Auch gegen den Letzten aus Nürnberg gelingt Borussia Dortmund kein Sieg, die Mannschaft hat sich endgültig in eine kleine Krise manövriert. Dafür gibt es vielfältige Gründe - aber auch ein paar Lösungsansätze.

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Jetzt geht natürlich das große Zählen wieder los. Ein Pflichtspiel ums andere reiht sich ein, bei welchem Borussia Dortmund nicht als Sieger vom Platz geht. Nach dem torlosen Remis in Nürnberg sind es nun schon fünf Partien, die der BVB nicht mehr gewonnen hat.

Selbst beim Letzten hat der Spitzenreiter keinen Dreier eingefahren, der einst komfortable Vorsprung auf die Bayern schmilzt weiter, dafür drängen einige wichtige Fragen in den Raum: Ist die Borussia langsam in die Flaute gerutscht? Ist es nur eine Ergebniskrise - oder wird der Überflieger der Hinserie derzeit einfach nur eingenordet? Und natürlich: Was heißt das alles denn nun für die Titelambitionen des BVB?

Champions League: Borussia Dortmund unterliegt Tottenham glücklos

Probleme auf allen Ebenen

Klar ist: Es gibt Probleme auf allen Ebenen. Gegen Tottenham in der Champions League und nun auch beim Club blieb die Angriffsmaschine kalt, zwei Spiele in Serie (oder mehr) ohne Dortmunder Treffer gab es zuletzt im März 2015, damals war Jürgen Klopp noch Trainer.

Im Spiel davor gegen Hoffenheim traf die Mannschaft dreimal und hatte Chancen für sechs oder sieben Tore - am Ende hielt aber die Defensive nicht stand und schmolz in der letzten Viertelstunde förmlich dahin.

Überhaupt schaffte der BVB in der Rückrunde erst ein einziges zu Null, gegen eben jenen offensiv nahezu teilnahmslosen Club. In allen anderen Spielen setzte es mindestens ein Gegentor, gegen Werder und die Spurs sogar jeweils drei.

Eine Frage der Effizienz

Auf der Habenseite des BVB steht: Immer noch ist die Borussia der Effizienzmeister der Liga mit einer Chancenverwertung von annähernd 40 Prozent. Damit ist das Team von Coach Lucien Favre anderen Mannschaften teilweise turmhoch überlegen. Aber: Diese totale Selbstverständlichkeit, mit der die Mannschaft fast jede zweite Gelegenheit auch nutzte, ist derzeit verschwunden.

Das hat zum einen mit dem Torabschluss an sich zu tun und dass etwa ein Spieler wie Paco Alcácer offenbar doch auch von dieser Welt und damit fehlbar ist. Zum anderen ist es aber auch eine Sache der Qualität der Chancen.

Dortmund war die Mannschaft, die sich freie Schussfelder so sauber wie keine andere erarbeitet hatte in der Hinserie. Es gab kaum Abschlüsse aus schlechten Winkeln oder mit einem oder sogar mehreren Gegenspielern in der Schussbahn. Stattdessen viele freie Abschlüsse ohne großen Zeit- und Gegnerdruck und aus zentralen Positionen vor dem Tor. Diese Art Abschlüsse gab es zuletzt weniger, weshalb auch die Torquote leidet.

Es fehlt an Tempo, Ideen - und Reus

Dem BVB geht es in der Offensive ein wenig an Tempo und Ideen ab, es fehlt eine Spur Kreativität. Die Gegner haben nun alle mindestens einmal gegen die Borussia gespielt und ihre Lehren daraus gezogen, nicht nur das Kellerkind aus Nürnberg versucht es mit einer ultra-defensiven Herangehensweise und parkt vor dem eigenen Strafraum den Bus.

Spiele und Gegner dieser Bauart werden noch einige folgen für den BVB, der sich dafür Lösungen basteln muss, wenn er wieder torgefährlicher und effizienter werden will.

Dafür - und auch das haben die letzten Spiele gezeigt - benötigt die Truppe aber unbedingt einen fitten Marco Reus. Trotz des brillant besetzten Kaders ist die Abhängigkeit vom Kapitän nicht von der Hand zu weisen, Reus ist als Ideengeber, Lückenreißer, Vorlagengeber, Torschütze und als Anführer absolut unverzichtbar.

Wenn dann gleichzeitig auch noch andere Säulen wie Lukasz Piszczek, der seinen gefühlt achten Frühling erlebt und sehr wichtig ist für die Mannschaft, Manuel Akanji oder jüngst Christian Pulisic ausfallen oder andere wie Achraf Hakimi schlicht etwas überspielt sind, hat selbst der BVB ein paar Probleme.

Mehr Zeit fürs Training

Es ruckelt ein wenig bei der Mannschaft, auch gegen Nürnberg fiel Keeper Roman Bürki mit leisen Andeutungen seiner Unzufriedenheit über die Angreifer auf. "Heute haben wir wenigstens zu Null gespielt", sagte Bürki am "Eurosport"-Mikrofon, fand es gleichzeitig aber "sehr frustrierend, von hinten zuzuschauen. Wir haben die eine oder andere Chance, aber nichts Zwingendes."

Ähnlich hatte sich Bürki schon nach dem Tottenham-Spiel geäußert, als durchaus die eine oder andere Chance auf ein Tor gegeben war, die Angreifer aber nicht zupackten.

Das alles ist noch lange kein Grund zur Panik, aber auch die Spieler dürften merken, dass die Saison so langsam in ihre entscheidende Phase einbiegt und nun jeder Fehler bestraft wird.

Nach dem Aus im DFB-Pokal gegen Bremen steht die Borussia auch gegen die Spurs vor dem Ausscheiden in der Königsklasse. Das verringert selbstredend die Chancen auf Silberware, auf der anderen Seite eröffnet sich dadurch aber vielleicht sogar eine andere Möglichkeit.

Genügend Zeit und Kraft nach Ausscheiden gegen Tottenham?

Lucien Favre wird seit Saisonbeginn nicht müde zu betonen, dass noch jede Menge Arbeit vor ihm und seiner Mannschaft liege. Seitdem kennt Favre aber fast nur die Belastungen englischer Wochen, in deren Dreitagesrhythmus wenig bis gar keine Zeit für inhaltliche Verbesserungen der Mannschaft in den rar gesäten Mannschaftstrainings bleibt.

Im letzten Saisondrittel könnte - ein wahrscheinliches Scheitern gegen Tottenham vorausgesetzt - also genügend Zeit bleiben, um an ein paar Feinheiten zu arbeiten.

Nun ist erstmal Zeit bis Sonntag, dann könnte Reus wieder dabei sein, auch Marius Wolf hat sich in Nürnberg mit einer ansprechenden Leistung zurückgemeldet. Es dürfte bald wieder mehr personelle Alternativen für Favre geben.

Gegen den nächsten Gegner könnte das alles nicht schaden: Der BVB hat im nächsten Bundesligaspiel Bayer Leverkusen zu Gast - die beste Mannschaft der Rückrunde.

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