Die Entlassung von Carlo Ancelotti beim FC Bayern heizt sofort die Spekulationen um dessen Nachfolge an. Die besten Chancen haben zwei junge deutsche Trainer - und vielleicht auch einer, der schon mal in anderer Funktion bei den Bayern war.

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Dieses eine Treffen war rein zufällig. Mitte Juli liefen sich der FC Bayern und Thomas Tuchel am Münchener Flughafen über den Weg.

Nach der Entlassung von Carlo Ancelotti in München Wer wäre jetzt der beste Trainer für den FC Bayern?
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    Jupp Heynckes

Die Bayern brachen gerade zu ihrem umstrittenen Asien-Trip auf, Tuchel wollte von seiner Wahlheimat München aus nach Dortmund. Außer ein paar netten Worten ist aber nichts gewesen.

Thomas Tuchel als neuer Bayern-Coach?

Keine drei Monate später ist Carlo Ancelotti in München Geschichte und die Episode mit Thomas Tuchel könnte sich schon bald wiederholen. Nach Informationen von "Bild Online" könnte sich die Szene bereits wiederholt haben. Dem Bericht zufolge ist Tuchel am Donnerstagnachmittag wieder in seine Wahlheimat München zurückgekehrt.

Dann aber mit einem deutlich ernsteren Hintergrund, die Bayern benötigen ziemlich wahrscheinlich schon bald einen neuen Trainer.

Willy Sagnol heißt zwar die Interimslösung. Dass der Franzose aber auch dauerhaft als Cheftrainer der Profis arbeiten darf, daran glauben derzeit nur kühnste Optimisten.

Nach dem gescheiterten Experiment mit Spielerversteher Ancelotti, den in München zu viele Spieler nicht verstanden, benötigen die Bayern wieder einen echten Fußballfachmann, einen Prinzipienreiter, der getrieben von Akribie und Perfektionismus etwas entwickeln kann.

So wie damals, als der Projektleiter Jürgen Klinsmann freigestellt wurde und die Bayern "einen echten Fußballlehrer" wollten, wie Uli Hoeneß es ausdrückte - und dann Louis van Gaal holten.

Die Bayern im Herbst 2017 sind keine reife Mannschaft, die sich auf ihrem Zenit bewegt und aus der man nur den letzten Willen Gier und Entschlossenheit herauskitzeln muss.

Ancelotti scheitert an vielen Problemen

Es ist, in gewisser Weise, eine Entwicklungsmannschaft. Unfertig, mit sich selbst beschäftigt im Umbruch und vielleicht auch am Tiefpunkt der letzten Jahre angelangt.

Eine Mannschaft ohne erkennbaren Spielstil und Mechanismen, die im Training eingeschliffen wurden.

Das reicht dank der individuellen Stärke und der Unfähigkeit der nationalen Konkurrenz vielleicht noch einmal in der Bundesliga. Im internationalen Vergleich sind die Bayern aber auf einem absteigenden Ast.

Und weil die Transfersummen in perverse Höhen schnellen und die Bayern das Spielchen aber nicht mitmachen wollen, sind auf dem Transfermarkt auf Sicht auch nicht jene Spieler realisierbar, die sich in der absoluten Weltspitze bewegen.

Die Bayern brauchen einen Trainer mit Plan

Also müssen die Bayern auf anderen Feldern wieder besser werden als die Konkurrenz. Zum Beispiel darin, als Kollektiv einen besseren Plan zu haben als der Gegner.

Den eigenen Fußball wieder neu zu definieren und ihm ein Profil zu verpassen. Dinge, die Ancelotti in 15 Monaten in München nicht umsetzen konnte - oder nicht wollte.

Der Mister ist auch daran gescheitert, dass er sich von Anfang an nicht so recht gemein machen wollte mit der Aufgabe. Dazu zählt auch die angebliche Marginalie, dass Ancelotti nicht Deutsch lernen wollte.

Viele hatten sich zu Recht über Pep Guardiolas Kauderwelsch beschwert und dass dessen Botschaften so kryptisch seien. Da wusste aber noch niemand von Ancelottis Deutsch-Englisch-Italienisch-Mix.

