Aus Frust über das knappe 2:1 beim VfL Bochum wollte Bayern Münchens Trainer Niko Kovac die obligatorische Pressekonferenz vor dem Gang zu Eintracht Frankfurt ausfallen lassen. Er kam aber doch - und prangerte die fehlende Einstellung seiner Mannschaft an.

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Niko Kovac hat im Sommer 2018 den schwersten Trainer-Job der Bundesliga angenommen: den beim FC Bayern München. Kovac hat mit den Bayern zwar im Vorjahr das Double aus Meisterschaft und Pokal abgeliefert. Glänzender Fußball seines Star-Ensembles ist allerdings die Ausnahme. Nur die Ergebnisse halten Kovac im Amt.

Die stimmen auch in der laufenden Saison, nach neun Spieltagen der Bundesliga, drei Matches in der Champions League und zwei Runden im DFB-Pokal.

Trotzdem schrillten nach dem mühseligen 2:1-Sieg beim Zweitliga-Abstiegskandidaten VfL Bochum die Alarmglocken lauter denn je. Die Bayern verwandelten erst in den Schlussminuten einen 0:1-Rückstand in einen wenig ansehnlichen Erfolg.

Die Bayern sollen so spielen wie der VfL Bochum

Die Einfachheit des Bochumer Spiels, leidenschaftlich zu kämpfen und sich in jeder Minute auf dem Platz einzusetzen, wünscht sich Kovac auch für seine Jungs. "Wir sind am Anfang nicht da", kritisierte Kovac. "Wir müssen die Zweikämpfe annehmen, sie führen und gewinnen."

Sein Appell lautete, "sauber und einfach Fußball zu spielen. Wir brauchen keine Zaubersachen." Die "Einfachheit" sei jedoch die Schwierigkeit. "Wir müssen back to the roots", forderte Kovac. "Wenn man es einfach hält, wird man erfolgreich sein."

So hielt Kovac es auch bei Eintracht Frankfurt, dem nächsten Gegner der Bayern. Mit den Hessen hatte der 48-Jährige vor seinem Wechsel an die Isar gegen den FC Bayern überraschend den DFB-Pokal gewonnen - ein Jahr nach dem erst in der Relegation gesicherten Klassenerhalt.

Auf solche Erfolge und das darauf folgende Double mit den Bayern kann Kovac immer verweisen, wenn er deutlich sagt: "Ich werde mich und meine Person und meinen Charakter nicht ändern. Wenn wir anfangen, jetzt über Ehrlichkeit zu reden, dann können wir eine Grundsatzdiskussion führen, und dann haben wir ein Problem."

Die Fans verübeln Nico Kovac dessen Liebe zu Eintracht Frankfurt

Die Medien in München legen jedes Kovac-Wort auf die Goldwaage, und nicht nur die. Markus Mayer vom Fanklub "de rodn Waginga" meckerte über Kovacs Lob für die Fans der Frankfurter Eintracht. Diese seien die besten im Land.

"Erst der Notnagel-Spruch mit Thomas Müller, dann der unglückliche Liverpool-Vergleich und jetzt das. Kovac denkt bei seinen Aussagen nicht nach, er tritt in zu viele Fettnäpfchen", erzürnte sich Mayer.

Kovac konterte: "Wenn die Ehrlichkeit in der heutigen Zeit nicht mehr erwünscht ist, dann können wir alle einpacken und dann haben die anderen, die anders sind, bessere Chancen, besser wegzukommen. Da bin ich der Falsche."

Er habe "überhaupt nicht sagen wollen", erklärte Kovac auf Nachfrage der Journalisten, "dass wir schlechte Fans haben." Seine Aussage beziehe sich auf das "Gesamtbild der tollen Atmosphäre", die in Frankfurt herrsche.

Die Atmosphäre ist rund 400 Kilometer weiter südlich alles andere als toll und wirkt zum Teil vergiftet.

Niko Kovac: Verhältnis zur Mannschaft ist intakt

Das Verhältnis zur Mannschaft aber stimme, so Kovac. "Meine Mannschaft arbeitet nicht gegen mich oder für mich. Die Jungs setzen die Dinge momentan nur nicht so um, wie wir sie vorgeben."

Schon nach dem Beinahe-Debakel in Bochum hatte Kovac die Kritik an seinen Spielern kaum kaschiert: "Wenn alle das machen, was der Trainer sagt, dann funktioniert es."

Das muss es in Frankfurt, damit Kovac zumindest vorübergehend wieder aus der Schusslinie gerät. "Wir müssen durch kleine Erfolgserlebnisse Selbstvertrauen bekommen. Wir müssen von Beginn an sofort in einen Rhythmus kommen, der dir Erfolgserlebnisse verschafft."

Zu gewinnen sei die "Priorität Nummer eins", begegnete Kovac der seitens der Fans und der Medien geäußerten Unzufriedenheit am zuletzt zähen Zustandekommen der Bayern-Siege.

Vor dem 2:1 in Bochum hatten die Bayern daheim 2:1 gegen Bundesliga-Neuling Union Berlin und in der Champions League mit 3:2 bei Olympiakos Piräus gewonnen. Davor hatte es ein 2:2 in Augsburg und ein 1:2 daheim gegen Hoffenheim gegeben.

Der letzte überzeugende Erfolg der Münchner war das 7:2 in Tottenham in der Champions League am 1. Oktober.

Dass sich dadurch die Stimmung in der Mannschaft auf den Gefrierpunkt zubewege, sieht Kovac nicht so. "Die Spieler sind nicht negativ, sondern sie beschäftigen sich mit ihrer eigenen Leistung und reflektieren sie."

Manuel Neuer rückt den Kollegen den Kopf zurecht

Kapitän Manuel Neuer hatte nach dem Sieg in Bochum zum Rundumschlag ausgeholt: "Charakterlich war das in der ersten Halbzeit nicht so, wie es sich gehört. Das ist uns leider zu oft passiert in der Vergangenheit", klagte der Nationaltorwart.

Die erste Spielhälfte hatte ihn enttäuscht und "richtig traurig" gestimmt. Schon gegen Union Berlin war er in der 51. Minute wutentbrannt aus seinem Tor gestürmt, hatte seine Kollegen lautstark auf ihre Schläfrigkeit hingewiesen und dafür Applaus in der Arena kassiert. Den Fans war die mit entsprechenden Gesten versehene Verbalattacke vor der Südkurve nicht entgangen.

"Ich weiß nicht, woran das liegt. Ob wir vom Kopf nicht richtig da sind oder ob man nicht eine Runde weiterkommen will. So hat es jedenfalls ausgesehen", legte Neuer nach, nachdem der GAU in Bochum so gerade abgewendet worden war.

"Wir werden das schon hinkriegen", schloss Kovac die Pressekonferenz vor der Rückkehr zu seinem Ex-Klub. Ein zweites Bochum will er bei der Eintracht nicht erleben und warnte deshalb: "In Frankfurt geht schon in den ersten Minuten die Post ab, da müssen wir aufpassen."

Mit Material der dpa

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