- Red Bull Racing gewann in der Formel 1 die letzten fünf Rennen in Folge.
- Max Verstappen hat nach neun von 23 Rennen 32 Punkte Vorsprung vor Titelverteidiger Lewis Hamilton.
- Die Mercedes-Aufholjagd wird aus diversen Gründen nicht einfach.
Die Zahlen sind beeindruckend. Atemberaubend. Ein Beweis der absoluten Stärke. Von 2014 bis einschließlich 2020 wurden in der Formel 1 insgesamt 138 Rennen gefahren, 102 Siege gingen dabei an Mercedes. Das macht eine Siegquote von 73,91 Prozent. Sieben Fahrertitel in Folge holten
Doch 2021 könnte die Motorsport-Königsklasse einen Machtwechsel erleben: Der Niederländer
Mercedes hat Rückstand und das schlechtere Paket
Mercedes-Teamchef Toto Wolff, eher der Glas-halb-leer-Mensch, gab bei "Sky" zu eigentlich immer skeptisch zu sein: "Aber in diesem Fall muss ich schauen, dass ich das Team aufbaue. Wir sind nur einen DNF ('Did not finish', Anm. d. Red.) davon entfernt, wieder ganz vorne mitzuspielen. Sowohl in der Fahrer- als auch der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft", sagte der Österreicher.
Verstappen hat 32 Punkte Vorsprung auf Hamilton, Red Bull Racing 44 Zähler auf Mercedes. Man habe den Rückstand und das schlechtere Paket, so Wolff, "aber da ist noch lange nichts entschieden".
Doch wie konnte es nach sieben Jahren der Dominanz überhaupt so weit kommen? Das hat mehrere Gründe. Zum einen gab es im Winter eine per Reglement eingeführte aerodynamische Veränderung an den Autos, die Red Bull Racing in die Karten spielte. Die Aerodynamik ist die große Stärke des Autos, das auf den Geraden auf mehr Top-Speed kommt und trotzdem geschmeidig in den Kurven liegt.
In Kombination mit einem dem Mercedes-Motor inzwischen mindestens ebenbürtigen Honda-Aggregat hat Red Bull ein Gesamtpaket, das für jede Menge Selbstvertrauen sorgt. "Es gibt keine Strecke, vor der wir uns fürchten müssen", sagte Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko: "Sie versuchen es und kommen dennoch nicht an uns heran. Das ist im Moment für uns eine beruhigende Situation." Auf der sich das Team der Stunde allerdings nicht ausruhen darf.
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Zusätzliches Dilemma mit einem neuen Reglement
Doch es gibt ein zusätzliches Mercedes-Dilemma: 2022 kommt ein neues Reglement in der Formel 1, und der Fokus muss daher auch auf der Entwicklung des neuen Autos für die kommende Saison liegen. Ein Balanceakt, wobei Red Bull Racing natürlich die Chance auf den ersten Titel seit 2013 sieht und im Moment zusätzlich das aktuelle Auto weiterentwickelt, regelmäßig neue Teile bringt, und das wohl mindestens noch bis zur Sommerpause im August.
Mercedes geht mit Updates für den 2021er-Boliden etwas sparsamer um, was sich inzwischen deutlich auf die Performance niederschlägt: Am vergangenen Sonntag hatte Verstappen 46 Sekunden Vorsprung auf Hamilton, der nur Vierter wurde. "Max zieht weg und wir können einfach nichts tun. Wir sind meilenweit von ihm entfernt. Es wartet jetzt sehr viel Arbeit", weiß Hamilton.
"Dann ist die Chance da…"
"Wenn Verstappen und Red Bull es schaffen, diesen Vorsprung die nächsten zwei bis drei Rennen auszubauen, dann ist die Chance auf den Titel definitiv da", glaubt Sky-Experte Timo Glock. Sein Sky-Kollege Ralf Schumacher sieht es ähnlich: "Red Bull entfernt sich im Moment eher und von hinten bekommt Mercedes Druck. Und wenn die nächsten zwei Rennen so bleiben, dann kann man an diese Saison schon fast einen Haken machen."
Ein weiteres Problem für Mercedes: Seit dieser Saison gilt in der Formel 1 eine Budgetobergrenze in Höhe von 145 Millionen Dollar. Bedeutet: Man kann nicht mehr wie früher mit Ressourcen um sich schmeißen, um einen Rückstand aufzuholen.
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Formel 1: Verstappen ist schon ein alter Hase
Und dann wäre da ja auch noch die menschliche Komponente: Max Verstappen, der Sohn des früheren Formel-1-Fahrers Jos, ist mit seinen gerade einmal 23 Jahren in seiner siebten Saison bei 128 Rennen schon ein alter Hase. Sein Pluspunkt: Der bisweilen ungestüme Niederländer ist reifer geworden, wägt ab, geht nicht mehr mit dem Kopf durch die Wand, sondern steckt zurück, wenn es sein muss. Verstappens Auftritte sind aktuell eiskalt und fehlerfrei.
Das erzeugt beim Gegner Druck. Druck, den Mercedes in den vergangenen sieben Jahren in dieser Form nicht kannte. Und es zeigt sich: Wenn es eng wird, wenn es Spitz auf Knopf steht, dann machen die Silberpfeile Fehler. Auch jemand wie Hamilton, der 2021 eigentlich mit seinem insgesamt achten WM-Titel an
Ralf Schumacher und Glock haben Mercedes aber noch nicht abgeschrieben. "Sie sind ein bärenstarkes Team. Da sollte man auf keinen Fall voreilig sagen, dass das nichts mehr wird. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Red Bull noch Schwächen zeigen wird", so Schumacher. Und auch Glock meint: "Hamilton und Mercedes werden sich auf keinen Fall so schnell geschlagen geben - auch wenn das momentan sehr dominant ist, was Verstappen und Red Bull gerade zeigen."
Für den früheren Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug ist klar: "Es muss schon ein Upgrade kommen, aber damit rechne ich." Mercedes werde schon nachlegen, "aber man muss kräftig in die Hände spucken. Siege wie diese stärken bei Red Bull das Selbstvertrauen. Die sind in einem unheimlich guten Flow und werden schwerer zu schlagen sein als in der Vergangenheit", so Haug im "AvD Motor & Sport Magazin" auf Sport1.
Heimspiel als Wegweiser
Der kommende Lauf in Silverstone (18. Juli) kann zu einem Schlüsselrennen werden. Es ist ein Heimspiel für Hamilton, 140.000 Fans dürfen vor Ort dabei sein. Mercedes-Land also, eigentlich eine sichere Bank. Denn sechs der letzten sieben Rennen gewann Hamilton dort.
Auch hier: beeindruckende Zahlen. Doch die Formel 1 steht ja möglicherweise vor einem Machtwechsel.
Verwendete Quellen:
- Sport.sky.de: "Ralf Schumacher über Strafen: Rennfahren nicht verbieten!"
- Sport.sky.de: Glock glaubt noch an Hamilton und verteidigt Norris-Zeitstrafe
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