Es ist ein harter Kampf, doch Michael Schumacher gewinnt ihn gegen Widersacher Damon Hill. 1994 hat Deutschland endlich einen Formel-1-Weltmeister - obwohl er im letzten Rennen von der Strecke fliegt. Sebastian Vettel erinnert sich.
Michael Schumachers Auto kommt in einer Kurve von der Ideallinie ab, rollt und rutscht übers Gras. Das rechte Vorderrad schrammt gegen die Betonmauer. Als der Kerpener seinen Benetton-Ford zurück auf die Strecke steuert, setzt dort Damon Hill gerade zum Überholen an.
Es ist der 13. November vor 25 Jahren im australischen Adelaide und der Moment, der über den Weltmeister einer denkwürdigen Formel-1-Saison entscheidet.
Die beiden Autos berühren sich. Schumachers Benetton hebt mit der rechten Seite ab, kracht in die Reifenstapel. Der Deutsche muss aufgeben.
Hill fährt weiter. Nur einen WM-Punkt liegt er hinter
Michael Schumacher erfüllt sich einen Traum
"Es war ein sehr großer Kampf zwischen Damon und mir", sagte Schumacher damals. "Diese WM gewonnen zu haben, war ein Traum."
Er gewann sie letztlich am Fangzaun auf dem Fußweg zurück zu seinem Team mit einem Punkt mehr als Williams-Pilot Hill.
Der Erste, der Schumacher gratulieren wollte, war ein Streckenposten. Von den Rängen klopften Fans dem Rheinländer auf die Schulter, er strich sich ungläubig durchs Gesicht und die Haare. "Es war schrecklich, da draußen warten zu müssen. Aber es war unbeschreiblich, als es dann endlich feststand", erzählte Schumacher einmal.
Drei Jahre nach seinem Renndebüt mitten in der Saison 1991 hatte der gelernte Kfz-Mechaniker am anderen Ende der Welt die Königsklasse des Motorsports endgültig erobert.
Der kleine Sebastian Vettel ist extra früh aufgestanden
In Heppenheim lässt sich der damals gerade sieben Jahre alte
Wieder ein Jubiläum um den bis jetzt immer noch erfolgreichsten Piloten. Ob Michael Schumacher das auch in gut einem Jahr noch ist?
Lewis Hamilton kann Schumi vom WM-Thron stoßen
"Michael zu erreichen, war nie ein Ziel für mich", sagte Hamilton jüngst. "Ich hätte gedacht, dass es nicht möglich ist, überhaupt nur in die Nähe von Michael zu kommen."
Viele haben das gedacht. Aber egal, was passieren wird: Schumacher wird immer eine Richtgröße bleiben, einer, der die Grenzen des Erfolgs verschob. Die Saison, in der er seinen ersten WM-Titel holte, war dabei auch beispielhaft für seine gesamte Karriere.
Schumacher tritt in seinem Benetton-Ford gegen Hersteller-Ikonen wie Ferrari, McLaren und Williams an. Und Schumacher fährt erstmal allen davon, gewinnt in Brasilien und Japan.
Er gewinnt auch in San Marino. Aber dieser Sieg tritt völlig in den Hintergrund. An einem schwarzen Wochenende sterben in Imola der Österreicher Roland Ratzenberger und die Ikone Ayrton Senna.
Schumacher fährt hinter dem dreimaligen Weltmeister aus Brasilien, als dieser in der Tamburello-Kurve mit dem Williams vom Kurs abkommt und mit großer Wucht in eine Mauer kracht.
Ayrton Sennas Tod wird zur Stunde null in der Formel 1
Senna überlebt nicht. Die Formel 1 steht still – und geht doch irgendwie weiter. Schumacher gewinnt danach das Rennen in Monte Carlo. Und er beginnt seinen erfolgreichen Kampf für mehr Sicherheit im Motorsport.
Wie sehr ihn die Ereignisse aus seinem ersten Titeljahr mitnahmen, zeigt sich auch sechs Jahre später noch.
Schumacher gewinnt im Ferrari das Heimrennen vor den Tifosi und stellt mit 41 Rennsiegen die Senna-Marke ein. Auf der Pressekonferenz ist er plötzlich nicht mehr der Unantastbare, Kontrollierte, Unterkühlte. Schumacher schluchzt, senkt den Kopf, weint.
Es dauert fast zwei Minuten, bis er sich wieder unter Kontrolle hat. Als der Moderator erneut auf die Einstellung der Senna-Marke zu sprechen kommt, sagt Schumacher nur: "Stellen Sie mir bitte eine andere Frage." Am Ende der Saison 2000 gewinnt Schumacher erstmals mit Ferrari die WM.
"Er hat einen Maßstab an Dominanz gesetzt, auch wenn es manchmal kontrovers zuging", sagte Hill einmal über Schumacher. 1995 hatte sich der Brite ein weiteres Mal Schumacher geschlagen geben müssen. 1996 triumphierte Hill.
"Michael war so etwas wie der Schleifstein zum Schärfen eines Messers. Er hat mein Spiel verbessert, weil ich es musste. Sonst hätte er mich zerstört", sagte Hill in der RTL-Doku.
Dass der Brite vor 25 Jahren mit nur einem Punkt weniger als Schumacher nach Adelaide gereist war, hatte Gründe, die eher bei Schumacher lagen.
Der "Schummel-Schumi" ärgert seine Gegner
Schumacher wurde zweimal disqualifiziert, zweimal durfte er nicht starten. Skandale. Mal stimmte was nicht mit dem Unterboden, mal ignorierte Schumacher schwarze Flaggen. "Es war die Saison, die den Beinamen 'Schummel-Schumi' hervorbrachte", heißt es in der Biografie "Michael Schumacher".
Es war aber vor allem die Saison, die in dieser 36. Runde in Adelaide entschieden wurde und Michael Schumacher zum ersten deutschen Formel-1-Weltmeister machte. Glorreiche Erinnerungen, die das Idol Schumacher immer wieder ins Gespräch bringen.
Ein Skiurlaub wird Michael Schumacher zum Verhängnis
Der gebürtige Kerpener selbst ist seit seinem Skisturz am 29. Dezember 2013 aus der Öffentlichkeit komplett verschwunden. Der inzwischen 50-Jährige erholt sich weiter von den Folgen des schweren Schädel-Hirn-Traumas, das er sich zugezogen hat.
Der Mythos Schumacher aber ist an diesem sporthistorischen 13. November 2019 so stark wie eh und je. (hau/dpa)
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