeitet Wolfsburg mit vielen Positionswechseln und gegenläufigen Bewegungen, um die gegnerische Formation in Bewegung zu bringen und Räume für schnelle Spielerinnen wie Tabea Waßmuth zu öffnen. Mit Alexandra Popp haben die Wölfinnen zudem eine perfekte Wandspielerin, die auch mal einen längeren Ball im Zentrum festmachen kann.
VfL Wolfsburg: Gelingt das Triple?
Wolfsburg muss in dieser Saison den Schritt von einem guten zu einem sehr guten Team gehen, um mit Olympique Lyon und dem FC Barcelona mithalten zu können. Gegen Barça gelang es Wolfsburg in beiden Partien nur selten, das Spiel und den Ball zu kontrollieren. Angesichts der starken Spielanlage der Katalaninnen ist das auch eine anspruchsvolle Aufgabe.
Dennoch waren sie insgesamt zu oft zu zaghaft, zu passiv und nicht mutig genug. Erst nach dem Führungstreffer im Rückspiel schien der Knoten zu platzen. Die zweite Halbzeit in der heimischen Arena ist der vorläufige Maßstab für diese Saison. Schnell, dynamisch, mutig im Pressing – das will Stroot von seinen Spielerinnen dauerhaft sehen.
In den nationalen Wettbewerben sind die Ziele ohnehin klar gesteckt. Mit den Verstärkungen im Kader soll das Double verteidigt werden. International werden viele Faktoren entscheiden. Von der Auslosung bis zur Tagesform gibt es viele Variablen, die der VfL nur bedingt beeinflussen kann. Klar ist aber auch, dass das Warten auf den dritten Champions-League-Titel eher früher als später beendet werden soll.
Und geht es wieder gegen Top-Teams wie Lyon oder Barcelona, will man unbedingt zeigen, dass der VfL zurück ist im Konzert der ganz großen europäischen Klubs.
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