Die Haft soll Ex Bayern-Boss Uli Hoeneß angeblich zu einem ruhigeren Menschen gemacht haben. Bei seinem Fernseh-Comeback war davon nichts zu spüren. Er diskutierte wie in alten Zeiten - und deutete bereits eine Rückkehr zum FC Bayern München an.

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Es war fast so, als wäre Uli Hoeneß nie weg gewesen. Bei seinem ersten TV-Auftritt nach der Haftentlassung bewies der 64-Jährige, dass die "Abteilung Attacke" noch immer in ihm schlummert.

Dabei war sein Comeback gut ausgewählt. Statt in einer Fußball-Sendung aufzutreten, nahm er an einer Diskussionsrunde von Telekom Basketball teil. Thema war die Zukunft des deutschen Basketballs.

Uli Hoeneß liegt auch dieser Sport am Herzen. Vor seiner Zeit im Gefängnis hatte er sich sehr für die Basketballer des FC Bayern München eingesetzt, die wenige Tage vor seinem Haftantritt Deutscher Meister wurden.

Rückkehr nicht als Medienereignis

Dass Hoeneß neun Tage nach seiner Haftentlassung eine Basketballsendung besuchte, dürfte jedoch einen anderen Grund gehabt haben: Er mied die große Bühne des Fußballs, um seine Rückkehr vor die Kameras nicht zum Medienereignis werden zu lassen.

"Ich möchte jetzt meine Ruhe", sagte er vergangene Woche gegenüber der "Bild"-Zeitung. Blitzlichtgewitter möchte er zunächst umgehen. Er hatte sich sogar zusichern lassen, in der Basketball-Talkrunde nicht über Fußball sprechen zu müssen. Offenbar weil er wusste, wie groß das Medienecho dann ausfallen würde.

Die 637 Tage Haft sollen Uli Hoeneß zu einem anderen Menschen gemacht haben. Beobachter haben ihn als nachdenklicher und ruhiger beschrieben. Davon war allerdings wenig zu spüren. Die Sendung lief keine 20 Minuten, als Hoeneß die Gesprächsrunde an sich riss.

Er diskutierte voller Emotionen, regte sich über gegensätzliche Meinungen auf. Sätze wie "geht nicht, gibt’s nicht" erinnerten an den alten Hoeneß.

Der "Bild"-Reporter Kai Zimmermann besuchte die Sendung und schrieb daraufhin: "Auf mich hat Hoeneß einen extrem gefestigten Eindruck gemacht. Er war so authentisch und kraftvoll wie man ihn kennt. Man hat ihm deutlich angemerkt, dass die Bayern weiter in ihm wohnen, dass der Verein für ihn alles ist."

Ist also davon auszugehen, dass Hoeneß wieder das Präsidentenamt des Rekordmeisters einnehmen wird?

Aussagen aus der Gesprächsrunde lassen das vermuten. Ansonsten hätte er wohl kaum gesagt: "Wenn ich mich entscheide, mich im November als Präsident zur Wahl zu stellen, werde ich selbstverständlich Basketball wieder so pushen wie es für den deutschen Basketball nicht das Schlechteste wäre."

Konkret aussprechen wollte er seine Rückkehr-Absicht noch nicht. Ohnehin würde er es zunächst "den vielen Menschen sagen, die mich in den letzten zwei Jahren unterstützt haben. Denen bin ich das schuldig."

Wer so offen über eine mögliche Rückkehr spricht, dürfte das nicht mal nur nebenbei in Erwägung ziehen.

Großer Einfluss auch ohne Amt

Als sicher gilt, dass Uli Hoeneß auch ohne Amt großen Einfluss beim FC Bayern München hat. Und zwar nicht nur im Nachwuchsbereich, wo er zuletzt als Freigänger arbeitete. Laut Informationen der "Sport Bild" hatte Hoeneß zum Beispiel versucht, Trainer Pep Guardiola zum Verbleib zu überreden.

Wenn das stimmt, dürfte Hoeneß ebenso ein Wörtchen mitgesprochen haben, als Nachfolger Carlo Ancelotti verpflichtet wurde.

Auch in die Kaderplanung ist er offenbar mit eingebunden. Franck Ribery, dessen Arbeitspapiere im Sommer 2017 auslaufen, verrät in einem Interview mit der "Bild": "Ich habe schon ein bisschen mit Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge über einen neuen Vertrag gesprochen."

Hoeneß benötigt eben keine offizielle Funktion, um beim Rekordmeister wichtig zu sein. Dazu passen auch die Worte von Aufsichtsratsmitglied Edmund Stoiber, der im "Sport1-Doppelpass" sagte: "Uli Hoeneß ist eine Institution für die Bayern, mit und ohne Amt."

Sonntag tritt Hoeneß erneut vor die Fernsehkameras. Er wird eine Laudatio auf den ehemaligen Bayern-Trainer Jupp Heynckes halten, der den Ehrenring der Stadt Mönchengladbach erhält. RTL und Sky übertragen die Veranstaltung, die um 13 Uhr beginnt, live im Fernsehen.

Danach dürfte Hoeneß langsam den geplanten Familienurlaub in Angriff nehmen. Was danach geschieht, steht in den Sternen. Laut der "Bild" möchte er erst am 1. Juli seine weitere Planung bekanntgeben.

Die Vorzeichen sprechen stark für eine Rückkehr. Der aktuelle Vereinspräsident Karl Hopfner hat bereits im Dezember angekündigt, er würde zurücktreten, wenn Hoeneß als Präsident kandiert. Die Wahl wäre vermutlich nur Formsache.

Wer seit Mai 1979 in der Vereinsführung sitzt und die Bayern zu einem der umsatzstärksten und erfolgreichsten Fußballvereine der Welt gemacht hat, ist in den Herzen der Mitglieder fest verankert.

Gegen eine Rückkehr von Hoeneß spricht lediglich, dass die Geschäfte an der Säbener Straße auch während seiner Abwesenheit gut weiterliefen. Die FC Bayern München AG präsentierte im November ein operatives Jahresergebnis von 111,3 Millionen Euro - Rekord.

Ex-Nationalspieler Steffen Freund brachte in der Fußballsendung "Sky 90" bereits die Idee in den Umlauf, Hoeneß könnte bei einem anderen Verein eine Funktion einnehmen, weil er in München nicht mehr gebraucht wird.

Doch das ist wohl die Unwahrscheinlichste aller Varianten. Für Hoeneß ist der FC Bayern München wie ein Baby, das er großgezogen hat. Und jeder weiß: Die Liebe zum eigenen Baby hält ein Leben lang.

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