Die EU-Asylreform ist nach jahrelangem Streit endgültig beschlossen. Die EU-Staaten stimmten den Plänen zu, die unter anderem schnelle Asylverfahren an den Außengrenzen vorsehen, wie die Länder mitteilten.
Nach fast zehnjährigen Debatten können die neuen europäischen Asylregeln in Kraft treten. Die EU-Mitgliedsländer besiegelten die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylrechts (Geas) am Dienstag in Brüssel.
Die Reform leitet insbesondere einen deutlich härteren Umgang mit Menschen aus Ländern ein, die als relativ sicher gelten. Ein Drittstaat darf nur dann als sicher eingestuft werden, wenn eine strikte Liste von Kriterien erfüllt ist. So müssen zum Beispiel das Leben und die Freiheit des Antragstellers garantiert werden.
Italien, Griechenland und Spanien sollen entlastet werden
Auch die Verteilung der Schutzsuchenden auf die EU-Staaten wird mit einem "Solidaritätsmechanismus" neu geregelt. Damit sollen jene Länder, in denen viele Geflüchtete ankommen, entlastet werden – also beispielsweise Italien, Griechenland oder Spanien. Geplant ist, dass pro Jahr mindestens 30.000 Geflüchtete aus diesen Ländern in andere EU-Staaten umverteilt werden. Wenn die Länder keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, müssen sie Unterstützung leisten, zum Beispiel in Form von Geldzahlungen.
Die Bestätigung durch den Rat der Europäischen Union war der letzte notwendige Schritt für die Reform. Vorgeschrieben sind nun auch einheitliche Verfahren an den Außengrenzen, damit rasch festgestellt wird, ob Asylanträge unbegründet sind und geflüchtete Menschen dann schneller und direkt von der Außengrenze abgeschoben werden können. So sollen Asylgesuche von Menschen aus Herkunftsstaaten mit einer EU-weiten Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent bereits in Auffanglagern an den Außengrenzen geprüft werden. Das könnte etwa für Migranten aus Marokko, Tunesien oder Bangladesch gelten.
Neue EU-Asylregeln sehen Verfahren an EU-Außengrenzen vor
Migranten mit geringen Aufnahmechancen sollen an der Weiterreise gehindert und von Grenzlagern aus direkt abgeschoben werden. Auch Familien mit Kindern müssen diese Verfahren durchlaufen. Die deutsche Bundesregierung und das Europaparlament hatten versucht, dies zu verhindern, scheiterten in den Schlussverhandlungen allerdings am Widerstand von Ländern wie Italien.
Für Kritik sorgte auch, dass abgelehnte Asylbewerber künftig leichter in sichere Drittstaaten abgeschoben werden können. Denn mit der Einigung können jetzt mehr Drittstaaten als sicher eingestuft werden, dies gilt auch für bloße Teilgebiete von Staaten. Grundlage dafür können auch nationale Einschätzungen sein.
Nach der Neuregelung können Mitgliedsländer Migranten in sichere Drittstaaten wie Tunesien oder Albanien zurückschicken, in denen sie dann Asyl beantragen müssen. Allerdings müssen die Geflüchteten eine Verbindung zu dem Drittstaat haben, in den sie abgeschoben werden – etwa durch Angehörige oder ein Studium.
Britisches "Ruanda-Modell" ist mit EU-Regeln nicht vereinbar
Das britische "Ruanda-Modell" ist mit den neuen EU-Regeln deshalb vorerst nicht vereinbar. Großbritannien will illegal Eingereiste ab dem Sommer unterschiedslos nach Ruanda abschieben, London hat mit dem ostafrikanischen Land dazu ein Abkommen geschlossen.
In Deutschland wirbt die CDU für ein Vorgehen nach britischem Vorbild. In dem neuen CDU-Grundsatzprogramm heißt es, wer in Deutschland Asyl beantrage, solle zukünftig in einen "sicheren Drittstaat" gebracht werden, ein Asylverfahren durchlaufen – und selbst im Falle eines positiven Bescheids auch dort bleiben.
Die EU-Asylagentur hatte vergangenes Jahr rund 1,1 Millionen Anträge verzeichnet, den höchsten Stand seit 2016. Rund 330.000 davon entfielen auf Deutschland.
Wie geht es jetzt weiter?
Zuvor hatte bereits das Europaparlament die Reformpläne gebilligt. Nach der Bestätigung der EU-Länder werden sie nun im Amtsblatt veröffentlicht und treten 20 Tage später in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben den Angaben zufolge nach dem Inkrafttreten zwei Jahre Zeit, sie in nationales Recht umzusetzen. Das soll den Ländern an den Außengrenzen genügend Zeit geben, entsprechende Einrichtungen zur Unterbringung von Menschen aus Staaten mit einer Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent zu schaffen.
Die deutsche Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte vor Wochen an, dass Deutschland die notwendigen Anpassungen "sehr viel schneller vornehmen" werde. Die SPD-Politikerin hofft, dass die Reform die deutschen Grenzen und damit auch die Kommunen hierzulande entlasten wird. Europaweit werden in Deutschland die meisten Asylanträge gestellt.
Kanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einer "wirklich historischen Einigung der EU. Wir haben nun in der EU eine deutlich bessere Grundlage: Für eine humane Begrenzung von irregulärer Migration. Für verlässliche Registrierungen an den Grenzen. Für einen solidarischen Ansatz, der auch Länder wie Deutschland und Schweden entlasten wird." (dpa/AFP/ank/tas)
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