Der war für den Zuhörer noch schwerer zu entschlüsseln und für Ancelotti ein willkommener Rückzugsort bei unangenehmen Fragen.

Ist Tuchel der erste Kandidat?

Es dürfte ziemlich sicher auf einen Trainer hinauslaufen, der nicht erst die deutsche Sprache lernen muss. Das grenzt den Kreis der Kandidaten natürlich automatisch deutlich ein und führt fast zwangsläufig zu Tuchel und Julian Nagelsmann.

Zwei Trainer, die einen wissenschaftlichen Ansatz verfolgen und die in der Lage scheinen, die brachliegenden Potenziale im Münchener Kader wieder zu fördern und zu fordern.

Die Bayern waren im letzten Jahrzehnt immer dann erfolgreich, wenn sie mir ihrer Mannschaft das Positionsspiel forcieren konnten. Dafür ist der Kader immer noch ausgelegt, die Spielweise war es zuletzt aber nicht.

Tuchel ist rein handwerklich ein Meister darin, eine Mannschaft nicht nur auf lange Sicht, sondern auch kurzfristig beleben zu können. Bliebe nur die Frage nach den zwischenmenschlichen Stärken.

Unverblümt plauderte Hoeneß am Donnerstagabend noch ein paar Dinge über Carlo Ancelotti aus, die man zuletzt vermuten konnte - die in der Form aus dem Mund des Präsidenten aber eine enorme Sprengkraft haben.

Ancelotti legt sich mit Spielern an

"Der Trainer hat fünf Spieler auf einen Schlag gegen sich gebracht. Dass hätte er niemals durchgestanden. Du darfst als Trainer nicht die prominentesten Spieler gegen dich haben", sagte Hoeneß dem Radiosender FFH.

Er habe in seinem Leben gelernt, dass "der Feind in deinem Bett der gefährlichste ist", so Hoeneß. "Deshalb mussten wir handeln." Überspitzt formuliert heißt das nichts anderes als dass wichtige Köpfe den Trainer rasiert haben.

Führt man sich Tuchels Wirken bei dessen letztem Arbeitgeber Borussia Dortmund nochmals vor Augen, stellt sich durchaus die Frage, ob er so schnell aus seinen Fehlern gelernt hat, um bei den Bayern in einem deutlich aggressiveren Umfeld zu bestehen.

Tuchel gilt als kühler Asket, der mit dem Kopf entscheidet und weniger aus dem Bauch heraus und als einer, der seine Spieler nicht permanent in den Arm nimmt.

Von Guardiola waren deshalb einige im Klub am Ende schwer genervt. Andererseits hat Ancelottis Stil auch zu einer schleichenden Entfremdung zwischen Trainer und Mannschaft geführt.

Falscher Zeitpunkt für Nagelsmann

Julian Nagelsmann versprüht mehr wohlige Wärme, vielleicht würde man ihm das Mia san Mia auch eher abnehmen als Tuchel. Aber Nagelsmann hat noch eine Mannschaft zu betreuen.

Der Plan soll gewesen sein, den Trainer am Saisonende zu den Bayern zu holen, um dann den Umbruch nochmals neu einzuläuten. Jetzt hat sich Gemengelage drastisch geändert und für Nagelsmann eher auf eine negative Weise.

Vielleicht halten die Bayern ja auch an Willy Sagnol als Platzhalter bis zum Sommer fest. Oder aber sie zaubern eine völlig überraschende Lösung aus dem Hut. Matthias Sammer ist ja derzeit frei.

Zuletzt gab es zwar ein paar Differenzen mit der Führung und auch sein Ausscheiden vor etwas mehr als einem Jahr ist immer noch ein wenig undurchsichtig.

Aber Sammer bringt als Trainer alles mit, er hat genug Ehrgeiz und Willensstärke, er kennt den Klub, die Mannschaft und die Liga.

Doch für eine Rückholaktion müssten wohl einige Leute zu weit über ihren Schatten springen.

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